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Autobiografie eines Lügners

Autobiografie eines Lügners

Titel: Autobiografie eines Lügners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Chapman
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wir taumelten beide beim Anblick eines chinesischen Mädchens im japanischen Stil, das einen Kimono und eine Flasche Parfüm anhatte. Wir fielen beide in Ohnmacht. Aber das schwere Parfüm und die Andeutung von Sex brachten uns wieder auf die Beine. Tim wurde weggeschafft, um ein türkisches Bad zu nehmen, ich wurde hineingeschafft, um massiert zu werden.
    Ich war mir nicht ganz sicher, wieviele Kleidungsstücke ich ablegen sollte, während die junge Dame nicht im Zimmer war, dachte aber, alles in allem wären alle eine gute Idee. Und ich legte mich, ein kleines Handtuch über den ungezogenen Teilen, auf die Couch. Die Vorstellung fing an. Erst das Öl, nach geheimen Balsamen duftend und mir ins Fleisch gerieben. Ich wurde liebkost und wunderbarstens betrommelt, dem folgte das Applizieren irgendeiner Form von Talkumpuder, und dann wurde ich mit einer solchen beidhändigen Geläufigkeit gestreichelt, daß ich dachte, das könnte mir selbst peinlich werden. Sie schenkte dem, was ich vielleicht hätte vorbringen können, keinerlei Beachtung, und ich fragte mich, ob ich sie packen und ihr meine inzwischen offenkundigen Absichten aufzwingen sollte. Aber ich war Engländer und fragte mich nur. Sie sagte: »Umdrehen.« Ich wußte nicht recht, was ich an diesem Punkt zu erwarten hatte, kam aber ihrer Aufforderung nach. Sie verließ die Kabine, und ich fragte mich kurz, womit sie zurückkommen würde. Sie kam nicht zurück. Ein junger chinesischer Gentleman kam herein und verpaßte meinem Rücken eine ordentliche Tracht Prügel, die darin gipfelte, daß er links und rechts von meiner Wirbelsäule auf und ab wandelte. Die absolute verdammte Qual. Aber ich wagte nicht, laut aufzuschreien, weil ich wußte, daß Tim mich hören würde.
    Irgendwann war die Folter vorüber, ich ging weiter zum türkischen Bad und kam an Tim vorbei. Wir ließen beide erkennen, daß wir alles kolossal genossen, und während ich im Bad war, wartete ich auf Tims Schreie, wenn der Mann ihm über den Rücken wandelte. Er schrie nicht. Verdammte Briten. Ich verließ das Bad und wurde von der jungen Dame gefragt, ob ich unter der Dusche Beistand brauchte. »Äh, nein, schon gut, danke. Äh. Augenblick. Ämm. Nun, vielleicht.« Zu spät. Sie hatte mich zu wörtlich genommen.
    Tim und ich gingen davon und fühlten uns glänzend –, nun ja, weniger glänzend als spitz. Ich fand heraus, daß er den »Beistand« ebenfalls abgelehnt hatte. Wir bedauerten beide, daß wir Engländer waren. Wir beeilten uns, um wieder zu Mrs Lee zu stoßen, aber wenn ich ehrlich sein soll, hätte ich einen Briefkasten ficken können. Im Gegensatz zur Belletristik habe ich in der Stunde, die uns noch bis zum Abflug aus Hongkong blieb, dreimal gewichst.
    Nach meiner Neuseeland-Tournee und drei Monaten in New York mit dem Cambridge Circus ( vide supra et infra , bzw. s.w.o. und w. u.) kam ich zurück ans St Swithin’s, um extrem gut in Pathologie und Therapeutik zu bestehen –, naja, ich gehörte immerhin zu den letzten sechs. Dann kamen meine Abschlußprüfungen: Medizin, Chirurgie, Geburtshilfe und Gynäkologie. In Medizin, fand ich, hätte ich nicht bestehen dürfen, bestand aber; sich bewußt werden, wie wenig man weiß, ist der erste Schritt zum ….
    In Chirurgie hätte ich bestehen sollen, bestand aber nicht. Ich wußte, daß ich mit meiner Klausur bestanden hatte, und meine kurzen Fälle waren einfach genug gewesen, eine Reihe von etwa zehn Patienten, bei denen man schnell diagnostizieren und eine mögliche Behandlung vorschlagen muß, und für meinen langen Fall hatte ich eine extrem kooperative Patientin, die mir viel mehr über ihre Thyrotoxikose und deren chirurgische Behandlung erzählte, als sie gesollt hätte. Zu meinem Unglück fragte mich ein ziemlich törichter Mann, ein pompöser Chirurg, der einen scharlachroten Talar und einen albernen Schlapphut trug und damit nur das einzige Ziel verfolgte, nämlich die Examenskandidaten einzuschüchtern, wo ich ausgebildet worden sei. Er nahm Anstoß an der Tatsache, daß dies in St Swithin’s geschehen war, und er hegte eine starke persönliche Abneigung gegenüber der Bestie. Ich fiel durch.
    In Geburtshilfe fand ich, ich hätte bestehen sollen, vermurkste da aber meinen langen Fall, weil ich noch nie mit einer schwangeren Zwergin zu tun gehabt hatte, bei der nach einem Verkehrsunfall ungewöhnliche Deformationen an der Hüfte nachgeblieben waren, weder im Unterricht, noch in den Lehrbüchern im Kleingedruckten.
    Das

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