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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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bin ich ihm dankbar, und er mußte nie auch nur im geringsten daran zweifeln, daß er etwa den Sohn eines anderen Mannes an den Waffen üben läßt. Aber das bedeutet nicht, daß ich blind zu sein habe, wenn ein Jüngling mir gefällt und Schultern wie ein Stier hat, oder… wenn er ein Auge auf seine Königin wirft.«
    Ich zweifle nicht,
dachte Morgaine mit leichtem Widerwillen,
daß Morgause dies alles als große Tugend betrachtet und sich für eine sehr tugendhafte Königin hält.
Zum ersten Mal seit vielen Jahren war sie verwirrt; sie wußte wohl, man konnte Tugend nicht so einfach definieren. Die Christenmenschen hielten Keuschheit für das höchste Gut der Frau; in Avalon dagegen galt als höchste Tugend das Einssein des eigenen Körpers mit dem Gott oder der Göttin im Einklang zur Natur. In beiden Fällen war die Tugend des anderen schwärzeste Sünde und Undank dem eigenen Gott gegenüber. Wenn der eine Glaube recht hatte, mußte der andere notwendigerweise das Böse lehren. Morgaine erschien es, als ob die Christen das heiligste aller Dinge unter dem Himmel ablehnten. In ihren Augen wäre sie selbst nicht viel besser als eine Hure gewesen. Wollte sie den Christen den Beischlaf anläßlich der Feldfeuer als heiligen Dienst an der Göttin darstellen, würde selbst Igraine, die in Avalon aufgewachsen war, sie entsetzt anstarren und glauben, ein böser Geist spreche aus ihr.
    Morgaine wendete den Blick den jungen Männern zu, die sich ihnen näherten: der blonde Artus mit den blaugrauen Augen, der schlanke, anmutige Lancelot und der große rothaarige Gawain, der die anderen überragte wie ein Stier ein Paar edle spanische Pferde. Artus trat auf die Frauen zu und verbeugte sich vor seiner Mutter.
    »Meine Herrin.« Er korrigierte sich: »Mutter. Ist dieser Tag Euch lang geworden?«
    »Nicht länger als Euch, mein Sohn. Setzt Euch zu mir.«
    »Für einen Augenblick, Mutter.« Er nahm neben ihr Platz und griff gedankenverloren nach ein paar Spezereien, die Morgaine auf ihrem Teller beiseite geschoben hatte. Dies rief der Schwester wieder ins Gedächtnis, wie jung der Bruder war. Er kaute an einem Stück Mandelkuchen und fragte: »Mutter, wollt Ihr wieder heiraten? Wenn ja, suche ich Euch den reichsten… und den liebenswürdigsten König als Gemahl. König Uriens von Nordwales ist Witwer geworden. Bestimmt wäre er über eine gute Frau nur allzu glücklich.«
    Igraine lächelte: »Ich danke Euch, lieber Sohn. Aber nachdem ich Gemahlin des Großkönigs war, möchte ich nicht die Frau eines Geringeren sein. Und ich habe Euren Vater sehr geliebt. Ich möchte ihn nicht durch einen anderen ersetzen.«
    »Es soll geschehen, wie Ihr wünscht, Mutter«, erklärte Artus, »ich habe nur befürchtet, Ihr würdet einsam sein.«
    »Es ist schwer, in einem Kloster in Gesellschaft anderer Frauen einsam zu sein, mein Sohn. Und es gibt Gott.«
    Morgause sagte: »Lieber würde ich in einer Einsiedelei tief im Wald leben als in einem Gotteshaus voll schnatternder Damen. Wenn Gott tatsächlich dort weilt, muß es ihm schwerfallen, wenigstens einmal zu Wort zu kommen!«
    Einen Augenblick lang sah Morgaine die lebhafte Mutter ihrer Kindheit wieder vor sich, als Igraine der Schwester entgegnete: »Ich denke, er wird wie jeder Hahn im Hühnerhof die meiste Zeit damit verbringen, seinen Bräuten zuzuhören… aber wenn jemand wirklich ernsthaft Gottes Stimme lauscht, ist sie nicht so weit entfernt, wie du denkst. Bist du jemals ruhig genug gewesen, ihn zu hören, Morgause?«
    Lachend gab Morgause durch einen Wink zu erkennen, daß sie den Treffer hinnahm. »Und wie steht es mit Euch, Lancelot?« fragte sie, verführerisch lächelnd. »Seid Ihr schon versprochen oder vielleicht sogar vermählt?«
    Der Ritter schüttelte lachend den Kopf. »O nein, Tante. Mein Vater, König Ban, würde zweifellos eine Frau für mich finden. Aber noch wünsche ich, an der Seite meines Königs zu sein und ihm zu dienen.«
    Artus sah lächelnd zu seinem Freund auf und klopfte ihm auf die Schulter. »Meine beiden starken Vettern hier werden mich wohl behüten… sicher ebenso gut wie einen der alten Cäsaren.«
    Igraine sagte leise zu ihm: »Artus, ich glaube, Cai ist eifersüchtig. Sagt auch ihm etwas Freundliches.« Morgaine hörte ihre Worte und blickte auf den mißmutig blickenden Cai mit der Narbe. Es war sicher nicht leicht für ihn. Er hatte Artus jahrelang für einen unbedeutenden Zögling seines Vaters gehalten, und jetzt wurde sein jüngerer Bruder

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