Autobiografie eines Lügners
trat. Innerhalb eines halben Lidschlags hätte man das verpaßt. Der einzige Mensch, der erfolgreich mit einem Riesenaquarium voller Haie ringen konnte, denen man ihr Mittagessen vorenthalten hatte, ist immer noch eng mit mir befreundet, falls jemand mit dem Gedanken spielen sollte, mich zu verklagen ….
Eine Debatte der Cambridge University Union, bei der ich meine Argumente als Gastredner vertrat, indem ich als Mohrrübe verkleidet erschien und nichts sagte. Ariadne Papanicolaou, die Präsidentin, fand das nicht witzig.
Vom selben Drang beseelt, genau das Falsche zu tun, befand ich mich an der Queen’s University zu Belfast plötzlich mitten in einer Ian-Paisley-Imitation. »Zerschmettert die Papistenschweine mit dem eisernen Stiefel der protestantischen Aufklärung«, grölte ich, bevor ich mich unter einem Tisch versteckte ….
Ich erinnere mich ebenfalls, wie ich auf dem Fußboden der Erster-Klasse-Lounge einer Boeing 747 in über 10 . 000 Meter Höhe aufwachte, ohne zu wissen, wie ich dorthin gelangt war, wohin ich flog oder woher ich kam –, und ohne daß mir das was ausmachte.
Aber all das ist die sprichwörtliche heiße Luft hinter dem Kühlschrank ….
»Hinter dem Kühlschrank?« schreit Lady Bracknell heiser auf.
»Och, kommen Sie«, zischt George Bernard Palin, »wir warten noch ….«
Aber mit den Gedanken bin ich woanders ….
KAPITEL NEUN
Brendan & Jimmy
Marxistischer Mikrofilm. Mr Dingsbums und seine radikalen Alternativen zum Gefängnis. Unerträgliches Herzeleid
Ich hatte die meiste Zeit des Vormittags damit verbracht, einem hübschen jungen weiblichen Mitglied der Revolutionären Arbeiterpartei 57 das Wort »Tür« und dessen Gebrauch im Zusammenhang mit Abschieden zu erklären, nichts Kompliziertes also. Sie, so schien es, war eine arbeitslose, aber reiche junge Schauspielerin aus Hampstead mit einem echten Gefühl für den Mann auf Schiffen, in Fabriken und im Schacht. Ihr Verständnis für den arbeitenden Menschen war ihr in einer Vision gekommen, die sie während eines zweiwöchigen Verhunger-Kurses auf einer der teuersten Gesundheitsfarmen von England in der Nähe von Redgrave in Dorset erlitten hatte.
Zuerst brachte mich das Neuartige daran aus dem Konzept, daß so ein hübsches junges Ding von einem Persönchen dem Wohlergehen der Massen so ernst und intelligent Bedeutung beimißt. Ich zog sogar eine Verehelichung in Betracht, bis mir klarwurde, daß sie mir gerade zum drittenmal erläutert hatte, unsere sogenannte sozialistische Regierung sei in Wahrheit eine hinterlistige faschistische Diktatur und zapfe a) ihre, der Partei, Telefone an (was man daran merke, daß man, wenn man mit einem anderen Parteimitglied spreche, immer dies Gefühl habe, man wisse , daß noch jemand zuhörte; woher sonst die völlige Abwesenheit verräterischen Klickens?), sabotiere b) ihre Massenveranstaltungen, indem sie sich weigere, der Partei das Wembley-Stadion kostenlos zu überlassen, und, schlimmer noch, überwache sie c) konstant (ein Hausbesitzer, den sie unter Beobachtung gehabt hätten, sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dabei gesehen worden, wie er die gebrauchte Katzenstreu eines Mitglieds auf marxistische Mikrofilme durchsiebt habe). Kurz, man habe nicht mehr die Freiheit des Individuums, die man brauche, um eine Gesellschaft zu planen, in der so bourgeoise Konzepte wie das Privatleben abgeschafft werden könnten.
Ich begann den Eindruck zu haben, daß sie von einer Außerirdischen Macht gesandt war, um mir die Bedeutung des Fachausdrucks »paranoide Schizophrenie« beizubringen. Ich erklärte ihr, so charmant ich konnte, daß ich sie für ein dummes kleines reiches Mädchen hielt, während es mir schließlich gelang, sie durch jene mit Scharnieren und Türgriff versehene hölzerne Absperrungsvorrichtung zu schieben.
David hatte bereits bei ihrem Eintreten das Nahen einer Irren gespürt. Er hatte weise den Morgen mit der Anfertigung von Artischocken-Omeletts verbracht und bedachte mich mit einem verständnisvollen Grinsen, als ich die Tür verriegelte. Ich umarmte ihn, und während ich das neueste Omelett kostete, schenkte er mir einen Gin Tonic ein, und wir starrten durch das Küchenfenster den Himmel über Hampstead Heath an. Unser trautes Heim hatte eine weitere Invasion überlebt; wir hatten Glück; gemeinsam konnten wir alles schaffen.
»Ach! Wie kann man einen Vormittag nur so vergeuden«, sagte ich. »Vielleicht kann ich jetzt ein bißchen Arbeit
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