Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
sondern Mike mit seinem Kräuterbündel.
»Hey, Maggie.« Er grinste. »Ich vertreibe gerade die üble Energie bei euch.«
»Sehr lobenswert«, sagte Emily. »Treib sie raus, damit die guten Nachrichten vom Studio kommen können.«
»So funktioniert das nicht.« Mike keuchte, weil er sich so anstrengte. »Es bedeutet nur, dass das Richtige passieren wird.«
»Und das Richtige ist, dass sie es für eine Million Dollar kaufen.«
»Ich sage dir immer wieder, sei vorsichtig mit deinen Wünschen«, sagte Mike und grinste wieder.
Als er sich von seinem Tanz einen Moment lang ausruhte, wandte er sich an mich. »Und wie sieht’s bei dir aus, Maggie?«
»Alles in Ordnung«, sagte ich ohne Begeisterung.
»Ach, wirklich?«
»Mmmm.«
Er strahlte mich mit seinem runden, vollbärtigen Gesicht an und sagte: »Wenn du im Dunkeln bist, weißt du, was du dann machen musst?«
Ich zuckte die Achseln. »Was denn?«
»Du musst dein Gesicht dem Licht zuwenden.«
Ich verstand überhaupt nicht, was er meinte – ich verstehe dieses mystische Gerede sowieso nicht –, aber zum zweiten Mal an diesem Tag spürte ich, wie mir die Tränen kamen.
»Sei freundlich du dir selbst«, sagte er.
»Wie?«
»Achte auf dich. Nimm dir die Zeit, den Duft der Blumen
wahrzunehmen oder dem Rauschen des Meeres zu lauschen.«
»Ehm –«
»Du wirst wissen, was das Richtige für dich ist. Vielleicht solltest du ein bisschen meditieren und deiner eigenen Stille zuhören.«
»Aha, gut.«
»Hey, wenn ihr zwei heute Abend nichts vorhabt, warum kommt ihr nicht zu uns? Wir haben einen von unseren Märchenabenden.«
Emily und ich erstarrten und überlegten fieberhaft, welche Entschuldigung wir vorbringen könnten.
»Ehm, was passiert denn bei diesen Märchenabenden?«, fragte ich. Was anderes fiel mir nicht ein.
»Es finden sich verschiedene schöne Menschen ein, und wir erzählen uns Geschichten aus unseren unterschiedlichen Kulturen.«
»Wenn du schöne Menschen sagst«, sagte Emily, »dann meinst du nicht Gucci-Sonnenbrillen, getönte Haare und Motorjachten, oder?«
Mike lachte. »Ich meine, schön von innen.«
»Das hatte ich befürchtet«, sagte Emily. »Wenn du mich zu einem Märchenabend einlädst, dann ist das so, als würdest du einen Zahnarzt zum Essen einladen und ihn bitten, zwischen zwei Gängen ein paar Wurzelfüllungen zu machen. Ich erzähle den ganzen Tag lang Geschichten. Daraus besteht meine Arbeit.«
Mike zuckte freundlich mit den Schultern. »Ich hab’s vernommen.«
Ich schlüpfte in meine Sandalen. »Ich mach mich mal auf den Weg.«
»Wohin gehst du?«
»Ich halte mein Gesicht ins Licht und gehe einkaufen. Ich weiß nicht, warum mir das nicht schon früher eingefallen ist.«
»Ausgezeichnet!«, sagte Emily. »Das wird dir gut tun.«
Ich fuhr nach Santa Monica und verbrachte einen überraschenderweise glücklichen Nachmittag damit, auf der Third Avenue entlangzuschlendern und in Aladdins verschiedenen Wunderhöhlen ein und aus zu gehen.
Um mich herum passierte so viel, dass ich wieder einmal froh war, in L.A. zu sein: Ein Mann mit einem Klemmbrett gab mir zwei Karten für eine Probevorführung von einem neuen Film, jemand, der wie Sean Penn aussah, kaufte eine Rolle Life Savers; ein Mann, der von oben bis unten silbern angemalt war, jonglierte mit silbernen Bällen und wurde dabei von einer kleinen Filmcrew gefilmt. Die ganze Zeit über schien die Sonne, und die Verkäuferin in dem Geschäft, aus dem der bestickte Jeansrock stammte, hörte sich freundlich meine Geschichte an.
»Warum möchten Sie den Rock zurückgeben?«, fragte sie und hielt den Stift und das Formular bereit (ja, natürlich, man musste ein Formular ausfüllen, wenn man etwas zurückgeben wollte).
»Meine Knie sehen darin komisch aus.«
»Knie … sehen … komisch aus …«, wiederholte sie, während sie schrieb.
Dann ging sie fort, um den Geschäftsführer zu fragen, ob der Tatbestand, dass die Knie komisch aussahen, Grund für eine Rückzahlung sei, oder ob sie mir einen Gutschein ausstellen solle. Es sei eine knappe Entscheidung gewesen, sagte sie, aber am Ende befand der Geschäftsführer, da das Bekleidungsstück keine Fehler hatte, könne ich nur einen Gutschein bekommen.
Während des Nachmittags kaufte ich nicht, wie sonst, lauter Dinge, die ich nicht brauchte. Nur einmal zückte ich meine Geldbörse, nämlich als ich zwei kleine T-Shirts mit Aufschrift kaufte. Eins für Emily, darauf stand: »I Want, I Want, I Want«, und eins
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