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Autobiografie eines Lügners

Autobiografie eines Lügners

Titel: Autobiografie eines Lügners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Chapman
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eine volle Minute lang die Uhr an, hob sie aus Neugier auf, spielte an ihr herum und stellte sie wieder hin. Irgendwie schien es, als hätte ich jetzt weitere zehn Minuten Zeit, die ich, fand ich, genausogut auch mit dem vollständigen Ausfüllen dieser Testbogen verbringen konnte. »Heda, ist das nicht geschummelt?« fragte ich mich. »Doch, aber auf intelligente Weise«, erwiderte ich. Nach dem Mittagessen kam ich zu meinem Interview zurück. Als ich eintrat, zuckten die beiden Interviewer zurück, denn soweit sie wußten, sahen sie sich einem Menschen mit einem IQ von 495 gegenüber. Sie plinkerten ein bißchen, nervös, und griffen auf die einzige Methode der Befragung zurück, mit der sie, wie sie glaubten, Einstein, kombiniert mit Bertrand Russell, ausmanövrieren konnten:
    DEKAN : Treiben Sie viel Mannschaftssport?
    ICH : Bergsteigen macht mir ganz großen Spaß, aber ich habe bisher nur sehr wenige ernsthafte Besteigungen geleitet, und ich habe nicht viel Erfahrung mit der Arbeit in Schnee und Eis. Ich spiele zweite Reihe in der Ersten Mannschaft des Melton-Mowbray-Rugby-und-Fußball-Klubs, und mein Bruder ist Kapitän der »A«-XV in Barts, und obwohl ich knapp 1 , 84 Meter groß bin, bin ich auf 100 Meter schneller als er und habe mit fünfzehneinhalb die hundert in zehn vier geschafft und war letztes Jahr bei den 440 Metern auf der Leistungsschau des All-Englischen Amateur-Athletenverbands Zweiter hinter Malcolm Yardley, der den europäischen Rekord von 40 , 1 Sekunden eingestellt hat. Ich bin lausige drei Sekunden nach ihm ins Ziel gehinkt, aber die 440 sind sowieso nicht so richtig meine Distanz, und ich bin eigentlich nur aus Neugier mitgelaufen.
    Sie entschuldigten sich, weil ihnen keine weiteren Fragen einfielen, und sagten, unglücklicherweise seien sie nicht in der Lage, mir in den nächsten sieben Jahren einen Lehrstuhl anzubieten, ich könnte ihn aber kriegen, wenn ich es ertrüge, so lange zu warten ….
    Gegen Ende des Tages wußte ich also, daß ich entweder bei St Swithin’s oder Mary’s einen Studienplatz haben konnte. Bei Cambridge war ich mir immer noch unsicher, fühlte mich aber so eben und eben euphorisch genug, um später an jenem Abend zu meinem Bruder im St Swithin’s zu stoßen, der dort eine Party zu seinem einundzwanzigsten Geburtstag schmiß.
    Als ich dorthin kam, trug er einen Nadelstreifen-Anzug, ein blutbeflecktes weißes Hemd mit einer ordentlich vernähten Wunde über dem rechten Auge und eine bandagierte rechte Faust. Die Faust war das Ergebnis eines Sturmangriffs, den er gegen den Spielautomaten in der Taverne »Zur Geiß mit den Kompassen« vorgetragen hatte. Offenbar hatte die Rugby-Mannschaft an dem Tag verloren, und die Vorstellung, auch noch vom Spielautomaten geschlagen zu werden, war zuviel für ihn. Als die Mannschaft gebeten wurde, die Taverne zu verlassen, beschloß jemand, daß es eine gute Idee war, in den Bus zu steigen und ihn durch das Schaufenster eines Ladens zu fahren, der Addiermaschinen verkaufte. Zehn der ersten XV fanden sich auf der Unfallstation ihres ureigensten Königlich-Historischen Krankenhauses wieder, wo jede Menge verstohlenen Nähens geschah, und der unglückliche Amateurbusfahrer fand sich als mehrere tausend Pfund schwerer Schuldner wieder. Er ist jetzt ein sehr erfolgreicher und hochgeachteter Arzt. Seinen Namen darf ich nicht nennen, aber es handelt sich um Dr Charles Haughey.
    Alles, woran ich mich von der Party erinnere, ist, daß ein ziemlich großer Herr einen Topf Bier auf jemanden geschmissen hat, der McIlroy genannt wurde und offenbar nicht allzu gut gespielt hatte. Glücklicherweise bewegte er sich rechtzeitig, und der Topf bohrte sich in die Wand, wo McIlroys Kopf gewesen war. Von der entspannten Atmosphäre angesteckt, gelang es mir, zwei Feiernde dazu zu überreden, mir dabei zu helfen, im vierten Stock Anstreicherleitern und Bretter aus dem Fenster zu werfen, und wir alle genossen die angenehm zerschmetternde Wirkung, die dies auf die Umzäunungen w. u. hatte.
    Am nächsten Vormittag wachte ich unerklärlicherweise in meinem Bett in Melton Mowbray aus einem Suffkoma auf. Ich taumelte zum Frühstück treppab. Vielleicht waren die gestrigen Vorfälle nur Teil eines trunkenen Traums gewesen. Das konnte aber nicht der Fall sein. Ich erinnerte mich definitiv daran, daß mir mein Bruder zur Aufnahme am St Swithin’s gratuliert hatte. Deshalb hatte ich so viel getrunken ….
    Mit schwirrendem Kopf und einem Mund, welcher der

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