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Autobiografie eines Lügners

Autobiografie eines Lügners

Titel: Autobiografie eines Lügners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Chapman
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vorstehenden Zähnen und lymphknotenkrispelnder, wandtafelkratzender brooklyn-irischer Falsettwinselstimme. Sie beide gleichmäßig wie meine Brüder zu lieben, konnte hart werden. Sie erzählten beide Geschichten aus Ashford, die entsetzlich waren. Sie und ein Freund namens Charlie waren die handelnden Personen einer halben Enthüllungsjournalismus-Geschichte über diese »Besserungs«-Anstalt in der Sunday Times . Ihr Erlebnis mit Mr Dingsbums hatte sie nicht schockiert; sie hatten gelernt, jeden Tag mit sowas zu rechnen, und waren ihm sogar dankbar.
    Sie waren beide ängstlich bemüht, einen guten Eindruck auf uns zu machen, weil dies, wie sie mir sagten, das erste Mal sei, daß irgendjemand irgendwas für sie getan habe, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Sie waren bestrebt, sich anzupassen und einzufügen, und bald waren sie kaum auffälliger als zwei heranwachsende geistesgestörte wilde weibliche Pumas im Hause, und nach einer gewissen Zeit wurden das periodisch auftretende ara-ähnliche hohe Gekreisch und das Zerdeppern und Zerschmettern liebgewonnener Gegenstände zum akzeptablen Hintergrundgeräusch.
    Jimmy kam eigentlich aus Chicago, »Brooklyn« hatte ich nur erwähnt, weil das der widerlichste nasale Akzent war, der mir damals einfiel. Er war mit seiner Familie auf Urlaub in Dublin gewesen und hatte dort Brendan kennengelernt, als er auf den Quays 63 »latschte«. Die beiden hatten eine Freundschaft entwickelt, die sie unzertrennlich machte. Sie hatten kein sexuelles Interesse aneinander, schienen aber die gleiche Art Männer zu mögen, obwohl sie, da sie katholisch waren, erwarteten, daß sie heiraten und jede Menge Kinder zeugen würden. Wieder in Chicago, hatte Jimmy die Unterschrift seines Vaters auf einem Scheck gefälscht, mit dem er seine Rückreise nach Dublin bezahlte. Die beiden hatten Dublin verlassen, um zu sehen, ob die Straßen anderswo anderswie gepflastert waren. Eine kluge Entscheidung: Ignoranz und Armut führen zu Brutalität, und Familienleben bedeutete für beide, daß sie von Versprechungen ewiger Verdammnis bis Von-den-älteren-Brüdern-festgehalten-werden-und-die-Rückseite-der-Beine-mit-Kaminbesteck-verdroschen-kriegen alles abbekamen.
    Die Oberschwester eines Heims für Ausreißer rief an und sagte, sie hätte keinen Platz für die beiden, für keinen von beiden, und was ich über Mr Dingsbums wisse? Sie hatte vorher schon mit ihm zu tun gehabt, aber in letzter Zeit begonnen, an seiner Ehrlichkeit zu zweifeln –, ob ich, zum Beispiel, wisse, daß er behaupte, mein Ko-Autor bei meinem nächsten Monty Python -Buch zu sein? Wir kamen beide zu dem Schluß, daß er ein ganz übler Schwindler war, der bei Prozessen gegen jugendliche Straftäter abhing und jungen Leuten beim Eintritt in seine eigene radikale Alternative zum Gefängnis »half« ….
    David, Brendan, Jimmy und mir wurde klar, daß Hilfe von außen unwahrscheinlich war, und wir beschlossen, daß die beiden Jungs solange bleiben sollten, bis wir eine vernünftige Unterkunft finden konnten, und daß sie sich beide nach Jobs umsehen sollten –, wir brauchten wirklich nur einen Putzmann dreimal die Woche.
    Ich vertraute ihnen, und sie haben mich nie enttäuscht. David und ich ließen sie mehrere Wochen lang in der Wohnung allein, während ich in München filmte, und als wir zurückkamen, war alles prima in Ordnung und ein großes »WELCOME HOME« im Wohnzimmer.
    Das Leben war für sie eine Fantasie, und sie betrachteten die Wahrheit als relativ und nicht absolut. 64 Es erforderte viel Geduld und eine Menge Gebrüll, ihnen klarzumachen, daß sie auf Bewährung waren und genug Geld hatten, London Transport nicht um 10 Pence zu prellen, nur weil sie sich eine Geschichte ausgedacht hatten, die ihnen plausibel vorkam. Indem ich Davids Toleranz bis an ihre Grenzen dehnte, nahm ich sie in unseren Urlaub auf Ibiza mit. Ich warnte sie, sie sollten nicht zu lange in der Sonne bleiben, und wie gefährlich es ist, auf dem Meer auf einer Luftmatratze einzuschlafen. Noch am selben Tag mußte ich eine halbe Meile hinaus- und dann eine weitere halbe Meile zurückschwimmen, wobei ich eine Luftmatratze schob, die mit einem fast bewußtlosen Brendan beladen war.
    Wir kehrten in unsere Villa zurück, wo wir Jimmy vorfanden, der Hausarrest hatte, weil er am Vortag krebsrot geworden war. Er trug ein weißes Laken und planschte mit mysteriös orange gefärbten Händen und Füßen im Pool. Ich zermarterte mir das Gehirn nach den verschiedenen

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