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gar nichts!«
»Mein Vater hat eine Narbe auf der Stirn. Und dieser SS-Offizier hatte genau dieselbe Narbe.«
»Ein Zufall!«
»So einfach ist das leider nicht!« Millers Stimme wurde immer lauter. »Ich muß Gewißheit haben! Hat mein Vater tatsächlich einen SS-Verband kommandiert, der mit der Vernichtung von Juden beauftragt war? Und was ist mit den Vätern der anderen? Waren etwa auch sie Massenmörder?«
»Wollen Sie damit etwa behaupten, mein Vater... ? Das ist doch absurd! Was bilden Sie sich...«
»Weichen Sie mir nicht aus, Halloway! Beantworten Sie meine Frage!«
»Ich werde doch nicht...«
»Waren auch die Väter der anderen Kriegsverbrecher?«
»Selbstverständlich nicht! Sie waren bei der SS, ja! Aber bei der Waffen-SS, und nicht bei den Totenkopfverbänden, die mit der Vernichtung der Juden beauftragt waren. Den meisten nicht Eingeweihten ist dieser Unterschied nicht bewußt. Sie denken, alle SS-Angehörigen wären Verbrecher gewesen. Deshalb mußten unsere Väter auch ihre Zugehörigkeit zur SS verschweigen. Der Nacht-und-Nebel-Gruppe ist derselbe Fehler unterlaufen, den auch das Justizministerium und dieser Reporter machen.«
»Sie werden mir doch wohl nicht einreden wollen, im Justizministerium wäre man sich des Unterschieds zwischen Waffen-SS und Totenkopfverbänden nicht bewußt?«
»Wie wollen Sie sich das Ganze sonst erklären?«
»Mein Vater, Ihr Vater und die anderen Mitglieder der Gruppe haben an ganz speziellen Tagen des Jahres, die für sie von besonderer Bedeutung zu sein schienen, miteinander telefoniert. Das waren der zwanzigste April, der achte November und der dreißigste Januar. Sagen Ihnen diese Daten etwas?«
»Natürlich«, erwiderte Halloway. »Das sind die Geburtstage von ein paar Mitgliedern der Gruppe.«
»Sie mieses Schwein!« schrie Miller los. »Warum mußten Sie mich nur belügen!«
»Weshalb sollte ich Sie belogen haben?«
»Der zwanzigste April war allerdings jemandes Geburtstag, und zwar der des Führers. Hitler wurde am zwanzigsten April 1889 geboren. Der achte November ist der Jahrestag von Hitlers gescheitertem Putschversuch im Jahr 1923. Zehn Jahre später kam er schließlich doch an die Macht. Das war am dreißigsten Januar 1933. Für die Nazis waren das drei außerordentlich wichtige Tage, und genau an diesen Tagen haben sich unsere Väter trotz aller damit verbundenen Risiken jedes Jahr miteinander in Verbindung gesetzt.«
»Na gut«, gab Halloway seufzend nach. »Ich war mir eben der Bedeutung dieser Daten nicht bewußt.«
»Ich glaube Ihnen nicht. Sie wußten sehr wohl, was es mit diesen Daten auf sich hatte. Ich kann es Ihnen doch anhören.«
»Offensichtlich wollen Sie nur das glauben, was Ihnen in den Kram paßt. Ich versichere Ihnen jedenfalls... «
»Ich habe noch eine Frage an Sie«, unterbrach ihn Miller.
»Unsere Väter waren ausnahmslos hohe Offiziere. Demnach müssen Sie also verschiedene Einheiten befehligt haben. Entsprechend dieser Tatsache dürften Sie bei Kriegsende über ganz Europa verstreut gewesen sein. Worin besteht nun das verbindende Element, das sie auch nach all den Jahren noch immer zusammenhalten ließ? Was hat sie zu einer Gruppe zusammengeschweißt?«
»Mein Vater hat gesagt, sie wären gemeinsam ausgebildet worden«, erklärte Halloway.
»Aber die Wehrmacht war doch über ganz Europa, sogar bis Nordafrika verstreut. Falls unsere Väter also tatsächlich gemeinsam die Grundausbildung gemacht haben sollten, dürften sie sich während des Krieges dennoch kaum mehr gesehen haben. Sie haben mich also schon wieder belogen. Dieses verbindende Element hat sicher nichts mit ihrer gemeinsamen Ausbildungszeit zu tun. Warum haben unter allen deutschen Soldaten, die ihre Kriegsvergangenheit zu vertuschen versuchten, gerade sie sich zu einer Gruppe zusammengeschlossen? Sie sind, über die ganze Welt verstreut, untergetaucht. Trotzdem blieben sie miteinander in Verbindung. Aber warum, frage ich Sie!«
Als Halloway ihm nicht antwortete, drang Miller weiter in ihn: »Von wem wurden unsere Väter erpreßt? Und weshalb?«
Auch auf diese Frage antwortete Halloway nicht.
»Der Reporter hatte also doch recht«, fuhr Miller daraufhin fort. »Ich gelange allmählich zu der Überzeugung, daß es einige Dinge gibt, die mein Vater mir verschwiegen hat und die auch Sie mir nicht erzählen wollen. Aber ich werde Sie schon zum Sprechen bringen, Halloway. Ich werde nach Kanada kommen, und dann werden wir schon sehen, ob Sie mir nicht
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