Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
ihm vorgezogen; ja, der jüngere Bruder wurde Großkönig! Und er mußte feststellen, daß dieser Bruder zwei Freunde hatte, denen er sein Herz schenkte.
Artus sagte: »Wenn in diesem Land Frieden herrscht, werden wir für euch alle Frauen und Burgen finden. Aber Ihr, Cai, sollt als Hofmarschall meine Burg halten.«
»Damit bin ich zufrieden, Ziehbruder… vergebt, ich sollte ›mein Gebieter und König‹ sagen…«
»Nein«, rief Artus, drehte sich um und umarmte Cai. »Gott soll mich strafen, wenn ich das je von dir verlange, Bruder.«
Igraine schluckte. »Wenn du so sprichst, Artus, glaube ich manchmal, die Stimme deines Vaters zu hören.«
»Ich wünsche um meinetwillen, Mutter, ich hätte ihn wirklich gekannt. Aber ich weiß auch, daß ein König und eine Königin nicht immer handeln können, wie sie wollen.« Er ergriff Igraines Hand und küßte sie. Morgaine dachte:
Soviel vom Königsein hat er also bereits gelernt.
»Ich vermute«, sagte Igraine, »man hat Euch bereits nahegelegt zu heiraten.«
»O ja«, erwiderte Artus achselzuckend, »vermutlich hat jeder Edle eine Tochter, die er gern dem Großkönig zur Frau zu geben gedenkt. Ich glaube, ich werde den Merlin fragen, welche ich wählen soll.«
Sein Blick suchte Morgaine, und einen Augenblick lang lag in ihnen eine große Verwundbarkeit. »Schließlich weiß ich nicht viel über Frauen.«
Lancelot sagte heiter: »Oh, dann müssen wir für Euch die schönste und edelste Dame des ganzen Reiches finden.«
»Nein«, widersprach Cai nachdenklich, »Artus sagt sehr verständig, daß für ihn alle Frauen gleich sind. Also suchen wir ihm die Dame mit der größten Mitgift.«
Artus lachte leise. »Dann überlasse ich Euch die Wahl, Cai, und werde zweifellos ebenso gut verheiratet wie gekrönt sein. Ich schlage vor, Ihr beratet Euch mit dem Merlin. Sicher wird Seine Heiligkeit der Erzbischof auch ein Wort dazu zu sagen haben. Und wie steht es mit Euch, Morgaine? Soll ich Euch einen Gemahl suchen oder wollt Ihr eine der Hofdamen meiner Königin werden? Wer sollte in meinem Reich höherstehen als die Tochter meiner Mutter?«
Morgaine gelang es zu antworten: »Mein Gebieter und König, ich bin in Avalon zufrieden. Bitte bemüht Euch nicht, mir einen Gemahl zu suchen.«
Nicht einmal,
dachte sie heftig,
nicht einmal, wenn ich schwanger bin! Nicht einmal dann!
»Wie Ihr wünscht, Schwester. Aber sicher wird Seine Heiligkeit etwas dazu zu sagen haben… er beharrt darauf, daß alle Frauen von Avalon böse Zauberinnen oder Harpyien sind.« Morgaine gab keine Antwort, und Artus blickte beinahe schuldbewußt zu den anderen Königen und den Ratgebern hinüber. Der Merlin sah ihn an, und Artus sagte: »Wie ich sehe, ist die Zeit zerronnen, die mir bleibt, um mich mit meiner Mutter, meiner Schwester und meinen Rittern zu befassen. Meine Pflicht als König ruft mich, Herrin.« Er verabschiedete sich mit einer leichten Verbeugung von Igraine, mit einer förmlicheren von Morgause, aber als er vor Morgaine stand, beugte er sich vor und küßte sie auf die Wange. Sie erstarrte.
Große Mutter! Göttin! Wir haben alles durcheinandergebracht. Er sagte, er wird mich immer lieben und sich nach mir sehnen… das ist das einzige, was er nicht darf! Oh, wenn es doch Lancelot wäre…
Sie seufzte; Igraine trat zu ihr und nahm ihre Hand. »Du mußt müde sein, meine Tochter. Das lange Sitzen in der Sonne heute morgen hat dich wohl erschöpft. Bist du sicher, du würdest nicht lieber mit mir zurück ins Kloster gehen? Dort ist es ruhig… Nein? Nun gut, Morgause, nimm sie mit in deine Unterkunft.«
»Ja, liebe Schwester, geht und ruht Euch aus.« Morgaine sah den jungen Männern nach, die sich entfernten. Taktvoll ging Artus nicht schneller als der hinkende Cai.
Morgaine kehrte mit Morgause in das Zelt zurück. Sie war müde, aber sie mußte aufmerksam und höflich zuhören, während Lot von einem Plan berichtete, über den Artus gesprochen hatte – der gepanzerte Kampf zu Pferd, eine Art Angriff, mit der man bewaffnete Banden sächsischer Räuber und Fußtruppen mit Sicherheit zersprengen würde. Die wilden Horden waren es nicht gewöhnt, gegen geschulte Reiter zu kämpfen.
»Der Junge ist ein Meister der Kriegskunst«, sagte Lot anerkennend. »Es kann gelingen. Schließlich ist es den Pikten, Schotten und den Stämmen durch Vorstöße kleinerer Verbände aus dem Hinterhalt gelungen, die Legionen aufzureiben. Zumindest hat man mir es so erzählt… die Römer kannten nur den
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