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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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immer weh, aber diesmal war es anders. Mühsam richtete sie sich auf.
    »Es ist so weit«, sagte Nessa, die schon mehr Kinder das Licht der Welt hatte erblicken sehen als Lhiannon. Dennoch trat jetzt die Priesterin von hinten an Boudiccas Bett und umfasste sie, während Prasutagos an ihren Händen zog.
    Boudicca stöhnte, und plötzlich waren Körper und Seele wieder beieinander. Sie drückte fest, immer wieder, wurde nach hinten und nach vorn gerissen, aber das war egal. Und mit einem Schrei wie in einer Schlacht kämpfte sie sich dem Ziel entgegen, bis das Kind, rothaarig, blutig und bereits schreiend, schließlich in Nessas wartende Hände glitt.
    Eine Zeit lang war ihre Erleichterung darüber so groß, dass Boudicca sich kaum kümmerte, was danach geschah, solange sie nur das kräftige Schreien ihres Kindes hörte. Doch bis die Frauen es gewaschen, bekleidet und das Bett neu bezogen hatten, waren die Schreie verstummt, und sie hörte ein leises Wiegenlied.
    Es war Prasutagos, der sang, neben ihr saß und das schlafende Kind in seinen Armen hielt. Seine Hände sahen zerkratzt und zerschrammt aus, und er hatte dunkle Ringe unter den Augen. Wenigstens, so dachte sie trotzig, hatte auch er gelitten.
    »Ich würde sie gerne Rigana nennen«, sagte er gedankenvoll. »Sie sieht aus wie meine Mutter in alten Jahren.«
    »Was hast du denn gedacht? Wem sollte sie denn sonst ähnlich sehen – Pollio?«
    »War nur so ein Gedanke, hätte ja sein können.« Er hielt den Blick auf den Säugling geheftet. »Ich würde dir keine Vorwürfe machen.«
    »Ach, keine?«, blaffte sie. »Das hast du aber nicht gesagt in jener Nacht, als sie gezeugt wurde. Das Kind ist von dir«, fügte sie hinzu, »falls es dich kümmern sollte …«
    Eine Röte flog über sein Gesicht, und er sah hinunter auf das Kind in seinen Armen.
    »Schon eigenartig, dass ein solches Wunder die Frucht meiner Dummheit sein soll. Aber vielleicht ist sie ja gerade deshalb eine kleine Kämpferin …« Seine Stimme senkte sich. »Und sie wird leben …«
    »Und mir hast du gar nichts zu sagen?« Tut es dir wenigstens leid?, sprach ihre innere Stimme weiter, und sie wunderte sich, dass er sie nicht hören konnte.
    »Tut mir leid … so vieles tut mir leid. Ich habe dir nie gesagt …« Er schloss die Augen, und mit einem Mal fühlte sie, was er sagen wollte. »Ich hatte Angst. Du weißt, ich hatte schon einmal eine Frau, die starb … als sie in den Wehen lag. Als ich sah, dass du schwanger bist, habe ich mein Herz gewappnet, um nicht noch einmal verletzt zu werden.«
    »Und dann ist das Kind gestorben.« Boudiccas Stimme war tonlos. Sie war noch nicht so weit, ihm verzeihen zu können, aber sie begann zu verstehen. Aber ich bin auch verletzt und noch nicht so weit, meinen Schutzschild abzulegen, dachte sie.
    »Schweigen wird schnell zur Gewohnheit«, sagte er dann. »Aber ich werde mir Mühe geben.«
    Glucksend vor Freude, es geschafft zu haben, krallte Rigana ihre rundlichen Finger in Bogles Fell und zog sich daran hoch, während Nessa das Geschehen genauestens verfolgte. Sie schien sich nicht ganz sicher, ob der große Hund nicht vielleicht doch noch tollend herumfuhr und das Kind wieder abschüttelte. Es war kaum ein Jahr her, da war Bogle selbst noch ein Welpe gewesen. Doch seit das Kind da war, schien er es als Erweiterung von Boudicca zu betrachten und ließ sich geduldig alles gefallen. Sobald die kleinen Fingerchen greifen konnten, hatten sie sich in Bogles Fell vergraben. Und sobald das Baby krabbeln konnte, wurde Bogle zum Klettergerüst. Und nun, da es bald laufen konnte, musste er als praktische Haltestütze herhalten und bleckte die Zähne, um jeden Fremden zu vergraulen, der es wagte, sich zu nähern.
    Und Fremde gibt es am heutigen Tag mehr als genug, dachte Lhiannon im Stillen, während sie Wolle um ihren Spinnrocken wickelte und spann. Hinter dem Zaun überwucherten Zelte und Hütten das Stoppelfeld, da immer mehr Stämme der nördlichen Icener zur Herbstratsversammlung und zum Pferdemarkt eintrafen. Die Römer beklagten, dass es den Britanniern an Zivilisation mangele, da sie keine Städte hatten, doch bei diesem Anblick wurde ihr klar, dass die Versammlungen das keltische Gegenstück dazu waren. Händler verkauften Kleider, Schmuck und Lederschuhe sowie jede Menge Kupfer und römisches Glas. Schmiede und Holzarbeiter übten ihr Handwerk aus. Vieh, das Fleisch und Milch gab, graste mit den Pferden, die der Grund für diese Zusammenkunft waren.
    Es war

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