Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon
es fühlte sich seltsam wohlig an, diesen starken, jungen Körper in den Armen zu halten, in dem ein junges Leben reifte.
Und ich werde dich lieben, schwor sie sich im Stillen, und im Namen Brighids werde ich alles von dir fernhalten, was deinem Leben oder dem deines Kindes bedrohlich sein könnte.
Es war ein goldener Sommer. Während das Korn auf den Feldern reifte, spürte Boudicca ihren Bauch immer dicker werden. Und so wie ein Monat auf den anderen ohne Zwischenfall verging, ließen ihre Ängste langsam nach. Sie spürte Lhiannons Liebe wie einen Schutzschild, der sie umgab. Sie segnete ihre Felder, während die Männer die Ernte einbrachten, und war das lebendige Abbild der blühenden Mutter Erde, auf deren Feldern sie die letzten Garben banden.
Und als der neunte Monat ihrer Schwangerschaft begann, merkte sie, dass sie der Geburt mit Freuden entgegensah.
Sie ging gerade über den Hof mit einem Korb voller Küchenabfälle für die Hühner – die schwerste Last, die man sie tragen ließ –, als sie spürte, wie der vertraute Schmerz im unteren Rücken begann. Sie hielt an, biss sich auf die Lippen – sie hatte diese Schmerzen schon zuvor gespürt und damit den ganzen Haushalt in helle Panik versetzt. Aber immer hatten sie wieder aufgehört. Lhiannon sagte, der Mutterleib bereite sich langsam auf die Geburt vor, übe dafür wie ein Krieger für die bevorstehende Schlacht. Sie würden ihr sofort Bettruhe verordnen, wenn sie nun davon wüssten. Dabei spürte sie den Drang zu gehen – nicht weit, das war ihr klar, aber wenn sie in Hörweite blieb, dann könnte sie einmal um das Gehöft herumlaufen. Sie fütterte die Hühner und ging dann durch das Tor hinaus ins Feld.
Boudicca hatte es schon dreimal umrundet und von Zeit zu Zeit innegehalten, um eine Wehe zu veratmen, bis sie schließlich merkte, dass Lhiannon neben ihr ging.
»Hat es angefangen?«, fragte die Priesterin.
Boudicca nickte, keuchte ein wenig, als eine weitere Wehe durch ihren Bauch wogte. »Bitte, zwinge mich nicht, ins Haus mitzukommen …«
»Auch wenn ich selbst noch kein Kind bekommen habe, so habe ich schon bei vielen Geburten geholfen«, antwortete Lhiannon ein wenig säuerlich. »Lehne dich gegen meine Schulter, wenn dir danach ist, und gehe so lange, bis du nicht mehr kannst.«
Das half, doch als es so weit war, dass Boudicca keine zwei Schritte mehr gehen konnte, ohne sich tief hinunterbeugen zu müssen, ließ sie sich doch ins Haus führen. Während Nessa ihr beim Ausziehen behilflich war, drehte sie sich zu Lhiannon.
»Lass meinen Gemahl holen. Er sollte hier sein … um zu sehen … was er angerichtet hat.«
»Er ist unten beim Pferdeschrein«, sagte Temella ganz aufgeregt und ungeduldig. »Er hat sich auf dem Gehöft von Palos und Chandra einquartiert.«
»Verfluchter Kerl«, flüsterte Boudicca. »Spioniert mir nach!« Doch im nächsten Augenblick spürte sie, wie starke Hände sie fest um den Bauch fassten, sodass sie keinen Atem mehr hatte, um weiterzusprechen.
Als sie ihren ersten Sohn geboren hatte, waren die Wehen stechend und heftig gewesen, hatten aber nicht lange gedauert, wie sie jetzt feststellte. Sie kämpfte tapfer, ihr Bewusstsein kam und ging mit den Wehen. Während einer Wehenpause hörte sie Prasutagos’ Stimme und rief seinen Namen. Als dann die nächste Wehe vorüber war, sah sie ihn neben ihr sitzen. Im flackernden Schein der römischen Lampe, die vom Kreuzbalken an der Decke hing, konnte sie sein Gesicht erkennen, unbewegt wie das Bildnis eines Gottes.
»Sieh, was du mir angetan hast! Du mit deinem steinernen Gesicht! Kümmert dich denn überhaupt irgendwas?« Sie merkte, dass sie dummes Zeug brabbelte, konnte aber weder aufhören noch ihre Worte kontrollieren. Sie schlug wild um sich, und er packte ihre Hände. Sie hängte sich an ihn, keuchte, und als der Schmerz vorbei war, fing sie an, ihn erneut zu verfluchen. Die Anwesenheit von Lhiannon und den anderen, die kamen und gingen, nahm sie kaum wahr, doch Prasutagos war der Fels, an den sie sich klammerte.
»Warum bist du damals nicht gekommen? Ich fror, litt Schmerzen, und du bist einfach nicht gekommen …«, flüsterte sie, als sie zwischendurch Atem schöpfte, und sah, wie er die Augen schloss vor Schmerz. Doch als er sie wieder öffnete und sie anblickte, hatte er sich gefasst.
»Ich bin doch da …«, sagte er ruhig. »Boudicca, ich bin da.«
»Ja …«, sagte sie erstaunt. »Dann bleib auch da …« Plötzlich keuchte sie. Es tat noch
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