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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Fuß vor die Tür setzen, oder den sicheren geschützten Platz in diesem Raum verlassen?
Hier
konnte sie nichts Falsches tun,
hier
konnte ihr nichts geschehen. Sie glaubte krank zu sein. Morgen wollte sie ihren Hofdamen sagen, es gehe ihr schlecht. Man würde dasselbe glauben wie Lancelot – die unermüdliche Aufopferung für Artus habe sie erschöpft. Sie würde weiterhin eine gute, tugendsame Königin bleiben und eine Christin obendrein… Sie konnte sich nicht einmal vorstellen, jemals etwas anderes zu sein. Die Wunde und die lange Krankheit hatten zu Artus' Niedergeschlagenheit geführt. Ja, das war es! Er würde an solche Dinge nicht mehr denken, wenn er erst wieder gesund und auf den Beinen war. Zweifellos wäre er ihr dann dankbar, daß sie seinen Vorschlag nicht ernst genommen, und sie somit beide vor einer schrecklichen Sünde bewahrt hatte.
    Aber als Gwenhwyfar erschöpft in den Schlaf sinken wollte, erinnerte sie sich wieder an etwas, das eine ihrer Hofdamen vor langer Zeit erzählt hatte… wenige Tage vor Morgaines Abreise. Sie hatte ihr geraten, Morgaine um einen Zauber zu bitten… Ja, das sollte sie tun!
    Wenn Morgaine sie verzauberte und ihr keine andere Wahl blieb, als Lancelot zu lieben, dann war sie der schrecklichen Entscheidung enthoben…
Wenn Morgaine zurückkommt,
dachte sie,
werde ich mit ihr darüber sprechen.
Aber Morgaine war beinahe zwei Jahre lang nicht nach Caerleon gekommen, und es konnte gut sein, daß sie nie an König Artus' Hof zurückkehren würde…

7
    Ich werde zu alt für solche Reisen,
schalt sich Viviane, während sie durch den Regen ritt, der am Ende eines Wintertags auf sie niederprasselte. Sie hielt den Kopf gesenkt und hatte den Mantel eng um sich gezogen. Dann dachte sie vorwurfsvoll:
Dies sollte jetzt Morgaines Aufgabe sein. Sie war ausersehen, nach mir Herrin von Avalon zu werden.
    Vor vier Jahren hatte der Merlin ihr berichtet, Morgaine sei zu Artus' Hochzeit in Caerleon erschienen. Artus hatte sie zu einer der Hofdamen seiner Königin Gwenhwyfar gemacht, und dort verschwendete sie ihre Zeit.
Die Herrin vom See, eine Hofdame der Königin?
Wie konnte Morgaine es wagen, ihren wahren und vorgezeichneten Weg zu verlassen? Doch als sie einen Boten mit der Nachricht, Morgaine solle nach Avalon zurückkehren, an Artus' Hof geschickt hatte, kam er mit dem Bescheid zurück, Morgaine habe Caerleon verlassen… um nach Avalon zu gehen, wie man glaubte.
Aber sie ist nicht auf Avalon. Sie ist nicht bei Igraine in Tintagel, auch nicht an Lots Hof in Lothian. Wo kann sie nur sein?
Auf einer ihrer einsamen Reisen konnte ihr etwas zugestoßen sein. Vielleicht war sie von Plünderern oder streunenden Banden gefangengenommen worden… vielleicht hatte sie das Gedächtnis verloren, oder man hatte sie vergewaltigt, ermordet und in einen Graben geworfen, wo niemand ihre Leiche finden würde…
O nein,
dachte Viviane,
wenn ihr etwas zugestoßen wäre, hätte ich es bestimmt im Spiegel gesehen… oder mit dem Gesicht…
    Aber Viviane konnte sich nicht sicher sein. Das Gesicht kam nur noch selten über sie, und oft, wenn sie versuchte, die Zukunft zu sehen, trat ihr nur grauer Nebel vor die Augen, der sie zur Verzweiflung trieb. Es war der Schleier des Unbekannten, und sie wagte nicht, ihn zu lüften. Irgendwo hinter diesem Schleier lag Morgaines Schicksal verborgen.
    Göttin,
betete sie wie schon so oft,
Große Mutter, ich habe dir mein Leben geweiht. Gib mir das Kind zurück, solange ich noch lebe…
    Aber noch während sie das Gebet sprach, wußte sie, es würde ohne Antwort bleiben. Nur der graue Regen umgab sie wie der Schleier des Unbekannten. Die Antwort der Göttin blieb verborgen im undurchdringlichen Himmel.
    War ihr diese Reise beim letzten Mal, vor einem halben Jahr, auch so schwergefallen? Viviane dachte, früher sei sie immer unbeschwert wie ein Mädchen geritten; jetzt schien der Esel mit jedem Schritt ihre Knochen durcheinanderzurütteln. Beißende Kälte drang durch ihren Mantel und setzte ihr hart zu.
    Einer ihrer Begleiter drehte sich um und sagte: »Herrin, ich kann den Hof dort unten sehen. Ich glaube, wir sind bei Einbruch der Dunkelheit am Ziel.«
    Viviane dankte dem Mann und versuchte, nicht so erleichtert zu klingen, wie sie in Wirklichkeit war. Sie konnte ihre Schwäche vor der Eskorte nicht zeigen.
    Gawan begrüßte sie im engen Hof bei den Scheunen, als sie vom Esel kletterte. Er bot ihr den Arm und führte sie, damit sie nicht in den Schmutz trat. »Seid

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