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Autofab

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Titel: Autofab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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– und banalen – Fragen gab es entschiedene Stellungnahmen: Hunde sind besser als Katzen, eine Grapefruit ist zu sauer ohne eine Prise Zucker, früh aufstehen ist gesund, zuviel trinken ist ungesund. Aber zu wichtigen Themen… ein schönes Vakuum, angefüllt mit dem hohlen Donnern hochtrabender Floskeln. Eine Öffentlichkeit, die mit Yancy in Sachen Krieg und Steuern und Gott übereinstimmte, stimmte mit rein gar nichts überein. Und mit allem.
    Zu wichtigen Themen hatten sie überhaupt keine Meinung. Sie glaubten lediglich, sie hätten eine Meinung.
    Rasch durchforstete Taverner Bänder zu verschiedenen wichtigeren Themen. Es war immer und überall dasselbe. Mit einem Satz gab Yancy, mit dem nächsten nahm er wieder. Der Gesamteindruck war der einer geschliffenen Aufhebung, einer geschickten Negation. Doch der Zuschauer wurde zurückgelassen mit der Illusion, er habe an einem bunten und reichhaltigen intellektuellen Festmahl teilgenommen. Es war verblüffend. Und es war professionell: Die Enden wurden zu gekonnt miteinander verknüpft, als daß alles bloßer Zufall hätte sein können.
    Niemand war derart seicht und harmlos wie John Edward Yancy. Er war schlicht und einfach zu gut, um echt zu sein.
    Schwitzend verließ Taverner den Hauptraum des Magazins und drängelte sich zu den hinteren Büros durch, wo eifrige Yance-Männer an ihren Pulten und Montagetischen vor sich hin werkelten. Überall schwirrte es von reger Betriebsamkeit. Die Gesichter ringsum wirkten gutmütig, harmlos, beinahe gelangweilt. Dieselben freundlichen, banalen Mienen, wie auch Yancy sie an den Tag legte.
    Harmlos – und bei all ihrer Harmlosigkeit diabolisch. Und er konnte nicht das geringste unternehmen. Wenn die Leute gern auf John Edward Yancy hörten, wenn sie ihn sich zum Vorbild nehmen wollten – was konnte die Neuplan-Polizei dagegen tun?
    Welches Verbrechen konnte man ihnen zur Last legen? Kein Wunder, daß es Babson nichts ausmachte, wenn die
    Polizei hier herumschnüffelte. Kein Wunder, daß die Behörden ihnen freien Zugang gewährt hatten. Es gab keine politischen Gefängnisse, Zwangsarbeiter oder Konzentrationslager… dafür bestand keinerlei Bedarf.
    Folterkammern und Vernichtungslager wurden nur dann benötigt, wenn der feste Glaube versagte. Und der Glaube hier war gefestigter denn je. Ein Polizeistaat, ein Terrorregime entstand erst, wenn der totalitäre Machtapparat zu zerbröckeln begann. Die früheren totalitären Gesellschaftssysteme waren unvollkommen gewesen; die Behörden waren im Grunde nicht in jeden Bereich des Privatlebens eingedrungen. Doch die Kommunikationstechniken hatten Fortschritte gemacht.
    Der erste tatsächlich erfolgreiche totalitäre Staat wurde vor seinen Augen Wirklichkeit: harmlos und banal nahm er Gestalt an. Und die letzte Stufe – ein Alptraum zwar, doch gänzlich folgerichtig – war erreicht, wenn alle neugeborenen Jungen freiwillig und mit Freuden John Edward genannt wurden.
    Wieso auch nicht? Sie lebten, handelten und dachten doch jetzt schon wie John Edward. Und für die Frauen gab es Mrs. Margaret Ellen Yancy. Auch sie verfügte über eine reichhaltige Auswahl von Ansichten; sie hatte ihre Küche, ihren Geschmack, was Kleidung anbelangte, ihre kleinen Ratschläge und Rezepte, nach denen jede Frau sich richten konnte.
    Es gab sogar Yancy-Kinder, nach denen sich die Jugend des Planeten richten konnte. Die Regierung hatte nichts übersehen.
    Babson kam angeschlendert; er machte ein freundliches Gesicht. »Wie läuft’s denn so, Officer?« gluckste er dümmlich und legte Taverner die Hand auf die Schulter.
    »Ganz gut«, brachte Taverner mühsam hervor; er schüttelte die Hand vorsichtig ab.
    »Gefällt Ihnen unser kleiner Laden?« Aufrichtiger Stolz schwang in Babsons belegter Stimme mit. »Wir leisten hervorragende Arbeit. Künstlerische Arbeit – wir legen eiserne Qualitätsmaßstäbe an.«
    Bebend vor ohnmächtiger Wut stürzte Taverner aus dem Büro, auf den Korridor. Der Fahrstuhl brauchte zu lange; wutentbrannt hielt er auf die Treppe zu. Er mußte raus aus dem Yancy Building; er mußte weg.
    Aus dem Halbdunkel des Korridors trat ein Mann hervor, sein Gesicht aschfahl und angespannt. »Warten Sie. Kann – ich mit Ihnen sprechen?«
    Taverner schob sich an ihm vorbei. »Was wollen Sie?«
    »Sie sind doch von der Neuplan-Polizei, Abteilung Terra? Ich – « Der Adamsapfel des Mannes hüpfte auf und ab. »Ich arbeite hier. Mein Name ist Sipling, Leon Sipling. Ich muß was

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