Autobiografie eines Lügners
voller Gin und dem Gefühl der Überlegenheit gegenüber Sterblichen, das uns Umjubelte gern beschleicht, hatte ich bei einem o so ungezogenen – und, bis heute, illegalen – Akt auf dem Fußboden einer leeren Künstlergarderobe meinen Zenit erreicht. Der Umstand, daß diese Romanze aus Liebe auf den ersten Blick bis hin zum Aufwischen in den zehn Minuten erblühte, die zwischen dem I. und dem II. Akt von Monty Python’s First Farewell Tour zur Verfügung standen, schien damals gar keine schlechte Idee zu sein, Euer Ehren … Arbeitsüberlastung, bis dato untadeliger Charakter usw. usw. … Entschuldigung, wo war ich stehen geblieben … schien dem Ganzen lediglich ein wenig zusätzliche Pikanterie zu verleihen.
Sunderland dagegen war ein schwerer Fall –, nur zwei Eintragungen im Gay Guide , »nur im Sommer und an Wochenenden geöffnet«. Hatte an einem Mittwochabend im März, dachte ich, nicht mal der Versuch einen Sinn. Also ging ich nach der Vorstellung zum ersten Mal mit Monty Python essen. Mir war aber in einem Kaff nie richtig wohl, wenn ich nicht gepunktet hatte. Dieser Gedanke nagte an mir, während ich mich durch die Mahlzeit soff und die anderen beobachtete, wie sie sich für Essen und Schwatzen mit Ehefrauen und Nicht-Ehefrauen interessierten. Ich trank noch mehr und beschloß, Sunderland von der Landkarte zu streichen. Auf dem Weg an der Rezeption vorbei sagte ich: »O Gram, o Graus, niemand, mit dem man ins Bett steigen könnte … Wo sind denn hier all die jungen Männer? Das ist ja wirklich der reinste Jammer.« Ich ging in mein Zimmer und fiel trunken aufs Bett, allein.
Ich wachte um 5 Uhr morgens auf und fand im Bett den Nachtportier vor, nackt. Er war nicht unbedingt jemand, auf den meine Wahl gefallen wäre, aber unter den gegebenen Umständen war er mir willkommen. Er war mit einem Generalschlüssel reingekommen, hielt sich streng an den Hotelierskodex und tat alles zum Wohle des Gastes. Das Wohl beruhte auf Gegenseitigkeit, und ich wäre gern sogar noch ein bißchen in Sunderland geblieben, denn es schien, als wäre dem noch in Ausbildung befindlichen männlichen Hotelpersonal das Wohl des Gastes eine ähnlich hehre Pflicht ….
Nach Sunderland verbrachten wir das Wochenende in Dallas, Texas, Python s Geburtsort in den Staaten. Seltsam, daß unsere Fernseh-Shows zuerst im öffentlich-rechtlichen Rundfunknetz einer Stadt gesendet wurden, die allgemein als »ein bißchen« rechtslastig galt. Wir waren dort, um bei einer Benefizwoche für diesen Sender behilflich zu sein, und ich war dort, um es zu treiben. Diesmal hatte ich Glück – bei einem richtigen Indianer. Nach der Glitzerwelt der Fernseh-Show ging es sofort zackbumm zurück zu ihm, einen Zweimal-drei-Meter-Anbau mit guter Stereoanlage und neugierigen Ratten an der Rückwand einer Garage in einem Stadtteil, den Touristen nicht zu sehen kriegen. Wunderbar!
Zurück zur England-Tournee: Auf dem Weg nach Süden von Glasgow aus machten wir eine Nacht lang in Windermere Station. Ein Reporter interviewte Mike, Eric und mich in meinem Zimmer. Dann gingen wir essen, aber mir wurde das Essen langweilig: Ich wollte Sex! Sex! Sex! Latschte einmal halb um den Lake Windermere herum. Unbelebt: keine Seele. Ich ging zurück auf mein Zimmer im Hotel, wollte ins Bett. Es klopfte an der Tür. Es war der Interviewer.
Er sagte: »Entschuldigen Sie die Störung. Ich habe, glaube ich, mein Mikrofon hier gelassen.«
Ich sagte: »Ich wette, das haben Sie nur getan, um mit mir ins Bett gehen zu können.«
Er sagte: »Oh, äh, stimmt.«
Knall! Ratsch! Batsch! Nichts konnte mich mehr aufhalten. Der reine, feine, unverdünnte Wahnsinn.
New York war »Fun City«. Wie war das in der Bar vom Raffles mit dem gutaussehenden Puertorikaner …? Wramm! – Direkt in die Telefonzelle mit ihm. War uns doch so wurscht –, wir waren jung und verliebt. Drei volle Minuten lang rangen wir miteinander, aber, aus Rücksicht auf die anderen Gäste an der Bar, ließen wir die Telefonzellentür offen –, hätten wir sie geschlossen, wäre das Licht angegangen ….
Elftausendachthundert Meter hoch in der Luft mit einem Eskimo auf der Toilette einer Boeing 747 …. 75
Wir ließen Sunderland weit hinter uns, und während unser Range Rover mit coolen 190 km/h auf dem befestigten Seitenstreifen in Richtung Edinburgh dahinraste und die Panikleuchten blinkten, reichte ich dem seltsam fahlgesichtigen Anhalter die Flasche Glenfiddich zurück, sagte: »Ich verstehe
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