Autobiografie eines Lügners
denkt er (ich), »wird mich (ihn) der Rektor des Emmanuel College fragen?« Sein (mein) Rektor hat mir (ihm [mir]) aufgetragen, ihm (nicht mir [ihm]) das Reden zu überlassen, ihm vorwiegend beizupflichten, bei ein paar Punkten aber ganz anderer Meinung zu sein, um zu zeigen, daß ich (er [d. h. ich (ich)]) eine bis zwei Gehirnzellen habe. Wenn er mir irgendwelche Fragen über englische Grammatik stellt, bin ich ernstlich in den Arsch gekniffen ….
Also verließ ich zwei bebende Eltern und bemühte mich, an mehreren sehr wichtig aussehenden Menschen in Talaren vorbeizuschlendern, starrte dabei auf dem Hof herum. Ich konnte nichts entdecken, was auf die Unterkunft des Rektors schließen ließ. Voll übergroßer Ehrfurcht vor der puspigen Großartigkeit der Gruppen offen sinnender Akademiker fragte ich einen alten Gärtner, wo sie sich befinden mochte. Er sagte es mir. Ich fand die Tür, aber ich war eine Viertelstunde zu früh dran, erging mich noch ein wenig, versuchte, nicht aufzufallen, und fragte mich, weshalb mich alle anstarrten. Endlich war es vier Uhr. Ich klopfte an die Tür und wurde vom Gärtner begrüßt, der mich bat, ihm in sein Arbeitszimmer zu folgen.
Ich sagte ziemlich oft »Ja« und nickte, besonders wenn er über die Geschichte des Kohlebergbaus und die Industrielle Revolution sprach. Aber als ich gefragt wurde, ob ich das Abitur in drei Fächern machen wolle, sagte ich bei Physik definitiv »Nein«. Davon war er eindeutig beeindruckt, endlich spürte er die Möglichkeit einer Auseinandersetzung, er schob den Kopf nach vorn, zog die Augenbrauen hoch, bis sie fast seine kahle Stelle bedeckten, und fragte: »Warum nicht?«
»Tja, ich bin nicht sicher.«
»Nicht sicher? Ah, das bedeutet, daß Sie in Zweifel sind?«
»Tja …, ja.«
»Meinen Sie ›ja‹?«
»… äh, ja.«
»Daß Sie bestehen, wäre also durchaus möglich?«
»Ja, möglich.«
»Sogar wahrscheinlich?«
»Tja, ich … Äh …«
»Lassen Sie es mich anders formulieren. Werden Sie durchfallen?«
»Nein.«
»Gut, dann sehen wir Sie nächsten Oktober.«
Ich ging, blieb kurz im Korridor stehen und versuchte zu verstehen, ob er »Ja« oder »Nein« gesagt hatte. Ich beschloß, daß es auf ein fast definitives »Ja« hinauslief, ging über den Hof zurück, hatte das Gefühl, daß er mir bereits gehörte, und war ziemlich verärgert, daß mich niemand anstarrte.
»Wie ist es gelaufen?« sagte der Anglia.
»Och, gut. Ich muß allerdings noch in Physik bestehen.«
»Na, das schaffst du schon«, sagte der Anglia, »oder?«
»Doch«, erwiderte ich zuversichtlich. Der Motor soff ein paarmal ab und schnurrte dann los.
»Ich glaube, diesmal haben wir sie in die Pfanne gehauen«, sagte Oberleutnant Edith und warf einen siegreichen Blick auf die rasch verschwindende Stätte der Lehre und der Forschung, die sie während jener fünfviertelstündigen Tortur hassen gelernt hatte. Chief Inspector Biggles öffnete die Drosselklappe. Er ließ sich erleichtert mit einem befriedigten Grinsen gegen die Rückenlehne fallen, während das vertraute Brummen des 927 -Kubikzentimeter-Motors uns eilig der Ewigkeit und Sandwich-Aufstrich auf Toast entgegen brachte.
Eine Woche später begann ich, meine Zweifel zu haben. Konnte der Mann wirklich »Ja« gesagt haben? Einfach so? Würde das übrige College das Urteil eines Gärtners über meine Zulassung zur Universität von Cambridge unterstützen? Ich war froh, daß ich, während ich auf die schriftliche Bestätigung wartete, von zwei Londoner ausbildenden Krankenhäusern angenommen worden war –, realistischere Ziele für einen Gymnasiumsproleten aus Melton Mowbray.
Im St Swithin’s Hospital war ich zwanzig Sekunden lang bohrenden Fragen ausgesetzt gewesen:
DEKAN : Spielen Rugby?
ICH : Ja.
REKTOR : Wir haben hier einen John Chapman. Ist er irgendwie mit Ihnen verwandt?
ICH : Er ist mein Bruder.
REKTOR : Gut. Dann sehen wir Sie im September.
DEKAN : Augenblick. Welche Position spielen Sie?
ICH : Zweite Reihe.
DEKAN : Dann also bis September.
Da war St Mary’s schon wesentlich härter. Ich wurde mit einem 110 -seitigen Intelligenztest, den ich in fünfzehn Minuten ausfüllen sollte, in ein Zimmer gesetzt. Ein Offizieller startete die Uhr und ging wieder weg. Nach zehn Minuten war ich erst mit weniger als der Hälfte fertig, und wie immer in Momenten der Panik dachte ich: »Ganz ruhig, Alter, du bist Engländer«, und hörte auf. Ich zündete mir meine Pfeife an, starrte sinnentleert
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