Autobiografie eines Lügners
erledigen … Ich werde in den Monarch gehen und Bernard treffen. Wir müssen heute nachmittag dieses Doktor -Drehbuch fertigkriegen. Bin um halb drei wieder da.«
»Halb vier«, sagte David.
»Nein, heute werde ich mich wirklich anstrengen … Halb drei allerspätestens.«
»Okay, bis dann.«
»Bring! Bring! Bring!« wagte sich das Telefon vor. 58
»Schon gut«, sagte ich, als David mir mit Gesten bedeutete, nicht dranzugehen. »Die Revolutionäre Arbeiterpartei ist es nicht … Mmmm …? Ja … Ja … Nun, eine neue Putzkraft brauchen wir tatsächlich …. Dreimal die Woche morgens … Bleiben Sie kurz dran.«
Ich legte die Hand auf die Sprechmuschel.
»David, das ist ein Mann von ›Radikale Alternativen zum Gefängnis‹, dem die Gay Liberation Front meinen Namen gegeben hat. Da gibt es offenbar zwei irische Jungs, waren in Ashford im Jugendknast und warten auf ihren Prozeß, sind auf der Insel Man mit einer Unterhose erwischt worden, die sie bei Woolworth geklaut hatten, waren arbeitslos und hatten keine Unterkunft. Offenbar ist es ihm gelungen, für den einen eine annehmbare Bleibe und einen Job zu finden, weißt du, damit es eher wie ein Bagatelldiebstahl behandelt wird als ein Sexualdelikt, und jetzt fragte er sich, ob wir für den anderen einen Job finden können.«
»Also, jemand zum Putzen brauchen wir auf jeden Fall«, sagte David.
»Also sage ich ›ja‹? Zwanzig Pfund pro Woche für drei Vormittage?«
»Gut«, sagte David. »Irrwitziger als die anderen, die wir hatten, kann er nicht sein. Das ist eine gute Idee, so kann man Menschen viel besser helfen.«
Ich pflichtete ihm bei, und der Mann am Telefon klang sehr dankbar.
Ich griff mir die Times 59 und hoppelte mit einem » So wird’s gemacht«-Gefühl gegenüber der Revolutionären Arbeiterpartei in Richtung Monarch davon.
Der Monarch war eine fabelhafte Kneipe in Chalk Farm, die von einer exemplarischen jüdischen Matriarchin und Ex-Panzerfahrerin geleitet wurde. Während sie einen zuvor pöbelnden methylierten Iren mit süßen Worten an die Luft setzte, konnte man sie fragen: »He, Romi, Meerenge mit beinah hündischen Ambitionen mit vier Buchstaben, zweiter ein E, in zwei Größen vorrätig?«
»Belt –, das war leicht. Und jetzt lassen Sie uns bitte zufrieden, bis Ihre Schnittwunde versorgt ist. Bist du schon bei 14 senkrecht?«
»Noch nicht.«
»Bis dahin wirst du’s auch kaum schaffen. ›Panariste‹ –, eine der Zugehfrauen der Frau des Königs von Antiochia –, ein bißchen unfair. Nochmal jeder dasselbe?«
Nun, alles, was wir heute geschrieben haben, ist:
»KRANKENH.-FLUR, TAG/INNEN
AUFTRITT PROF. LOFTUS.
PROFESSOR LOFTUS (barsch): Morgen …«,
sagte Bernard McKenna. »Also gehen wir lieber nach dem nach diesem.«
Schreib-Nachmittage fingen oft so an –, ein paar Drinks mit dem Kreuzwort der Times , denen ein paar Drinks folgten. Anschließend erschöpfende körperliche Arbeit mit ein paar Drinks am Flipper, danach dann ein paar Drinks. In jener Woche befanden wir uns in einem schwierigen Stadium, versuchten, die elfte Folge einer Staffel von dreizehn halbstündigen SitComs zu schreiben –, Hilfe! Der Doktor kommt! Die weiße Hitze der Kreativität, die sich einer halben Radlermaß und einer Käsestulle verdankt, wollte sich nicht einstellen. Wir waren sogar seit zwei Wochen mit der Ablieferung dieser Folge überfällig, waren gar soweit gegangen, am Vortag Zuflucht in der für uns zuständigen Kirche gesucht zu haben (weil wir dachten, daß Humphrey Barclay, damals Fernsehproduzent, es nicht wagen würde, die Heiligkeit dieses Ortes anzutasten). Die Kirche war verschlossen und verrammelt. Wir riefen durch den Briefschlitz. Keinerlei Reaktion, außer von Passanten. Schade. Könnte eine der wenigen wirklich nützlichen Funktionen der Kirche sein.
Zu der Zeit hatte die Gay Liberation Front ihren Kampf gegen sexuelle Unterdrückung begonnen: Männer gingen untergehakt auf die Straße, um untergehakt durch die Straßen gehen zu können, Frauen wollten Vater werden und umgekehrt; die Türen der Schrankschwuchtelschwuchtelschränke wurden aus ihren Scharnieren gesprengt, und ich hatte den Jungs einen trutzigen Teespender für ihre Versammlungen gekauft. Ebenfalls zu jener Zeit 60 hatten Denis Lemon und Freunde in meiner Wohnung in Belsize Park ein Meeting abgehalten, welches den Beginn der Gay News darstellte. Ich selbst ging durch eine militante homosexuelle Phase. Eine stinknormale Pinte in Chalk Farm
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