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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Tür ging auf, ein eiskalter Wind wehte herein, und sie blickte hoch. Leicht vorwurfsvoll sagte sie: »Morgaine, dafür ist es doch viel zu kalt. Den ganzen Tag hast du dich über die Kälte beklagt, und jetzt willst du uns alle in Eiszapfen verwandeln.«
    »Ich habe mich nicht beklagt«, erwiderte Morgaine, »nicht mit einem einzigen Wort. Hier ist es so stickig wie auf dem Abtritt, und der Rauch beißt in den Augen. Ich brauche Luft zum Atmen… mehr nicht.« Sie zog die Tür zu, ging ans Feuer zurück und rieb sich zitternd die Hände. »Seit der Sommer vorbei ist, habe ich nur noch gefroren.«
    »Ich bezweifle es nicht«, entgegnete Morgause, »dein kleiner Gast da drinnen nimmt dir alle Wärme aus den Knochen. Er hat es warm und gemütlich, während seine Mutter friert. So ist es immer.«
    »Wenigstens ist die Wintersonnenwende schon vorüber. Es wird früher hell und später dunkel«, bemerkte eine der Hofdamen. »Vielleicht habt Ihr in zwei Wochen schon Euer Kind…«
    Morgaine antwortete nicht. Sie stand immer noch zitternd am Feuer und rieb sich die Hände, als ob sie schmerzten. Morgause dachte: Sie sieht aus wie ihr eigener Geist. Das Gesicht ist spitz, die Hände sind so knochig wie bei einer Toten. Welcher Gegensatz zu ihrem unförmigen Bauch! Unter den Augen hatte sie Ringe, und die Lider waren gerötet wie von ständigem Weinen. Aber in all den Monden, die Morgaine nun schon hier lebte, hatte Morgause nie gesehen, daß sie auch nur eine einzige Träne vergoß.
    Ich würde sie gerne trösten. Aber wie kann ich das, wenn sie nicht weint?
    Morgaine trug eines von Morgauses abgelegten Gewändern, ein verblichenes, fadenscheiniges, dunkelblaues Kleid, das viel zu lang war. Sie wirkte darin häßlich und beinahe schlampig, und es trieb Morgause fast zur Verzweiflung, daß ihre Nichte sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, den Saum umzunähen. Ihre geschwollenen Knöchel quollen über die Schuhe. Solche Schwellungen kamen von dem vielen gesalzenen Fleisch und dem spärlichen Gemüse zu dieser Jahreszeit. Alle brauchten etwas Frisches zu essen, doch das war bei diesem Wetter nicht leicht zu beschaffen. Vielleicht hatten die Männer Glück auf der Jagd, und sie konnte Morgaine überreden, etwas Fleisch zu essen. Nach vier Schwangerschaften wußte Morgause nur zu gut, daß man zuletzt fast verhungerte. Sie erinnerte sich, daß sie einmal in die Meierei gegangen war und von dem Lehm gegessen hatte, mit dem die Wände getüncht wurden. Damals ging sie mit Gawain schwanger. Eine alte Hebamme hatte ihr erzählt: Wenn eine Frau den Drang hat, so merkwürdige Dinge zu essen, hungert das Kind. Dann soll sie ihm geben, was es fordert. Vielleicht fand Morgaine am Bachrand ein paar frische Kräuter… danach sehnte sich jede Schwangere, besonders im tiefen Winter. Auch Morgaines schönes Haar hing ihr, nur unordentlich zu einem lockeren Zopf geflochten, auf die Schultern herab, als hätte sie es wochenlang nicht ausgekämmt. Jetzt wandte sie sich vom Feuer ab, griff nach dem Kamm, der auf einem Sims lag, nahm eines von Morgauses Hündchen hoch und begann es zu kämmen. Morgause dachte:
Du würdest besser dich selbst kämmen,
aber sie schwieg. In letzter Zeit war Morgaine so empfindsam geworden, daß man überhaupt nicht mit ihr reden konnte. So kurz vor der Geburt war das nur natürlich.
    Morgause beobachtete, wie die knochigen Hände den Kamm durch das dichte Hundefell zogen. Der kleine Köter winselte und bellte, und Morgaine sprach leise und beruhigend auf ihn ein. So freundlich war sie zur Zeit zu keinem Menschen.
    »Es kann nicht mehr lange dauern, Morgaine«, sagte Morgause sanft. »An Lichtmeß hast du sicher alles überstanden.«
    »Es kann mir nicht schnell genug gehen«, antwortete Morgaine, streichelte den Hund noch einmal kurz und setzte ihn auf den Boden. »Siehst du, jetzt bist du wieder hübsch und kannst dich bei den Damen sehen lassen… wie schön du bist mit deinem glatten Fell!«
    »Ich lege Holz nach«, sagte eine der Frauen, die Beth hieß. Sie packte Spindel und Rocken beiseite: »Die Männer werden bald zurück sein… es ist schon dunkel.« Sie ging hinüber zum Feuer, stolperte dabei über einen Stock und fiel beinahe in den Kamin.
    »Gareth, du Lausbub. Wann räumst du endlich deine Sachen auf?« Mit diesen Worten warf sie das Stöckchen ins Feuer. Der fünfjährige Gareth, der damit gespielt und leise mit ihm gesprochen hatte, erhob lautes Wutgeheul: »Das sind meine Soldaten!«
    »Es ist

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