Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Autobiografie eines Lügners

Autobiografie eines Lügners

Titel: Autobiografie eines Lügners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Chapman
Vom Netzwerk:
Fernsehprogrammen, die nicht mal eine ausgestopfte Walnuß interessieren, und Aufmärschen einengen und beklemmen.
    Persönliche Masturbation ist ein edler Zeitvertreib – fördert sie doch die Gabe der Phantasie –, wird sie jedoch auf nationaler Ebene ausgeübt, macht sie ihrer viktorianischen Bezeichnung als Selbstmißbrauch alle Ehre. Z. B. die Fahnenparade, der Jahrestag des Sturms auf die Bastille, der 1 . Mai in Moskau, der 4 . Juli in Amerika, der Nachmittag des Chronometers in der Schweiz, Fußballspiele in Brasilien sowie alles, was in Deutschland oder Japan geschieht. Ich meine, machen wir doch alle mal halblang. Was sind wir? Wir sind Röhren –, hohle Zylinder aus Fleisch. Was erwarten wir vom Leben? Regelmäßige Erfüllung primitiver Funktionen an beiden Enden, gepaart mit dem Gedanken, daß es vorwärts gehen muß, daß wir wenigstens ein bißchen was hinterlassen müssen, weitgehend wie ein Hund, der an einen Baum pißt.
    Inzwischen müssen Sie sich alle fragen, warum wir Fahrräder mieten mußten, um zu schreiben. Ich werde es erklären. Wie John betonte, war die Fortbewegung zu jener Zeit auf Ibiza ziemlich primitiv, und wir brauchten individuelle Beförderungsmittel, um in kürzestmöglicher Zeit Strände 43 überprüfen zu können –, etwa zwei Wochen der gesamten Schaffensperiode, die ohnehin drei Monate betrug, und »da haben wir ja noch jede Menge Zeit«. »Ich finde, wir sollten uns Fahrräder besorgen, weil wir ja bestimmt losfahren und Stifte und sonstwas zum Schreiben und Papier und Tesafilm und eine Schere kaufen müssen … Farbbänder für die Schreibmaschine … Naja, ich hab zwei Wochen gebraucht, bevor ich mich akklimatisiert hatte … Und die Halsentzündung bin ich immer noch nicht los ….«
    John Cleese, den ich immer als überaus eifrigen, gewissenhaft sorgfältigen Arbeiter gekannt hatte, schien etwas anzudeuten.
    »Ziemlich heiß, oder? Fühle mich selbst ein bißchen benommen. Vielleicht wären ein paar Wochen Erholung eine gute Idee.«
    »Meinst du wirklich? Ich meine, David und alles … Er hat uns bezahlt, Graham.«
    »Ja, du hast vermutlich recht.«
    »Ja … Morgen früh geht’s mir wahrscheinlich wieder besser … Genau … Ja … Dann ist ja alles klar ….«
    »Klar.«
    »Großartig …. Ach Scheiße, macht es dir was aus, wenn wir das erst abends machen? Ich hab nur versprochen, daß ich Connie morgen mit zur Cala Bassa nehme, sie hat nur noch ein paar Tage hier, und da wäre es ein bißchen blöd, jetzt äh nicht äh …. Verdammt.«
    »Och, das paßt mir ganz prima. Ich hab gerade erst die verdammten Abschlußprüfungen gemacht. Wir haben die Synopsis, und gegen ein bißchen Freizeit hätte ich nichts einzuwenden.«
    »Also fangen wir am Freitag an.«
    »Jawoll …. Es wird ein bißchen laut werden, aber wir können uns ja zurückziehen.«
    »Laut?«
    »Ja –, da findet eine Fiesta statt, jede Menge Getanze und Feuerwerk und, äh, Wein.«
    »Oh. Ich war noch nie in Spanien.«
    »Noch nie? Na, da mußt du aber …. Dann werfen wir mal einen Blick auf den Terminkalender. Damit wären wir bei Montag. Wir fangen am Montag an. Ach, aber Montag und Dienstag sind Connies letzte zwei Tage, und am Mittwoch möchte ich sie zum Flugplatz bringen. Da hätten wir dann zwei Tage …«
    »Sag mal, warum nicht zwei Wochen?«
    »Einverstanden.«
    Also klappten wir unser Notizbuch mit der Aufschrift »Film« zu und gingen an den Strand.
    Etwas in John hatte sich gewandelt. Vielleicht war es die Atmosphäre der Insel –, die sengende Hitze, die gelegentliche fenchelduftige Brise, die das fast allgewärtige Wüten der schrillen Zikaden kastrierte, während wir durch Oliven- und süß riechende Asphodelenhaine schritten, in kleine Buchten aus klarem tiefsten Blau hinunterblickten, die von unserem Aussichtspunkt aus gefährlich einladend schienen, während das jammervolle Schreien eines fernen Esels in der Luft lag, dem die einheimischen Kanaker den Rest gaben, sowie auch das noch fernere Summen von Telefondrähten, allwo Reiseveranstalter verzweifelt versuchten, Lawrence oder Gerald Durrell wegen des neuesten Angebots zu kontakten, fünfundzwanzig duftende Adjektive für 15 Pence im neutralen Umschlag.
    Während wir adverbial durch die adjektivischen Haine aus was-es-auch-war – so eine Art Baumzeugs – radelten, betrachtete ich uns drei auf distanzierte Weise. Da war Connie –, Constance Booth, die später Johns Frau (und Ex-Frau) werden sollte, die

Weitere Kostenlose Bücher