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Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Titel: Auszeit für Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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    7. Garv wollte Kinder haben, und ich hatte Angst davor.
     
    Claire hatte den Nagel auf den Kopf getroffen, als sie sagte, die Kaninchen brauchten ebenso viel Aufmerksamkeit und Fürsorge wie Kinder. Natürlich hatte Garvs Fürsorglichkeit Hoppy und Rider gegenüber etwas mit seinem Kinderwunsch zu tun. Sogar ein Amateurpsychologe, der durch alle seine Prüfungen gefallen war, wäre darauf gekommen. Und ich wusste es gewissermaßen auch, obwohl ich mir größte Mühe gab, es zu leugnen.
    Bevor wir heirateten, haben wir über Kinder gesprochen. Wir waren uns einig, dass wir uns welche wünschten, aber dass wir zuerst ein paar Jahre für uns haben wollten. Mir passte das gut, denn mit vierundzwanzig fühlte ich mich zu jung, um Mutter zu sein. (Viele andere Frauen hatten in dem Alter natürlich haufenweise Kinder. Mir fiel nur eine Erklärung ein: dass ich zu unerwachsen war.)
    Das Problem lag darin – und ich machte keinen Hehl daraus –, dass mich der ganze Vorgang des Kinderkriegens zutiefst
ängstigte. Und ich war keineswegs die Einzige. Die meisten meiner Freundinnen empfanden ganz ähnlich, und wir verbrachten viele glückliche Stunden damit, über die Vorstellung der natürlichen Geburt zu staunen. Gelegentlich wurde eine Schreckensnachricht verbreitet über eine junge Frau – eine entfernte Cousine oder eine Arbeitskollegin, uns jedoch nicht zu ähnlich, versteht sich –, die ohne Schmerzmittel ein Kind zur Welt gebracht habe. Oder es wurden Geschichten erzählt von netten, normalen Frauen, die seit Monaten für eine Geburt unter Vollnarkose eingetragen waren und dann zu spät ins Krankenhaus kamen und ein acht bis neun Pfund schweres Baby zur Welt bringen mussten, ohne dass sie auch nur das kleinste Aspirin gegen die Schmerzen bekamen. Solche Schilderungen wurden meist abrupt beendet, weil jemand schrie: »Hört auf! Mir wird schlecht!«
    Die Tinte auf unserer Heiratsurkunde war kaum trocken, als Garvs und meine Eltern anfingen, rund um die Uhr nach Anzeichen für eine Schwangerschaft Ausschau zu halten. Rohmilchkäse gab es fortan nicht mehr. Bei jedem Rülpser (nicht, dass ich mich vor seinen Eltern zu rülpsen traute) nickten sich alle erfreut zu und wechselten viel sagende Blicke. Hatte ich eine verdorbene Muschel gegessen und zwei Tage würgend im Bad verbracht, fingen sie praktisch schon an, Kinderschühchen zu stricken. Ihre Erwartungen weckten in mir Panik – und ärgerten mich. Bloß weil ich immer das brave Mädchen gewesen war, hatte ich nicht vor, ihnen zuliebe eine Babyproduktion anzufangen.
    »Sie können nichts dafür«, sagte Garv. »Wir sind schließlich die Ersten in beiden Familien, die geheiratet haben. Nimm’s mit Humor.«
    »Und es wird alles gut?«, fragte ich besorgt; die Vorstellung, dass meine Schwiegereltern mich fesseln und eine künstliche Befruchtung durchführen würden, verfolgte mich.
    »Es wird alles gut«, versicherte er mir.
    »Bestimmt?«
    »Bestimmt.«
    »Bestimmt bestimmt?« (Manchmal kann man einfach nicht lockerlassen.)
    »Bestimmt bestimmt.«
    Und ich glaubte ihm. Der Nestbauinstinkt, da war ich mir sicher, würde sich irgendwann in der Zukunft einstellen. Es wäre eine ganz natürliche Veränderung, die mit den Jahren kommen würde, so wie die, dass man im Pub plötzlich lieber sitzen wollte, während es einem jahrelang nichts ausgemacht hatte – ja, man hatte es geradezu genossen –, herumzustehen und freundlich gestoßen und geschubst zu werden. Ich hatte erlebt, dass es anderen Frauen so gegangen war, und ich sah keinen Grund, warum es mir nicht auch so gehen sollte.
    Nicht lange nachdem wir geheiratet hatten, gingen wir nach Chicago, und plötzlich besuchte ich Abendkurse, und wir hatten beide lange Arbeitstage, weil wir versuchten, in unseren Berufen einen guten Einstieg zu bekommen. Ein Kind stand zu dem Zeitpunkt außer Frage; wir hatten kaum die Zeit und die Energie, das arme Kind zu zeugen, geschweige denn, uns darum zu kümmern.
    Dann kam aus London die erstaunliche Nachricht, dass Claire schwanger sei. Einerseits war das ein Segen, denn meine Mutter würde nun ihr heiß ersehntes Enkelkind bekommen und der Druck wäre von mir genommen, aber andererseits fühlte ich mich merkwürdig verdrängt. Claires Aufgabe war es immer gewesen, meine Eltern an den Rand der Verzweiflung zu treiben, während es meine Aufgabe war, es ihnen recht zu machen. Und plötzlich leidet sie unter morgendlicher Übelkeit und macht mir meine Position als

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