Autobiografie eines Lügners
zurückzutreten; sie setzte ihren unpuspigen Vormarsch fort. Ich bat sie erneut. Keine Reaktion. Dann versetzte ich ihrem üppigen Rumpf mit der Außenseite meines Fußes einen spielerischen Taps, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen.
Als dies geschah, wirbelte sie herum und grölte: »Pack ihn dir, Cosmo!« Sofort sprang mir ein winziges, italienisch wirkendes Geschöpf mit gezückten Fingernägeln an die Kehle. Dieser klitzekleine Dämon war aus dem Nichts aufgetaucht, wußte aber, wie man lange nicht geschnittene Fingernägel wo reingräbt. Dies war eine so bizarre Angriffsmethode, daß ich gut und gern eine halbe bis eine volle Sekunde brauchte, bevor ich irgendeine ernsthafte Anstrengung unternahm, ihn abzustreifen.
Die Rausschmeißer hatten strikte Order, beim ersten Anzeichen von Ärger den oder die Verursacher, äh, rauszuschmeißen. Sie wollten sicherstellen, daß es keinen Ärger gab, schließlich war dies der erste Auftritt von Wings, und, um fair zu sein, wenn man die Meute betrachtete, halte ich das für eine kluge Vorsichtsmaßregel. Die Rausschmeißer nahmen jedoch an, weil ich zweimal so groß war wie der Angreifer, ich wäre der Aggressor gewesen. Sie hatten die einzelnen Vorgänge nicht eingehend genug verfolgt, um zu wissen, daß ich au fait der Herr Zeremonienmeister war. Ich wurde von zwei sehr großen Herren so fest gepackt, daß ich meine Arme nicht mehr benutzen konnte, und hinausgetragen. Sie machten keine Anstalten, den beharrlichen sizilianischen Vampir von mir zu lösen, und überließen es mir, ihn am Ausgang mit einem Schulterzucken abzuschütteln. Ich verstehe immer noch nicht ganz, weshalb sie ihn nicht von meiner Kehle entfernten, als sie mich auf die Straße stießen. Cosmo durfte drin bleiben, wo alle plötzlich begonnen hatten, sich anzusehen, was los war. Selbst die Angesagtesten riskierten einen kleinen Blick. Diese friedliebenden coolen Trendsetter richteten sich auf Gewalt aus wie Puritaner auf einen Puff.
Tom, mein Fahrer, der den Vorfall vom Tresen aus gesehen hatte, rannte hinaus, um zu helfen. Ich wischte mir mit einem Taschentuch Blut vom Hals, sagte allen, es gehe mir bestens, und war bereit, wieder hineinzugehen. Ich wollte meinen Job zu Ende bringen, und davon konnten mich ein paar Kratzer von einem törichten kleinen Mann nicht abhalten. Die Rausschmeißer wollten mich nicht reinlassen. Ich erklärte, daß ich der Conférencier war. Aber es waren große Herren mit kleinem Hirn, und man hatte sie nicht mit dieser Information programmiert. Ich bat darum, mit der Release-Organisatorin sprechen zu dürfen. Sie hatten noch nie von ihr gehört. Ich bat darum, mit dem Geschäftsführer sprechen zu dürfen. »Nein.« Ich betete die gesamte Erklärung nochmal herunter, und dann nochmal. »Nein.« Ich gab auf und ließ mich nach Hause fahren.
Am nächsten Tag rief die Organisatorin an, um sich zu entschuldigen. Ich sagte ihr, es gehe mir gut. Es war ja wirklich nicht ihre Schuld – Wahnsinnige kann man im eigenen Wohnzimmer finden –, und ich wollte nicht, daß ihre Organisation Ärger kriegt. Ich dachte nicht mehr daran. Dann tauchten ein paar Tage später rechts an meinem Hals große Blasen auf, vom Kieferknochen bis zum Schlüsselbein, mit hie und da etwas Schorf. Impetigo, Eiterflechte, dachte ich und nahm ordentlich Ampizillin –, eine starke Sorte Penizillin. Nach etwa fünf Tagen war die Schweinerei fast verschwunden, aber ich begann, mich zu fragen, ob Cosmo seine Fingernägel absichtlich mit Bakterien 74 infiziert hatte. Wäre eine seltsame Methode, jemanden anzugreifen, aber möglicherweise in Neapel ganz verbreitet. Eine Woche später waren die Wunden fast komplett verheilt.
»Pack ihn dir, Cosmo!«
Darüber war ich froh, denn ich sollte bald mit dem Filmen einer Monty Python -Fernsehserie anfangen. Unglücklicherweise machte ich den Fehler, mir einen kleinen Pickel über dem rechten Auge auszudrücken, und sehr bald hatte ich eine hübsche Garnitur Blasen und Schorfstellen, die sich über das gesamte Augenlid erstreckten. Die Schwellung bewirkte ein Defizit im Kuckbereich. Ich dachte: »Vielleicht bin ich ja kein so sehr guter Arzt«, und rannte zum guten Onkel Doktor Alan Bailey. Er schenkte mir einen Gin Tonic ein, und es ging mir bereits viel besser. Er sagte: »Das sieht ganz schön schlecht aus, Alter«, und schlug hohe Dosen intramuskulären Penizillins vor: zweimal täglich eine Spritze in die Arschbacke. »O Scheiße«, dachte ich, »die
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