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endlich auf meine Fragen antworten werden!«
»Das ist doch Wahnsinn! Sie können nicht einfach hierher kommen! Falls Sie vom Justizministerium observiert werden, machen Sie sie nur auch noch auf mich aufmerksam und...!«
Halloway kam nicht dazu, den Satz zu Ende zu sprechen, da Miller bereits aufgelegt hatte.
6
Langsam legte Halloway den Hörer auf die Gabel zurück. Er stand mehrere Sekunden wie gelähmt da, bis er endlich imstande war, sich wieder den Landschaftsbildern seines Vaters zuzuwenden, die er wehmütig betrachtet hatte, als das Telefon klingelte. Durch die Fenster in der Wand, an der die Gemälde aufgehängt waren, konnte er auf die Sicherheitsbeamten hinaussehen, die seinen Besitz bewachten.
Unter anderen Umständen hätte er nie riskiert, Millers Anruf zu Hause entgegenzunehmen. Statt dessen hätte er ihn auf sein abhörsicheres Telefon in der Stadt verwiesen. Im Augenblick hielt er es jedoch nicht für angeraten, seinen Besitz zu verlassen, obwohl er seine Frau und seine Kinder, die er in der Stadt in Sicherheit hatte bringen lassen, sehr vermißte. Doch er wollte sie nicht unnötig in Gefahr bringen, indem er sie wieder hierher auf seinen Landsitz holte.
Kurz zuvor hatte ihn Rosenberg völlig aufgelöst aus Mexico City angerufen, um ihn mit irgendwelchem wirrem Zeug zu überschütten, daß die Behörden die Wahrheit über seinen Vater herausgefunden hätten. Ähnlich ängstliche Anrufe waren auch von den Söhnen anderer Mitglieder der Gruppe eingegangen. Ihre Vergangenheit wurde aufgedeckt. Die Nacht-und-Nebel-Organisation hatte ihre Rache hervorragend geplant. Ihr Zugriff wurde immer bedrohlicher.
Halloway hatte das ungute Gefühl, daß ihren Rachegelüsten damit jedoch noch keineswegs Genüge getan war. Das Schlimmste stand ihm und den Söhnen der anderen Väter erst noch bevor. Er mußte ständig an das Schiff denken. Inzwischen hatte es sicher längst die Straße von Gibraltar passiert und das Mittelmeer erreicht. Vielleicht hätte er doch auf Rosenbergs Warnungen hören und anordnen sollen, daß das Schiff zurückgerufen wurde. Doch dazu war es nun zu spät. Selbst wenn Halloway gewollt hätte, wäre er nicht mehr in der Lage gewesen, über das verworrene System von Mittelsmännern Kontakt mit dem Kapitän des Schiffs aufzunehmen und ihn zum Umkehren aufzufordern.
Es bestand keinerlei Möglichkeit mehr für ihn, noch in irgendeiner Weise Einfluß auf den Lauf der Dinge zu nehmen. Doch falls die Nacht-und-Nebel-Organisation über das Schiff Bescheid wußte, wie sie auch sonst alle ihre Geheimnisse zu kennen schien, dann hatten sie es mit zwei Feinden zu tun, erinnerte Halloway sich an Rosenbergs Worte. Und es war nicht abzusehen, von welcher Seite sie Schlimmeres zu befürchten haben würden - von der Nacht-und-Nebel-Organisation oder von den Empfängern der Lieferung.
7
Die Besitzverhältnisse des Frachters Medusa waren ebenso verworren, wie die Schlangen auf dem Haupt der legendären Trägerin desselben Namens. Als offizieller Besitzer firmierte eine bolivianische Gesellschaft namens Transoceanic Enterprises. Doch bei genauerer Überprüfung stellte sich heraus, daß Transoceanic Enterprises, deren Firmenadresse lediglich aus einer Postfachnummer bestand, zu dem liberianischen Konzern Atlantis Shipping gehörte, dessen Geschäftsräume in Liberia ebenso schwer auffindbar waren wie der sagenumwobene Kontinent, nach dem Atlantis Shipping benannt war.
Atlantis Shipping wiederum befand sich im Besitz der Schweizer Reederei Mediterranean Transport, die wiederum zu einer mexikanischen Firma gehörte, die sich im Besitz einer kanadischen Gesellschaft befand. Ein Großteil dieser Firmen existierte gar nicht. Und die wenigen, die doch auffindbar waren, dienten einzig und allein dem Zweck, mit ihrem Namen und Firmenstempel für die dubiosen Geschäfte einer nicht minder dubiosen Firma zu haften, zu deren Direktoren unter anderem auch Aaron Rosenberg von Mexico City Imports und Richard Halloway von Ontario Shipping zählten.
Die Medusa wurde regelmäßig im Transatlantikverkehr zwischen Griechenland, Italien, Frankreich, Spanien, England, Kanada, Mexiko und Brasilien eingesetzt und beförderte Textilien, Maschinen und Lebensmittel. Die Gewinne, die aus diesem Frachtverkehr abfielen, waren jedoch nicht der Rede wert, und hätte die Medusa unter ihrer regulären Ladung verborgen, nicht noch eine andere Fracht mit sich geführt, hätten Aaron Rosenberg und Richard Halloway wohl kaum ihren
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