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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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schüttelte sie sanft und fragte: »Morgaine, Morgaine, bist du krank?«
    Morgaine blinzelte und schüttelte den Kopf. »Tut mir leid… Was hast du gesagt?«
    »Was
ich
gesagt habe? Was hast
du mir
gesagt?« wollte Morgause wissen. Da sah sie Morgaines todtraurigen Blick, und ihr rann ein Schauer über den Rücken. Sie streichelte die Hand der Jüngeren und verwarf ihre unheilvollen Worte als Wahn. »Ich glaube, du hast mit offenen Augen geträumt.« Sie wollte sich lieber nicht vorstellen, Morgaine habe einen Augenblick lang mit dem Gesicht gesehen. »Du mußt besser auf dich aufpassen. Du ißt kaum und schläfst nicht…«
    »Das Essen macht mich krank«, erwiderte Morgaine seufzend. »Wäre es doch Sommer, dann könnte ich mir Obst pflücken… heute nacht habe ich geträumt, ich esse einen Apfel aus Avalon…« Ihre Stimme zitterte, und sie senkte den Kopf, damit Morgause nicht die Tränen an ihren Wimpern sah. Sie ballte die Fäuste und unterdrückte das Weinen.
    »Wir alle können keinen gesalzenen Fisch und geräucherten Speck mehr sehen«, sagte Morgause, »wenn Lot etwas erlegt hat, mußt du von dem frischen Fleisch versuchen.« Sie wußte, Morgaine hatte in Avalon gelernt, Hunger, Durst und Müdigkeit zu übergehen. Und jetzt, während ihrer Schwangerschaft, wo sie weniger hart gegen sich sein sollte, setzte sie ihren ganzen Stolz darein, alles klaglos zu ertragen.
    »Du bist eine Priesterin, Morgaine. Dir macht das Fasten nichts aus. Aber dein Kind kann nicht Hunger und Durst leiden. Du bist viel zu dünn…«
    »Spotte nicht«, erwiderte Morgaine und wies auf ihren trächtigen, gewölbten Bauch.
    »Aber dein Gesicht und deine Hände sind nur noch Haut und Knochen«, ließ Morgause nicht locker. »Du darfst dich nicht so aushungern. Du hast ein Kind, und du mußt daran denken.«
    »Ich werde an sein Wohlergehen denken, wenn es an mich denkt!« entgegnete die Schwangere und stand plötzlich auf. Aber Morgause nahm ihre Hände und zog Morgaine wieder auf die Bank. »Mein liebes Kind, ich weiß, was du erleidest. Vergiß nicht, ich habe vier Kinder geboren. Die letzten Tage sind nach all den langen Monaten die schlimmsten.«
    »Wäre ich doch klug genug gewesen, es abzustoßen, als noch Zeit dazu war.«
    Morgause öffnete den Mund, um sie zurechtzuweisen, seufzte dann nur tief auf und sagte: »Jetzt ist es zu spät, um zu sagen, ich hätte es so oder so machen sollen. In zehn Tagen ist alles vorbei.« Sie zog ihren Kamm aus der Tunika und begann, Morgaines Zopf zu lösen.
    »Bitte nicht…«, sagte Morgaine unwillig und wich dem Kamm aus. »Ich werde es morgen selbst tun. Ich war zu müde, um daran zu denken. Aber wenn du mich nicht mehr so sehen kannst… gib mir den Kamm!«
    »Halt still,
lennavan«,
rief Morgause. »Weißt du nicht mehr, wie du in Tintagel gebettelt hast, daß ich dich kämme, weil deine Amme… wie hieß sie noch? … ach ja, Gwennis, dich immer so an den Haaren zog? Dann sagtest du immer: ›Tante Morgause soll mich kämmen!‹ Weißt du das noch?« Sie zog den Kamm durch das wirre Haar und glättete Strähne um Strähne. Dabei strich sie Morgaine liebevoll über den Kopf: »Du hast so schöne Haare.«
    »So dunkel und struppig wie die Mähne eines Ponys im Winter!«
    »Nein, so weich wie die Wolle eines schwarzen Schafs und so glänzend wie Seide«, entgegnete Morgause und fuhr mit dem Kamm durch das dunkle Haar. »Bleib sitzen. Ich will es dir flechten… Ich habe mir immer eine Tochter gewünscht, um sie hübsch anziehen und ihr die Haare flechten zu können… Aber die Göttin hat mir nur Söhne geschenkt. Nun mußt du eben meine kleine Tochter sein, die mich braucht, Morgaine…« Sie drückte den dunklen Kopf an ihre Brust, und Morgaine zitterte unter den Tränen, die nicht fließen konnten. »Komm, komm, Kleines, weine nicht. Es wird nicht mehr lange dauern. Es ist ja alles gut… du warst zu hart gegen dich selbst. Du brauchst eine Mutter, die sich um dich sorgt, mein kleines Mädchen…«
    »Es ist nur… hier ist es so dunkel… ich sehne mich so nach der Sonne…«
    »Im Sommer haben wir hier mehr als genug. Dann ist es selbst um Mitternacht noch hell«, erwiderte Morgause. »Deshalb bekommen wir im Winter so wenig.« Morgaine wurde immer noch von trockenem Schluchzen geschüttelt. Morgause drückte sie an sich und wiegte sie zärtlich. »Komm, komm, meine kleine
lennavan.
Ich weiß, wie's in dir aussieht… Ich bekam meinen Gawain mitten im Winter, und es war so dunkel und

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