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Autobiografie eines Lügners

Autobiografie eines Lügners

Titel: Autobiografie eines Lügners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Chapman
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bedeutete, daß ich sechs Monate verbringen mußte, bevor ich die Prüfungen wieder ablegen konnte. In Chirurgie brauchte ich nicht furchtbar viel zu arbeiten, mußte nur meine Wiederholung aufgefüllt lassen. Ich las jeden Tag etwa eine Stunde lang und ging zu den gelegentlichen Visiten. Mein Tutor in Gynäkologie und Geburtshilfe war so erbost über mein Versagen, daß er mich bei seinen wöchentlichen Kolloquien bis zum Dritten Grad grillte. Damit blieb mir genug Freizeit, um mit John Cleese zu schreiben und in Script-Konferenzen für The Frost Report zu gehen, eine Sendung mit D. Paradine Frost, J. Cleese, R. Barker und R. Corbett.
    Meine Einführung bei den Ko-Autoren Michael Palin, Terry Jones, Eric Idle, Barry Cryer, Dick Vosburgh, David Nobbs usw. war fröhlich und schön, und am Ende einer sehr erfolgreichen Ausstrahlung von dreizehn halbstündigen Sendungen hatte ich kein Problem mit Geburtshilfe und Gynäkologie und bestand mit Leichtigkeit. Auch in Chirurgie schien es diesmal viel leichter zu sein, einen extrem unkooperativen Patienten für meinen langen Fall ausgenommen, einen fetten Klumpen von einem Mann, fünfundvierzig Jahre alt, dessen einzige Beschwerde: schmerzende Fußknöchel sowie eine milde chronische Bronchitis. Das hätte wegen seines Übergewichts Arthritis sein können, war aber für meinen Hauptfall zu unergiebig. Ich fing nochmal an, befragte ihn über sein Gewicht, ob er in letzter Zeit ab- oder zugenommen habe. »Nein«, beharrte er, habe er nicht, sein Gewicht sei jahrelang konstant geblieben. Nach einer kompletten Neuuntersuchung hatte ich meinen Befunden nichts hinzuzufügen, und die Aussicht auf Versagen drohte, als ich mich dem Chirurgieprofessor näherte. Ich sagte ihm, was ich gefunden hatte, er stimmte mir zu und sagte einfach: »Und?«
    »Ja, und das ist alles, Sir.«
    »Haben Sie ihn nach seinem Gewicht befragt?«
    »Ja, Sir, er hat gesagt, es hat sich seit Jahren nicht geändert.«
    »Das hat er gesagt? Sind Sie sicher, daß Sie ihn nach seinem Gewicht befragt haben?«
    Aus irgendeinem Grunde kehrte mein Selbstvertrauen zurück. Ich wollte das alles nicht noch einmal durchgehen. »Ja, ich habe ihn mehrmals gefragt. Er hat gesagt, es hat sich seit Jahren nicht geändert.«
    »Das glaube ich nicht«, fügte ein weiterer Prüfer neben dem Professor hinzu.
    »Dann gehen Sie hin und fragen Sie ihn!« rief ich fast.
    Das taten sie und kamen zurück, und der Professor sagte fast bedauernd: »Was hätten Sie denn gedacht, wenn er Ihnen gesagt hätte, daß er letzten Monat 12 , 7 Kilo abgenommen hat?«
    »Krebs, Sir!«
    »Wo?«
    »Lunge, Sir.«
    »Sehen Sie sich diese Röntgenbilder an.« Ich sah sie mir an. Da war das Wachstum zu sehen. Dieser Mann war nur als schwieriger »langer Fall« ausgesucht worden, weil die einzigen charakteristischen Symptome nicht lang zurückliegende Gewichtsabnahme, begleitet von geschwollenen Fußknöcheln, waren –, eine Variante der peripheren pulmonalen Arthropathie, für gewöhnlich an den Fingern zu sehen, aber erst unlängst als auch am Fußknöchel erkennbarer diagnostischer Hinweis beschrieben.
    Danach unternahm ich die vorgeschlagenen Schritte der Behandlung und Prognose für den Patienten. Sie waren erfreut. Ich bestand. Ich war erfreut.

KAPITEL SECHS
Ibiza
    Captain »Clint« Morpeth. Kleinbürgerliche Arschbeißer. »Nasolube«. Eine schwule Befreiung
    Nach meinen Abschlußprüfungen fand ich die Aussicht, drei Monate lang auf einer Mittelmeerinsel zu schreiben, verlockender, als sechs Monate lang in Hälse, Nasen und Ohren zu blicken.
    Die neue Langrumpf-Boeing Ford Anglia log.kam zum Stehen. Ihre Motoren spotzten nicht, husteten nicht, soffen nicht ab, die Räder quietschten nicht auf dem Rollfeld, und das einzige Flugzeug weit und breit, das tatsächlich rüttelnd zum Stehen kam, war eine Douglas Dakota (Prototyp) am 8 . Januar 1937 in Reykjavik. Ebensowenig riß sich der Pilot die Schutzbrille vom grimmigen Gesicht, warf sie mit einem Seufzer der Erleichterung von sich und sagte zu seinem Kopiloten: »Wir haben’s geschafft, Ginger.«
    Aber nichts von alledem konnte die Stewardess davon abhalten, ihren Spruch über die Lautsprecheranlage loszuwerden: »Im Namen von Captain Morpeth und des Muir von Ord hoffen wir, daß Sie einen angenehmen Flug hatten. Würden Sie bitte so lange auf Ihren Plätzen sitzen bleiben, bis das irrationale und klaustrophobische Gerangel an den beiden Ausgängen zum kompletten Stillstand gekommen ist. Ich

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