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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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stürmisch wie jetzt. Ich war erst sechzehn, hatte große Angst und wußte nur wenig vom Kinderkriegen. Wie sehr habe ich damals gewünscht, ich wäre Priesterin geworden und in Avalon, oder an Uthers Hof, irgendwo auf der Welt geblieben und nie hierhergekommen. Ich verabscheute meinen aufgeblähten Körper. Mir war die ganze Zeit so schlecht, mein Rücken schmerzte, ich war allein, hatte nur Frauen um mich, die ich nicht kannte. Du wirst es nicht glauben, aber in diesem Winter nahm ich verstohlen meine alte Puppe mit ins Bett. Ich hielt sie im Arm und weinte mich jede Nacht in den Schlaf. So ein kleines Kind war ich damals! Du bist eine Frau, Morgaine.«
    Mit erstickter Stimme antwortete Morgaine: »Ich weiß, ich bin zu alt, um mich wie ein Kind zu benehmen…«, aber trotzdem drückte sie sich weiterhin fest an Morgause, und die Ältere streichelte ihr über das Haar.
    »Und das Kleine, das ich damals gebar, als ich selbst noch nicht erwachsen war, kämpft jetzt gegen die Sachsen«, fuhr sie fort. »Du wirst jetzt selbst ein Kind haben, und mit dir habe ich damals wie mit einer Puppe gespielt. Ach ja, das wollte ich dir noch erzählen. Marged, die Frau des Kochs, hat ihr Kind bekommen… deshalb waren heute morgen in der Grütze so viele Spelzen… jedenfalls wird eine Amme für dich zur Stelle sein. Obwohl… wenn du dein Kind erst einmal siehst, wirst du es bestimmt gern selbst ernähren wollen.«
    Morgaine machte eine abwehrende Geste, und Morgause lächelte. »Das dachte ich jedesmal, bevor meine Söhne geboren wurden. Wenn ich dann aber ihre kleinen Gesichter sah, wollte ich sie nicht mehr von mir lassen.« Sie spürte, wie die Jüngere sich verkrampfte.
    »Was ist, Morgaine?«
    »Mein Rücken schmerzt. Ich habe zu lange gesessen, das ist alles«, antwortete Morgaine. Sie stand auf und ging unruhig im Zimmer hin und her, während sie sich mit den Händen den Rücken hielt. Morgause beobachtete sie nachdenklich. Ja, seit einigen Tagen hatte sich ihr Bauch leicht gesenkt. Es konnte nicht mehr lange dauern. Sie mußte dafür sorgen, daß im Frauengemach frisches Stroh aufgeschüttet wurde, und sie sollte mit den Ammen sprechen, daß sie sich bereithielten.
    Lots Männer hatten in den Hügeln einen Hirsch erlegt. Man hatte das Tier gehäutet und ausgewaidet. Jetzt verbreitete sich der Geruch von bratendem Fleisch in der ganzen Burg. Selbst Morgaine lehnte eine Scheibe rohe, blutige Leber nicht ab – nach alter Sitte gab man sie den schwangeren Frauen.
    Morgause beobachtete, wie Morgaine vor Widerwillen das Gesicht verzog, wie sie es früher selbst getan hatte. Dennoch verzehrte Morgaine die Leber gierig, da ihr Körper nach Nahrung verlangte, selbst wenn ihr Kopf sich dagegen wehrte. Später, als das gebratene Fleisch in Stücken herumgereicht wurde, lehnte sie jedoch ab. Morgause nahm eine Scheibe und legte sie auf Morgaines Teller.
    »Iß das«, befahl sie. »Nein, Morgaine, du mußt mir jetzt gehorchen. Du kannst dich und das Kind nicht verhungern lassen.« »Ich kann nicht«, entgegnete Morgaine leise. »Mir wird übel. Leg es beiseite. Ich will es später versuchen.«
    »Was ist denn los?«
    Morgaine senkte den Kopf und murmelte: »Ich kann… kein Hirschfleisch essen. Ich aß es an Beltane, als… jetzt wird mir schon bei dem Geruch speiübel…«
    Es ist ein Kind der Beltanefeuer. Warum beunruhigt es sie so sehr? Es müßte doch eine schöne Erinnerung sein,
dachte Morgause und lächelte in Erinnerung an die Freiheiten, die man sich an Beltane nehmen konnte. Sie überlegte, ob Morgaine einem besonders rohen Mann in die Hände gefallen und möglicherweise vergewaltigt worden war – das würde ihren Zorn und die Verzweiflung über die Schwangerschaft erklären. Doch was geschehen war, ließ sich nicht ändern. Außerdem war Morgaine alt genug, um zu wissen, daß nicht alle Männer Rohlinge waren, selbst wenn sie einmal an einen geraten sein sollte, der nicht gerade sanft mit ihr umsprang oder wenig Erfahrung mit Frauen hatte.
    Morgause nahm ein Stück Haferbrot, tauchte es in den Bratensaft und sagte: »Dann iß dies wenigstens… es ist so nahrhaft wie Fleisch. Ich habe dir Hagebuttentee gekocht. Er ist säuerlich und wird dir schmecken. Ich weiß noch, wie ich mich nach sauren Dingen sehnte, wenn ich gebären sollte.«
    Morgaine aß folgsam; und Morgause glaubte zu sehen, daß der Schwester Gesicht ein wenig Farbe bekam. Sie verzog den Mund nach dem ersten Schluck Tee, trank ihn aber trotzdem gierig.

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