Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
Ihr nicht, die Ihr erste Hofdame der Königin seid, und Lancelot nicht, der beste Freund unseres Königs. Ich hoffe, es wird noch dahin kommen.« Er sah sie mit freundlicher Besorgtheit an: »Ihr seid schon über das Alter hinaus, in dem Artus Euch einen Mann hätte geben sollen.«
Und warum ist es Aufgabe des Königs, mich einem Mann zu geben, als sei ich ein Pferd oder ein Hund?
dachte Morgaine, zuckte dann aber nur mit den Achseln. Sie hatte zu lange in Avalon gelebt und vergaß manchmal, daß die Römer es zum Gesetz erhoben hatten, Frauen wie Vieh zu behandeln. Die Welt hatte sich verändert; es war sinnlos, sich gegen etwas aufzulehnen, das sich nicht ändern ließ. Kurze Zeit später bahnte sie sich den Rückweg an die große Tafel – das Hochzeitsgeschenk von Konig Leodegranz. Die Halle in Caerleon war groß, aber für den Tisch nicht groß genug. An einer Stelle mußte sie sogar über die Bänke klettern, denn die Männer saßen so dicht an der Mauer. Auch die Pagen und Küchenjungen kämpften sich mit ihren dampfenden Platten und Krügen nur mühsam durch das Gedränge.
»Ist Kevin nicht hier?« fragte Artus. »Dann muß Morgaine für uns singen… Ich sehne mich nach dem Klang einer Harfe und einem feineren Leben. Ich wundere mich, warum die Sachsen nur Kriege zu führen wissen. Ich habe das gräßliche Heulen ihrer Sänger gehört. Vielleicht haben sie deshalb keinen Grund, am Herd zu sitzen!«
Morgaine bat einen von Cais Gehilfen, ihre Harfe aus der Kammer zu holen. Er mußte über die Bank steigen und verlor dabei das Gleichgewicht. Lancelot packte schnell zu, stützte ihn und verhinderte, daß der Junge mit dem Instrument zu Schaden kam. Artus sagte nachdenklich: »Es war von meinem Schwiegervater gut gemeint, mir diese große runde Tafel zu schenken, aber es gibt in Caerleon keine Halle, die groß genug dafür ist. Wenn die Sachsen endgültig vertrieben sind, werde ich wohl für die Tafel eine Halle bauen müssen.«
»Dann wird sie nie gebaut«, erwiderte Cai lachend. »Man könnte ebensogut sagen: ›Wenn Jesus wieder in die Welt kommt‹, oder ›Wenn in der Hölle Schnee fällt‹, oder ›Wenn an den Apfelbäumen von Glastonbury Himbeeren wachsen‹.«
»Oder wenn König Pellinore seinen Drachen erlegt hat«, warf Meleas ein und kicherte.
Artus lächelte: »Ihr dürft Euch über Pellinores Drachen nicht lustig machen«, sagte er. »Denn man hat mir berichtet, daß er wieder gesehen wurde, und Pellinore hat sich wieder aufgemacht, um ihn dieses Mal wirklich zu töten… er hat sogar den Merlin gefragt, ob er Drachenbannsprüche kennt!«
»O ja, man hat ihn gesehen… wie ein Troll auf den Hügeln, den das Tageslicht in Stein verwandelt, oder wie die Ringsteine, die in der Vollmondnacht tanzen«, spöttelte Lancelot. »Es gibt immer Leute, die sehen jedes Hirngespinst, das sie sehen wollen… manche sehen Heilige und Wunder, andere sehen Drachen oder das Alte Feenvolk. Aber ich kenne keinen lebenden Menschen, der je einen Drachen oder eine Fee gesehen hätte.«
Morgaine mußte unwillkürlich daran denken, wie sie in Avalon auf der Suche nach Wurzeln und Kräutern in ein fremdes Land gelangt war und die Feenfrau mit ihr gesprochen und sie gebeten hatte, ihr Kind aufziehen zu dürfen… was hatte sie damals wirklich gesehen? Oder war es nur die überreizte Phantasie einer Schwangeren gewesen?
»Ihr sagt das? Und Ihr seid als Lancelot vom See in Avalon aufgewachsen?« fragte sie ruhig, und Lancelot wandte sich ihr zu. »Es gibt Zeiten, in denen mir das sehr unwirklich vorkommt… Euch nicht, Morgaine?«
Sie antwortete: »Ja, es stimmt. Aber manchmal habe ich Heimweh nach Avalon…«
»Ich auch, Base«, sagte er. Seit Artus' Hochzeitsnacht hatte er weder durch einen Blick noch durch ein Wort zu erkennen gegeben, daß er mehr für sie empfand als für eine Kindheitsgefährtin und nahe Verwandte. Morgaine glaubte, diesen Schmerz schon lange verwunden zu haben. Aber als er sie mit seinen dunklen, schönen Augen so liebevoll ansah, durchzuckte sie die Pein von neuem.
Früher oder später wird es soweit kommen, wie Balan sagte: Wir sind beide unvermählt – die Schwester des Königs und sein bester Freund…
Artus sagte: »Nun, wenn die Sachsen endgültig vertrieben sind… lacht nicht, als sei dies ein Märchen! Jetzt kann es geschehen, und ich glaube, sie wissen es… dann werde ich mir eine Burg bauen lassen mit einer großen Halle, in der diese Tafel ihren Platz findet! Die Stelle habe ich
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