Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon
sagte Bituitos. »Ich weiß, dass die Königin große Achtung vor dir hat. Kannst du im Namen meines Herrn mit ihr sprechen? Er beklagt sich nicht, aber wir wissen alle, dass er leidet. Es könnte ja sein, dass ein anderer Mann sie genommen hat, aber er wird nichts tun, nichts sagen, wenn sie nicht von allein davon anfängt.«
Lhiannon nickte. »War er immer so still?«
Bituitos runzelte die Stirn. »Verglichen mit seinen Brüdern war er immer der Stille. Aber nein, so still war er nie. Er hat seine Lebensfreude verloren, als seine erste Frau mit dem Kind gestorben ist. Und dann hat er auch noch all seine Brüder verloren – es war schwer für ihn.«
»Ich hätte eigentlich gedacht, dass das geteilte Leid die beiden näher zusammenbringt, nachdem sie ihren Sohn verloren haben …«, meinte Lhiannon.
»Ich glaube, das hat sie eher auseinandergebracht«, murmelte der Krieger.
Sie betrachtete ihn schweigend. Es war gut zu wissen, dass der König ein Mann war, dem seine eidlich verbundenen Krieger nicht nur der Pflicht wegen dienten, sondern aus Liebe.
»Tut mir leid«, sagte sie dann. »Ich weiß, dass du dein Blut vergießen würdest, um ihn zu schützen. Aber du kannst ihn nicht von den Wunden heilen, die er sich selbst zufügt. Davor kann ich auch die Königin nicht schützen. Vielleicht wird es besser zwischen den beiden, wenn das Kind da ist.«
»Mögen die Götter dafür sorgen. Ich glaube, es würde ihn umbringen, wenn erneut etwas schief liefe.« Bituitos sprach mit leiser Stimme. »Ich habe sein Gesicht gesehen, als er dachte, sie stirbt wie seine andere Frau.«
Er nahm Haltung an, und da sah Lhiannon, dass Prasutagos durch das Tor kam und noch immer mit dem alten Mann sprach. Wenn er lachte, hatte er ein ganz anderes Gesicht. Doch als seine Männer begannen, die Pferde zu satteln, kam er auf Lhiannon zu, und seine Züge veränderten sich wieder, wurden steif und ungerührt.
»Priesterin, ich bin froh, dass du da bist. Ich würde Boudicca niemals zwingen, wieder zurück nach Eponadunon zu kommen, aber ich habe mir Sorgen um sie gemacht, so ohne jemanden, der auf sie aufpasst und den Haushalt macht, wenn sie es nicht kann. Lass mich wissen, wenn es irgendetwas gibt, das sie braucht.«
Sie hätte diese Worte wohl nur als pflichtgemäße Phrasen gedeutet, wenn sie nicht zuvor mit dem Krieger gesprochen hätte; wenn sie nicht beobachtet hätte, wie Prasutagos aussah, wenn er lachte. Und sie nickte. Aber da blickte er sie schon gar nicht mehr an. Boudicca war aus dem Haus gekommen mit einem Abschiedstrunk in der Hand.
»Eine gute Reise wünsche ich dir, mein König«, sagte sie.
»Der Segen der Großen Mutter sei mit dir, meine Königin«, antwortete er leise und fügte flüsternd hinzu: »Und mit dem Kind …«
Als der König samt Gefolge fort war, schien das Gehöft sehr still und farblos, als hätte er ein Stück vom Leben mit hinaus in die Welt genommen. Oder war es nur Boudicca, die plötzlich kreidebleich aussah?
An diesem Abend ging die Königin früh zu Bett, doch gegen Mitternacht wachte Lhiannon auf und hörte sie weinen. Ganz leise schob sie den Vorhang beiseite und kniete sich neben ihre Schlafstatt.
»Schsch, meine Liebe, was ist denn mit dir? Hast du Schmerzen?«
Boudicca beruhigte sich, schluchzte und drehte sich weg. »Nur in meinem Herzen«, wisperte sie. »Und daran sollte ich ja mittlerweile gewöhnt sein.«
Behutsam kroch Lhiannon neben sie, legte einen Arm um sie, zog sie an sich, sodass Boudicca sich an ihre Schulter schmiegen konnte.
»Es wird alles gut … es wird alles wieder gut, meine Liebe.«
Boudicca stieß einen langen Seufzer aus, und mit ihm wich auch die Spannung ein wenig aus ihrem Körper. »Ich war so glücklich, als ich das erste Mal schwanger war. Doch dieses Mal habe ich Angst. Was, wenn ich auch dieses Kind verliere?«
Genau davor hatte auch Prasutagos Angst. Lhiannon strich ihr über das Haar, das in dichten Locken über Boudiccas Stirn hing. »Dein Mann …« Lhiannon suchte langsam nach Worten, doch Boudicca zuckte zurück.
»Er kam, um nach seiner Stute zu sehen. Vielleicht lässt er mich nun, da er weiß, dass ich wieder schwanger bin, erst recht allein.«
Eher das Gegenteil, dachte Lhiannon bei sich, aber es war noch nicht der richtige Zeitpunkt, ihr das zu sagen. »Mach dir nichts draus. Ich werde auf dich aufpassen.«
Boudicca seufzte und kuschelte sich wieder an sie. Lhiannons Herz verging vor Mitleid für sie und auch für ihren Gemahl, aber
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