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Schlag jedoch noch rechtzeitig ausweichen, um seine Wucht zu mildern. In derselben Bewegung warf er sein rechtes Bein hoch und trat gegen Drews Kinn.
Drew riß den Kopf zurück, um dem Tritt auszuweichen, und bekam den Fuß zu fassen, der ganz knapp an ihm vorbeisauste. Der Pater versuchte sich mit einer Drehung seinem Zugriff zu entziehen und stach erneut auf Drew ein.
Doch Drew schlug seine Hand mit dem Messer beiseite und traf den Pater mit der Handkante voll an der Nase. Der Schlag war zwar nicht tödlich, aber mit solchen Schmerzen verbunden, daß der Pater für die nächsten Augenblicke keiner Gegenwehr mehr fähig war. Diese Gelegenheit nutzte Drew zu einer raschen Schlagfolge - in den Bauch, unter das Kinn, auf das Nasenbein.
Pater Dusseault ging zu Boden.
8
Wie gebannt folgte Saul dem Schauspiel. Die Reaktionsschnelligkeit des zweiten Geistlichen war enorm; sie erinnerte ihn an Chris. Und der Geistliche hatte mit der Handkante zugeschlagen, wie auch er und Chris das gelernt hatten. Die Schnelligkeit, die Präzision, die Schlagtechniken, sein ganzer Kampf Stil - all das erinnerte Saul an Chris.
Wünschte Saul sich so sehr, Chris wäre noch am Leben, daß er sich nun einbildete, er wäre dieser Geistliche?
Nein, rief Saul sich zur Räson. Dieser Geistliche war nicht Chris. Aber die Ähnlichkeit war dennoch verblüffend.
Abrupt wurde Saul aus seinen Gedanken gerissen. Zwischen den Büschen zu seiner Rechten trat eine schemenhafte Gestalt hervor, die er im ersten Augenblick für Erika hielt.
Doch ebenso schnell wurde ihm bewußt, daß die Frau nicht Erika war. Sie trug Nonnentracht, von der sie alle weißen Teile entfernt hatte, so daß sie im Dunkel nicht zu sehen gewesen war. Sie stürzte auf den siegreichen Geistlichen zu, der sich zu ihr herumdrehte. Die beiden redeten hastig aufeinander ein und kauerten neben Pater Dusseault zu Boden.
In diesem Moment traf Saul eine höchst riskante Entscheidung, die seiner jahrelangen Berufserfahrung vollkommen zuwiderlief und gegen die sich alle seine Instinkte heftigst wehrten, ohne daß sie ihn von seinem Entschluß hätten abbringen können. Er erhob sich aus seinem dunklen Versteck - falls seine Intuition ihn getrogen haben sollte, konnte er sich immer noch in tieferes Dunkel zurückziehen - und trat auf die freie Fläche hinaus.
9
Erschreckt wirbelten der Geistliche und die Nonne zu ihm herum.
»Ein so großes Risiko bin ich noch nie eingegangen«, sprach Saul die beiden an und hob seine Hände. »Ich bin nicht allein. Also bleiben Sie, wo Sie sind. Ich vertraue Ihnen. Bitte greifen Sie mich nicht an.«
Der Geistliche schien zwischen widersprüchlichen Impulsen hin und her gerissen. Sollte er fliehen oder angreifen? Die Nonne zog eine Pistole aus dem Ärmel ihres Gewands.
Saul hob seine Hände noch höher und trat näher auf die beiden zu. »Sie haben nicht gemerkt, daß ich Sie die ganze Zeit beobachtet habe. Wenn ich gewollt hätte, hätte ich Sie ohne weiteres töten können. Möglicherweise haben wir gemeinsame Interessen.«
»Gemeinsame Interessen?« fragte der Geistliche erstaunt.
Saul fuhr ein kalter Schauder den Rücken hinunter. Die Stimme war eindeutig die von Chris. Doch das konnte nicht sein. Und doch war sie es.
Oder wurde er verrückt?
»Was Sie eben getan haben, wollten auch wir tun«, fuhr Saul fort.
»Und das wäre?« Die Nonne hielt die Pistole weiter auf Saul gerichtet.
»Wir wollten Pater Dusseault in unsere Gewalt bringen und aus ihm herausbekommen, was er über...«
Der Geistliche legte den Kopf zur Seite. »Was er über wen weiß?«
Saul zögerte einen Moment. Ihm war nicht klar, wieviel er tatsächlich preisgeben sollte. Doch dann beschloß er, aufs Ganze zu gehen. »Was er über den vermißten Vater meiner Frau weiß und weshalb drei Männer - vermutlich waren sie Geistliche - meine Frau und mich zu töten versucht haben.«
»Sie sagen, Sie hätten diese Männer für Geistliche gehalten?«
»Ja, sie trugen denselben Ring wie der Mann, der Sie eben angegriffen hat - einen Rubinring mit dem Zeichen des Kreuzes und des Schwertes.«
10
Drew konnte seine Überraschung nicht verbergen. »Sie wissen von der Bruderschaft?«
Der Fremde war Ende dreißig, groß und kräftig gebaut, er hatte dunkles Haar, ein markantes Gesicht und einen dunklen Teint.
Für einen Moment bildete Drew sich ein, den Mann schon einmal gesehen zu haben, wenn er sich auch nicht mehr erinnern konnte, bei welcher Gelegenheit dies gewesen sein sollte.
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