Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
herzhaft hinein. »Wirklich, es ist alles so neu und fremd. So vieles ist geschehen… seit… seit…« Ihm versagte die Stimme. »Ich denke unaufhörlich an dich, Morgaine. Ich kann einfach nichts dagegen tun. Es stimmt, was ich gesagt habe, Morgaine… ich werde dich mein ganzes Leben nicht vergessen, denn du warst die erste. Ich werde immer an dich denken und dich lieben…«
Sie wußte, sie sollte etwas Hartes und Verletzendes sagen. Statt dessen klangen ihre Worte freundlich, aber kühl: »Du darfst nicht auf diese Weise an mich denken. Für dich bin ich keine Frau, sondern eine Vertreterin der Göttin. Es ist Gotteslästerung, wenn du an mich denkst, als sei ich nur eine sterbliche Frau. Vergiß mich und erinnere dich an die Göttin.«
»Ich habe es versucht…« Artus brach ab und ballte die Fäuste. Dann sagte er: »Recht hast du. So muß man es sehen… es ist nur eines der vielen merkwürdigen Dinge, die mir widerfahren sind, seit man mich vom Hofe des Ectorius geholt hat. Geheimnisvolle, magische Dinge… wie die Schlacht mit den Sachsen…« Er streckte den Arm aus und schob den Ärmel seines Gewandes zurück. Sie sah einen Verband, dick mit Harz bestrichen, das bereits schwarz geworden war. »Ich wurde verwundet. Aber es war alles wie ein Traum. Meine erste Schlacht. König Uther…« Er senkte den Kopf und schluckte. »Ich kam zu spät. Er lebte nicht mehr. Er lag aufgebahrt in der Kirche, und seine Waffen lagen neben ihm auf dem Altar… Man sagte mir, es sei Brauch, daß die Waffen eines tapferen Ritters Wache bei ihm halten, wenn er im Feld geblieben ist. Und dann, noch während der Priester das
Nunc Dimittis
sang, läuteten die Glocken. Die Sachsen griffen an! Die Wachposten kamen in die Kirche gelaufen und rissen dem Mönch, der die Totenglocke läutete, die Seile aus der Hand. Alle Männer des Königs griffen nach ihren Waffen und eilten hinaus. Ich hatte kein Schwert, nur meinen Dolch. Aber ich riß einem Soldaten den Speer aus der Hand. Meine erste Schlacht, dachte ich. Aber dann sagte Cai – mein Ziehbruder Cajus, der Sohn des Ectorius –, er habe sein Schwert in der Unterkunft liegenlassen und ich solle es ihm schnell bringen. Ich wußte, es war nur eine Ausrede, um mich vom Kampf fernzuhalten. Cai und mein Pflegevater meinten, ich sei für die Mutprobe nicht alt genug. Anstatt zur Unterkunft zurückzulaufen, ging ich in die Kirche und nahm das Schwert des Königs von der Bahre… Er hat zwanzig Jahre lang damit gegen die Sachsen gekämpft und wäre sicher froh gewesen zu wissen, daß es wieder gebraucht wurde, anstatt nutzlos auf einem alten Stein zu liegen. Ich rannte also davon und wollte es Cai geben, während wir uns alle sammelten, um den Angriff abzuwehren. Dann sah ich den Merlin, und er fragte mit der lautesten Stimme, die ich je gehört habe: ›Woher hast du dieses Schwert, Junge?‹ Ich war wütend, weil er mich
Junge
nannte, nach allem, was ich auf der Dracheninsel vollbracht hatte. Und ich erwiderte, es sei ein Schwert, um damit gegen die Sachsen zu kämpfen und nicht um auf alten Steinen herumzuliegen. Dann tauchte Ectorius auf. Er sah mich mit dem Schwert in der Hand, und plötzlich knieten beide, er und Cai, vor mir nieder… einfach so. Ich kam mir seltsam vor und sagte zu ihm: ›Vater, warum kniet Ihr und zwingt meinen Bruder dazu? Steht doch auf, das ist schrecklich.‹ Und der Merlin sagte mit seiner donnernden Stimme: ›Er ist der König. Es ist nur recht, daß er das Schwert trägt.‹ Und schon tauchten die Sachsen auf den Mauern auf.
Wir hörten ihre Hörner, und es blieb keine Zeit, über Schwerter oder über etwas anderes zu reden. Cai packte den Speer; ich umklammerte das Schwert, und wir stürmten los. Ich weiß nicht mehr viel von dem Kampf… ich glaube, das ist immer so. Cai wurde verwundet … er bekam einen schweren Hieb ins Bein. Später, als der Merlin meinen Arm verband, sagte er mir, wer ich wirklich bin, das heißt, wer mein Vater war. Ectorius kam, kniete vor mir nieder und sagte, er wolle mir ein ebenso treuer Ritter sein wie meinem Vater und dem Ambrosius. Das machte mich sehr verlegen… das einzige, worum er mich bat, war, daß ich Cai zum Hofmarschall ernenne, wenn ich meinen Thron bestiegen habe. Und natürlich versprach ich ihm das gerne… schließlich ist Cai mein Bruder. Ich meine, ich werde in ihm immer meinen Bruder sehen. Es gab ein großes Staunen wegen der Sache mit dem Schwert. Aber der Merlin kündete allen Königen, es sei
Weitere Kostenlose Bücher