Autofab
unternehmen – ich halt’s nicht mehr aus.«
»Da kann man nichts unternehmen«, meinte Taverner zu ihm. »Wenn sie unbedingt so sein wollen wie Yancy – «
»Aber es gibt keinen Yancy«, fuhr Sipling dazwischen; sein hageres Gesicht zuckte krampfhaft. »Wir haben ihn uns ausgedacht… wir haben ihn erfunden.«
Taverner blieb stehen. »Wie bitte?«
»Ich hab’s mir überlegt.« Siplings Stimme zitterte vor Aufregung, als er weiterhaspelte: »Ich werde etwas unternehmen –, und ich weiß auch schon genau was.« Er ergriff Taverners Ärmel. »Sie müssen mir helfen«, krächzte er. »Ich kann der ganzen Sache ein Ende machen, aber alleine schaff ich’s nicht.«
Die beiden saßen in Leon Siplings einladendem, geschmackvoll eingerichtetem Wohnzimmer, tranken Kaffee und schauten ihren Kindern zu, die auf dem Boden herumkrabbelten und spielten. Siplings Frau und Ruth Taverner trockneten in der Küche das Geschirr ab.
»Yancy ist eine Synthese«, erklärte Sipling. »So eine Art Kompositwesen. In Wirklichkeit gibt es kein solches Individuum. Wir haben dazu Basis-Prototypen aus soziologischen Aufzeichnungen herangezogen; die gestalt beruht auf verschiedenen charakteristischen Personen. Damit sie lebensecht wirkt. Aber wir haben alles entfernt, was wir nicht wollten,
und haben das, was wir wollten, noch verstärkt.« Grüblerisch setzte er hinzu: »Es könnte einen Yancy geben. Es gibt jede Menge Leute wie Yancy. Das ist im Grunde das Problem.«
»Sie haben sich also bewußt mit der Absicht an die Arbeit gemacht, die Menschen nach Yancys Vorbild umzuformen?« erkundigte sich Taverner.
»Ich kann Ihnen nicht genau sagen, wie man sich das auf höchster Ebene vorstellt. Ich war Werbetexter für eine Mundwasserfirma. Die Behörden von Callisto haben mich angeheuert und mir in groben Zügen erklärt, was sie von mir wollten. Was Sinn und Zweck des Projekts anging, wurde ich im unklaren gelassen.«
»Mit Behörden meinen Sie den Regierungsapparat?«
Sipling lachte schrill. »Ich meine die Handelssyndikate, denen der Mond hier gehört; und zwar mit allem Drum und Dran. Aber wir sollen ja nicht Mond dazu sagen. Er ist ein Planet.« Seine Lippen zuckten verbittert. »Die Behörden haben offenbar ein Riesenprogramm entwickelt. Es geht darum, den Konkurrenzhandel auf Ganymed zu schlucken – wenn das geschafft ist, haben sie die äußeren Planeten in der Tasche.«
»Ohne einen Bewegungskrieg kommen sie an Ganymed aber nicht ran«, widersprach Taverner. »Die Bevölkerung von Medea steht hinter ihren Firmen.« Und dann dämmerte es ihm. »Ich verstehe«, sagte er leise. »Die würden tatsächlich einen Krieg vom Zaun brechen. Denen wäre das einen Krieg wert.«
»Da können Sie Gift drauf nehmen. Und um einen Krieg vom Zaun brechen zu können, müssen sie die Öffentlichkeit gleichschalten. Im Grunde haben die Leute hier nichts zu gewinnen. Ein Krieg würde die ganzen Kleinunternehmer ruinieren –, die Macht würde sich in ganz wenigen Händen konzentrieren – und das sind jetzt schon wenig genug. Um die achtzig Millionen Menschen hier für diesen Krieg zu begeistern, brauchen sie eine Herde von dumpfen, teilnahmslosen Schafen. Und die kriegen sie auch. Wenn diese Yancy-Kampa-gne vorbei ist, werden die Leute hier auf Callisto zu allem ja
und amen sagen. Yancy nimmt ihnen das Denken ab. Er schreibt ihnen vor, welche Frisur sie tragen sollen. Welche Spiele sie spielen sollen. Er verbreitet die Witze, die sich die Männer in ihren Hinterzimmern erzählen. Seine Frau pfuscht den Fraß zusammen, den es dann bei allen zum Abendessen gibt. Überall auf dieser mickrigen Welt – Millionen kopieren Yancys Tagesablauf. Egal was er tut, egal was er denkt. Wir konditionieren die Öffentlichkeit nun schon seit vollen elf Jahren. Das Wesentliche dabei ist diese ewige Monotonie. Es wächst eine ganze Generation heran, die sich von Yancy eine Antwort auf all ihre Fragen erhofft.«
»Dann ist das also ein Riesengeschäft«, bemerkte Taverner. »Der Entwurf und die Weiterentwicklung von Yancy.«
»Es sind allein Tausende von Leuten damit beschäftigt, die Texte zu schreiben. Sie haben bloß die erste Phase mitgekriegt – und das geht raus in jedes noch so kleine Kaff. Bänder, Filme, Bücher, Zeitschriften, Plakate, Broschüren, spannende Audio- und Video-Shows, Zeitungsenten, Lautsprecherwagen, Comics für Kinder, Mundpropaganda, ausgeklügelte Anzeigen… die ganze Chose. Yancy noch und nöcher.« Er nahm eine Zeitschrift vom
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