Ausziehen!
überall abgeschlossen hatte, zog die Gardinen zu und ging zu Bett.
Nein, ich hatte es nicht vergessen.
»Officer Crane?«, fragte ich. Ich stand an der Seitenlinie eines vertrockneten Fußballfeldes, auf dem eine Horde Mädchen einem Ball hinterherjagte. Das erinnerte mich an meinen Cousin Kevin, als er einen Grashüpfer entdeckt und verfolgt hatte, aber ich schob diese skurrile Parallele beiseite.
Ich hatte die halbe Stadt durchquert, um mit Crane zu sprechen, obwohl ich mir am Telefon größte Mühe gegeben hatte, so lässig wie möglich zu klingen. Meine Theorie, dass Kathryn LaMere Davids Frau umgebracht haben könnte, schien selbst für meine ausgefallenen Gedankengänge ein wenig zu weit hergeholt zu sein. Crane war der Dienst habende Officer, als ihr Auto in einer Schlucht gefunden wurde, nachdem sie vom Mulholland Highway abgekommen war.
»Jawohl!« Er hatte eine angenehme Stimme und ein nettes Lächeln. Leider auch eine ziemliche Wampe. Das ist das Problem bei Familienvätern, dachte ich, als er seinen Blick wieder auf das Spielfeld richtete. Sie neigen dazu, sich gehen zu lassen. Ach ja - und sie sind verheiratet.
»Da rüber, rüber, Chelsea!«, brüllte er und strahlte vor Stolz.
Fast hätte ich geseufzt. Egal, wie dick ihre Bäuche waren: Männer mit einem großen Herz, die ihre spindeldürren, langbeinigen Töchter anfeuerten, sahen immer gut aus.
Er hatte nur zögernd eingewilligt, mich zu treffen, da er zu beschäftigt sei. Gedacht hatte er bestimmt, dass ich wohl nicht mehr alle Latten am Zaun hatte. Aber ich hatte fest versprochen, die Sache kurz zu machen und mich an einem Ort seiner Wahl mit ihm zu treffen. Darum waren wir jetzt hier.
»Tut mir leid«, sagte er, reichte mir die Hand und lächelte. »Das da vorne ist meine Chelsea. Beste Stürmerin der Maplewood Middleschool.«
Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte, da ich keine Ahnung hatte, was eine Stürmerin war, und ein »sie wird später mal alle Männerherzen brechen« erschien mir in dieser Situation auch nicht gerade angemessen. Denn obwohl das halbe Spielfeld zwischen uns lag, konnte ich schon von weitem erkennen, dass Chelsea Zähne hatte, bei denen ein eifriger Biber vor Neid erblasst wäre. Aber die hatte Elaine auch gehabt, und nun sollte sich bloß mal einer ansehen, was aus ihr geworden war.
»Sie wollten was über einen Autounfall wissen?«
»Genau. Victoria Hawkins. Sie ist vor zwei Jahren gestorben.«
»Zurück. Zurück!«, schrie er. Ich erschrak, merkte aber dann dank meines unvergleichlichen Genies, dass nicht ich gemeint war. »Entschuldigung. Zwei Jahre ist eine lange Zeit.«
»Ich weiß, und es tut mir wirklich leid, dass ich Sie damit belästigen muss, aber es ist wichtig.«
»Können Sie mir ein wenig auf die Sprünge helfen?«
Was sollte das denn heißen? Sollte ich ihm jetzt Geld geben oder was? Meine Gedanken rasten, und mir kamen die Hypothek und das aufmüpfige Abwassersystem in den Sinn. Wie viele Informationen würde mir wohl ein Fünfer einbringen?
»Die näheren Umstände ihres Todes«, fuhr er fort und runzelte ein wenig die Stirn, als hätte ich den Verstand verloren. »Wo es genau passiert ist und so was.«
»Oh, ja. Natürlich.« Es sah aus, als sei mein armer, einsamer 5-Dollar-Schein in Sicherheit. »Sie war auf dem Mulholland Highway in Richtung Norden unterwegs, am siebzehnten Juli 2003.«
Er schüttelte den Kopf und presste sein Klemmbrett gegen den Bauch. »Sommer 2003«, wiederholte er. »Meine Güte, da gab es so viele Unfälle.«
»Der hier war mit einem Mercedes.«
»Ja.« Er gluckste. »Wir sind hier in Hollywood!«
»Sie war die Ehefrau eines ziemlich prominenten Therapeuten.«
Er öffnete den Mund, als wollte er wieder etwas schreien, schloss ihn dann jedoch und drehte sich zu mir um. »Dieser Psychologe? Der, der das Buch geschrieben hat?«
Mein Herz schlug schneller. »Ja. Genau der.«
»Na klar.«
Am Ball bleiben, Chelsea! Am Ball bleiben!
»Es war ziemlich spät, als ich an den Unfallort kam«, sagte er und legte wie bei einer alten Corvette einen anderen Gang ein. »Fast zwei Uhr nachts. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Ich entdeckte Bremsspuren auf der Straße und hielt an, um mir das genauer anzusehen. Unten in der Schlucht konnte man ein Auto erkennen. Es sah aus, als hätte sie die Kurve fast schon geschafft und dann … Wums! … die Kontrolle über das Fahrzeug verloren.«
»War an der Sache …« Ich kam mir ein wenig blöd vor, es
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