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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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willkommen, Herrin«, sagte er, »wie immer freue ich mich, Euch zu sehen. Mein Sohn und Euer Sohn werden morgen ebenfalls eintreffen… Ich habe einen Boten nach Caerleon geschickt und sie aufgefordert zu kommen.«
    »Ist es so ernst, alter Freund?« fragte Viviane, und Gawan nickte: »Ihr werdet sie kaum wiedererkennen, Herrin. Sie besteht nur noch aus Haut und Knochen. Und obwohl sie kaum etwas ißt oder trinkt, klagt sie, das wenige brenne wie Feuer in den Eingeweiden. Es kann nicht mehr lange dauern, trotz all Eurer Medizin.«
    Viviane nickte seufzend. »Ich fürchte es auch. Hat diese Krankheit sich erst einmal festgesetzt, läßt sie ihr Opfer nicht mehr los. Vielleicht kann ich ihr Erleichterung verschaffen.«
    »Gott gebe es«, erwiderte Gawan. »Die Medizin, die Ihr das letzte Mal hiergelassen habt, hilft nicht mehr viel. Nachts wacht sie auf und weint wie ein kleines Kind, denn sie glaubt, die Mägde und ich hören es nicht. Ich habe nicht einmal den Mut, darum zu beten, sie möge uns erhalten bleiben, denn das würde ihr Leiden nur verlängern, Herrin.«
    Viviane seufzte. Als sie vor einem halben Jahr hierhergekommen war, hatte sie ihre stärksten Tränke und Mixturen mitgebracht. Damals wünschte sie beinahe, Priscilla möge im Herbst Fieber bekommen und schnell sterben, ehe die Medizin ihre Wirkung verlor. Sie konnte jetzt kaum noch etwas für sie tun.
    Gawan führte Viviane ins Haus, bot ihr den Platz am Feuer an, und die Magd schöpfte ihr aus dem Kessel über dem Feuer einen Teller heißer Suppe.
    »Ihr seid lange durch den Regen geritten, Herrin«, sagte er. »Nehmt Platz und ruht Euch aus. Ihr könnt Priscilla nach dem Essen sehen… Manchmal schläft sie um diese Zeit ein wenig.«
    »Selbst wenn sie nur kurz ruht, ist es ein Segen, und ich will sie nicht stören«, erwiderte Viviane und legte ihre eiskalten Hände um die heiße Suppenschale. Aufatmend sank sie auf die einfache Holzbank. Eine Magd half ihr aus Stiefeln und Mantel, eine andere trocknete ihr mit einem erwärmten Handtuch die Füße, und Viviane schob die Röcke hoch, um die Wärme des Feuers an ihre mageren Knie zu lassen. Einen Augenblick lang überließ sie sich dem körperlichen Wohlbehagen und vergaß ihre schwere Aufgabe. Dann hörte man aus der inneren Kammer einen schwachen klagenden Aufschrei. Die Magd richtete sich zitternd auf und sagte zu Viviane: »Die arme Herrin… sie muß aufgewacht sein. Ich hatte gehofft, sie würde bis zum Abendessen schlafen. Jetzt muß ich zu ihr.«
    »Ich werde dich begleiten«, sagte Viviane und folgte der Frau in das Schlafgemach. Gawan blieb am Feuer sitzen, und sie sah sein gequältes Gesicht, als der schwache Schrei erstarb.
    Bei ihren früheren Krankenbesuchen hatte Viviane in Priscilla immer noch Spuren der früheren fülligen Schönheit entdeckt – eine Erinnerung an die fröhliche junge Frau, die ihren Sohn Balan großgezogen hatte. Jetzt waren Gesicht, Lippen und die fahlen Haare nur noch gelblichgrau; selbst die blauen Augen schienen verblaßt zu sein, als habe die Krankheit alle Farbe aus Priscilla gezogen. Bei ihrem letzten Besuch hatte die Kranke noch jeden Tag das Bett für ein paar Stunden verlassen und am Leben teilgenommen. Jetzt sah sie überdeutlich, daß die Frau seit Monden ans Bett gefesselt war… Ein halbes Jahr, und welch ein Unterschied! Früher konnten Vivianes Mixturen und Kräutertränke ihr Erleichterung, teilweise sogar Besserung verschaffen. Aber hier kam jede weitere Hilfe zu spät. Die blassen Augen irrten blicklos durch die Kammer, die Lippen in dem eingefallenen Gesicht bewegten sich schwach.
    Dann bemerkte Priscilla Viviane; sie blinzelte und flüsterte: »Seid Ihr es, Herrin?«
    Viviane trat an das Bett und ergriff behutsam ihre welke Hand. Sie antwortete: »Es tut mir leid, Euch so krank zu sehen. Wie geht es Euch, liebe Freundin?«
    Die bleichen, aufgesprungenen Lippen verzogen sich zu einer Grimasse, die Viviane zunächst für ein Zeichen von Schmerzen hielt; dann erkannte sie, daß es ein Lächeln sein sollte. »Ich kann mir kaum vorstellen, daß man noch kränker sein kann«, flüsterte Priscilla. »Ich glaube, Gott und seine Mutter haben mich vergessen. Aber ich bin froh, Euch wiederzusehen. Und ich hoffe, noch so lange zu leben, um meine lieben Söhne noch einmal zu sehen und sie zu segnen…« Sie seufzte und versuchte mühsam, ihren Körper zu verlagern. »Mein Rücken schmerzt von dem langen Liegen. Aber wenn mich jemand berührt, habe ich das

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