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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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den Priesterinnen auf.
    Morgause hatte ebenfalls als Vivianes Pflegetochter bis zum zwölften Jahr in Avalon gelebt.
    Morgause sah sie gutmütig an. »Ja, ja… ich glaube, jede Frau hat bei ihrem ersten Kind solche Gedanken… sie fühlt sich wie in einer Falle. Sie ist zornig. Denn es geschieht mit ihr etwas, das sie nicht ändern kann, etwas, vor dem sie sich fürchtet. Ich weiß, es war so bei Igraine, auch bei mir, und ich glaube, es ist bei keiner Frau anders.« Sie streckte die Arme aus und drückte Morgaine an sich. »Aber die Göttin ist freundlich, Liebste. Das Menschlein wächst schnell in dir, und die Göttin weckt in deinem Herzen die Liebe für das Kind… selbst wenn dir nichts an seinem Vater liegt. Liebes, ich wurde mit fünfzehn Jahren einem weit älteren Mann zur Frau gegeben. An dem Tag, an dem ich wußte, daß ich ein Kind in mir trug, war ich sogar bereit, mich ins tosende Meer zu stürzen… ich glaubte, es sei das Ende meiner Jugend, das Ende meines Lebens. Aber, aber, weine nicht…«, fügte sie besorgt hinzu und streichelte Morgaines weiche Haare. »Es wird dir bald bessergehen. Ich trage auch nicht gerne einen dicken Bauch mit mir herum. Aber das geht vorbei. Und ein Kind an der Brust bringt dir ebensoviel Freude wie das Schwangersein Last; ich habe vier geboren und hätte wirklich nichts gegen ein fünftes. Ich habe oft gewünscht, einer meiner Söhne wäre eine Tochter. Wenn du das Kind nicht in Avalon haben willst, ich ziehe es für dich auf… was hältst du davon?«
    Morgaine schluchzte tief auf und hob den Kopf von Morgauses Schulter. »Es tut mir leid… dein schönes Gewand ist naß von meinen Tränen.«
    Morgause erwiderte achselzuckend: »Wenn nichts Schlimmeres damit geschieht… siehst du? Die Übelkeit geht vorüber, und für den Rest des Tages geht es dir gut. Glaubst du, Viviane würde dir erlauben, mich zu besuchen? Du kannst mit uns nach Lothian zurückkehren, wenn du willst… du kennst die Orkney-Inseln nicht, und eine Luftveränderung wird dir sicher guttun.« Morgaine bedankte sich, sagte aber, sie müsse nach Avalon zurück und vor ihrer Abreise Igraine Lebewohl sagen. »Ich rate dir, ziehe sie nicht ins Vertrauen«, sagte Morgause. »Deine Mutter ist so gläubig geworden, daß sie entsetzt wäre… oder es für ihre Pflicht hielt, es zu sein.«
    Morgaine lächelte schwach. Sie hatte nicht die Absicht, sich Igraine anzuvertrauen oder überhaupt einem Menschen. Ehe Viviane es wissen konnte, würde nichts mehr sein, was es zu wissen gab. Sie war Morgause für ihr Wohlwollen und ihren guten Rat dankbar. Doch sie dachte nicht daran, ihn zu befolgen. Morgaine sagte heftig zu sich selbst, es sei ihr Recht, selbst zu entscheiden. Sie war eine Priesterin, und was immer sie tat, mußte allein sie verantworten. Der Abschied von Igraine dauerte lange und wurde mehr als einmal von diesem schrecklichen Gebimmel unterbrochen, das die Nonnen zu ihren Pflichten rief. Gequält dachte Morgaine die ganze Zeit über, daß Morgause mehr der Mutter glich, an die sie sich erinnerte, als Igraine, die ihr alt, hart und fromm erschien. Erleichtert verabschiedete sie sich schließlich. Sie wußte, die Rückkehr nach Avalon war ein Zurück nach Hause. Sie hatte kein anderes Zuhause mehr auf dieser Welt.
    Aber wenn Avalon nicht mehr ihre Heimat war? Was dann?

19
    Morgaine verließ frühmorgens leise das Haus der Jungfrauen und lief in das Sumpfgebiet hinter dem See. Sie umging den Berg und erreichte ein Wäldchen. Mit etwas Glück fand sie hier, was sie brauchte, ohne in den Nebeln herumirren zu müssen. Sie wußte, was sie suchte: eine bestimmte Wurzel, die Rinde eines Strauchs und zwei Kräuter. Sie wuchsen alle auf Avalon. Sie hätte die Dinge aus den Vorratsräumen im Haus der Jungfrauen nehmen können, würde aber dann erklären müssen, was sie damit wollte, und das galt es zu vermeiden. Sie wollte weder den gutmütigen Spott noch das Mitgefühl der anderen Frauen. Lieber machte sie sich selbst auf die Suche.
    Morgaine verstand etwas von Kräutern und war eine gute Hebamme. Sie brauchte sich niemandem anzuvertrauen. Eines der Kräuter wuchs im Garten, und sie hatte es unbemerkt gepflückt. Die anderen wuchsen wild. Sie war bereits eine beachtliche Strecke gegangen, als ihr auffiel, daß sie die Nebelfelder immer noch nicht erreicht hatte. Sie sah sich um und stellte fest, daß sie diesen Teil von Avalon nicht kannte… doch das war nichts als Wahnsinn! Lebte sie doch seit zehn Jahren oder

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