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Ausziehen!

Ausziehen!

Titel: Ausziehen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Greimann
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Ich lächelte ihn hoffnungsvoll an, wobei ich hauptsächlich hoffte, keine Spinatreste zwischen den Zähnen hängen zu haben.
    »Ich weiß nicht, ob ich dir da helfen kann«, sagte er, »im Hinblick auf die gebotene Diskretion.«
    »Das verstehe ich natürlich«, sagte ich. »Aber sie ist doch schon seit fast einem Jahr tot.« Ich spielte mit einem Radieschen, das so in Form geschnitten war, dass es wie eine Rose aussah. Was es aber auch nicht besser machte.
    »Zehn Monate«, korrigierte mich David.
    »Wie bitte?« Das Radieschen fiel mir aus der Hand.
    Er seufzte, ließ die Schultern sinken und sah plötzlich so alt aus, wie er war. »Sie war meine Patientin, Chrissy.«
    »Deine … tatsächlich?«
    Er lächelte schwach. »Länger als ein Jahr.«
    »Ich wusste nicht … Das tut mir leid. Ich hatte ja keine Ahnung! Ich wollte keine schmerzvollen Erinnerungen ausgraben.«
    Er schüttelte den Kopf und schob sein Steak beiseite. »Die Medien …« Er seufzte und griff nach seinem Scotch. »Sie haben sie immer als Sexhäschen dargestellt. Und sie war weiß Gott süß. Aber …« Er starrte finster auf seinen Whisky, ohne ihn wirklich zu sehen. »Sie war so viel mehr«, sagte er, und ich fragte mich plötzlich, ob er nicht auch ein wenig in sie verliebt gewesen war. »Zerbrechlich. Einfühlsam. Witzig.«
    »Bitte verzeih mir, dass -«
    Er brachte mich mit einem Wink zum Schweigen und nahm einen Schluck. Ich folgte seinem Beispiel. Falls jemals der geeignete Moment kommen sollte, um sich zu betrinken, so stand dieser hier ganz oben auf der Liste.
    »Es war eine schwierige Zeit. Ich wusste, ich hätte mich mehr ins Zeug legen sollen, und hätte ich vielleicht dieses oder jenes getan, wären die Dinge vielleicht anders gelaufen. Jetzt bin ich jedoch ziemlich froh, dass ich meine Praxis nicht aufgegeben habe.«
    Ich starrte ihn an und versuchte krampfhaft, meine Welt davor zu bewahren, zusammenzubrechen. »Du hast daran gedacht, aufzuhören?«
    Er lächelte. Für mich brach eine Welt zusammen. Es ging das Gerücht, er hätte Alec Baldwin therapiert. Ich hätte meine zweite Unschuld dafür gegeben, einmal Alec Baldwin zu treffen.
    »Das war der absolute Tiefpunkt meiner Karriere.«
    »Das hättest du mir sagen müssen. Ich hätte …« Was? Ihm Eiskrem geschickt und sie ihm im Bett eingetrichtert? »… dir gerne geholfen.«
    »Vielen Dank. Letztlich war das jedoch eine Sache, mit der ich allein klarkommen musste. Dennoch war es sehr … nun, schmerzhaft«, erklärte er, »eine so junge und lebhafte Person zu verlieren. Aber um ehrlich zu sein … ganz ehrlich …« Er lehnte sich über den Tisch und starrte mich mit ernstem, traurigem Blick an. »Weißt du, was mich am meisten beschäftigt?«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich war fassungslos angesichts dieser Enthüllungen und der Tatsache, dass er all diese Geheimnisse einem Mädchen erzählte, das einst seinen eigenen Cousin dazu aufgefordert hatte, auf einen Elektrozaun zu pinkeln. Die Ausflüge zur Farm meines Onkels waren immer super lustig gewesen - und eine Schocktherapie.
    »Dass ich nicht weiß, was mehr wehgetan hat - ihr Tod oder mein Versagen«, sagte er und leerte sein Glas in einem Zug.
    »Versagen! Du darfst nicht glauben, dass -«, fing ich an, doch er fiel mir ins Wort.
    »Ich war in Seattle, als sie die Überdosis zu sich genommen hat. Ich habe bei einer Tagung eine Rede gehalten.« Er schloss die Augen einen Moment lang. »Und mich wichtig gemacht.«
    »Woher hättest du denn wissen sollen, dass sie sich das Leben nehmen wollte?«
    Er schwieg eine Weile. »Sie hat an jenem Abend in meinem Büro angerufen«, sagte er dann. Wieder hielt er inne und atmete tief ein. »Aber ich habe erst viel zu spät in jener Nacht meine Nachrichten abgehört. Ich habe sie vom Hotelzimmer aus zurückgerufen, um zu hören, ob es ihr gut ging, aber sie ist nicht ans Telefon gegangen.«
    »Das tut mir so leid!«
    »Ich nahm an, sie wäre ausgegangen. Sie hatte wahnsinnig viele Freunde. Jeder wollte mit ihr bekannt sein - vom Aushilfskellner bis zum Milliardär. Einige von ihnen waren vielleicht ein wenig … zwielichtig. Aber trotzdem hätte ich nie gedacht, dass …«
    Er schüttelte den Kopf. Mir fiel nichts Passendes ein, was in dieser Situation irgendwie hätte hilfreich sein können. Außer »Das Leben ist einfach nicht fair« kam mir nichts in den Sinn.
    »Da haben wir es«, sagte er leise. »Ich habe eben nicht nachgedacht.« Er nahm einen Schluck von dem nächsten Drink, den

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