Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
zu Gwenhwyfar. »Ich kann ihn besser aus dem Bett heben als alle anderen.«
»Oh, nein, nein, ich glaube, das wird nicht mehr nötig sein«, erwiderte sie. »Aber ich danke Euch.«
Als er neben ihr stand, war er so groß; sanft berührte er ihre Wange. »Wenn Ihr heute bei Euren Frauen schlafen wollt, bleibe ich gerne hier und wache… Ihr seht aus, als könntet Ihr eine ruhige, ungestörte Nacht gebrauchen. Ihr seid wie eine Mutter mit einem Neugeborenen, die nicht schlafen kann, wenn das Kleine sich auch nur regt. Ich kann für Artus sorgen… Ihr müßt jetzt nicht mehr bei ihm wachen. Ich kann hier schlafen.«
»Oh, Ihr seid so gut zu mir«, flüsterte sie. »Aber ich bleibe besser bei ihm.«
»Laßt mich rufen, wenn er mich braucht. Versucht nicht, ihn selbst aufzurichten«, sagte Lancelot. »Versprich es, Gwenhwyfar.«
Wie lieblich ihr Name aus seinem Mund klang. Viel schöner, als wenn er ›meine Königin‹, oder ›meine Herrin‹ sagte, dachte sie. »Ich verspreche es, mein Freund.«
Er beugte sich zu ihr hinunter und hauchte einen Kuß auf ihre Stirn. »Du bist übermüdet«, sagte er. »Geh zu Bett und schlafe.« Seine Hand ruhte auf ihrer Wange, und als er sie nach einem Augenblick wegnahm, erschien ihr die Wange kalt, und sie tat weh, als habe Gwenhwyfar Zahnschmerzen. Sie ging zum Bett und legte sich neben Artus. Zunächst glaubte sie, der König schlafe. Aber nach einer Weile sagte er in die Dunkelheit: »Er ist uns ein guter Freund, nicht wahr, meine Gemahlin?«
Sie antwortete: »Kein Bruder könnte liebevoller sein.«
»Cai und ich wuchsen als Brüder auf, und ich liebte ihn sehr. Aber es ist wahr, was man sagt. Blut ist dicker als Wasser, und Blutsverwandtschaft schafft eine Nähe, die ich mir nicht vorstellen konnte, als ich meine eigenen Verwandten noch nicht kannte…« Artus bewegte sich unruhig und seufzend im Bett. »Gwenhwyfar, es gibt etwas, worüber ich mit dir sprechen möchte…« Angstvoll klopfte ihr Herz…
Hatte er den Kuß gesehen? Würde er sie der Untreue bezichtigen? Artus sagte: »Versprich, daß du nicht wieder weinst. Ich kann es nicht ertragen. Ich schwöre, ich möchte dir nicht den geringsten Vorwurf machen… Aber wir sind jetzt schon viele Jahre verheiratet, und du konntest erst zweimal auf ein Kind hoffen… Nein, nein, bitte weine nicht. Laß mich ausreden…«, bat er. »Vielleicht ist es nicht deine Schuld, sondern meine. Wie alle Männer hatte ich auch andere Frauen, aber ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, wer ich bin. In all diesen Jahren ist keine Frau… oder jemand aus ihrer Sippe zu mir gekommen, um zu sagen, diese oder jene Frau hat einen königlichen Bastard geboren. Es ist durchaus möglich, daß mein Same kein Leben hervorbringt, und wenn du empfängst, kann die Frucht nicht reifen…«
Gwenhwyfar senkte den Kopf und verbarg das Gesicht hinter dem Vorhang ihrer Haare.
Machte er sich auch Vorwürfe?
»Hör zu, meine Gwenhwyfar… wir brauchen ein Kind für das Reich. Und wenn es zu irgendeiner Zeit geschieht, daß du dem Thron ein Kind schenkst, kannst du sicher sein, daß ich keine Fragen stelle. Ich werde jedes Kind, das du zur Welt bringst, als mein Kind anerkennen und zum Erben einsetzen.«
Gwenhwyfar glaubte, ihr glühendes Gesicht würde sie verbrennen. Hielt er sie für fähig, ihn zu betrügen? »Niemals, niemals, mein König und mein Gebieter, könnte ich das tun…«
»Du kennst die Bräuche von Avalon… nein, nein, meine Gwenhwyfar, unterbrich mich nicht. Laß mich aussprechen… Wenn dort Mann und Frau zusammenkommen, sagt man sogar, Gott sei der Vater des Kindes. Gwenhwyfar, ich würde mich sehr darüber freuen, wenn Gott uns ein Kind schickt, gleichgültig, wer Gottes Willen erfüllt, indem er es zeugt… Verstehst du mich? Und sollte es geschehen, daß der, der den Willen des Himmels erfüllt, mein liebster Freund und nächster Verwandter ist, dann würde ich ihn und das Kind, das du zur Welt bringst, segnen. Nein, nein! Weine nicht. Mehr will ich nicht sagen.«
Er seufzte, streckte die Arme nach ihr aus, und sie schmiegte sich an seine Schulter. »Ich bin es nicht wert, daß du mich so sehr liebst.«
Gwenhwyfar lag noch lange wach, nachdem er eingeschlafen war. Tränen rollten ihr über die Wangen:
O nein, mein lieber Mann, mein liebster Gemahl, ich bin deiner Liebe nicht würdig. Und nun hast du mir noch dein Einverständnis gegeben, dich zu betrügen.
Plötzlich und zum ersten Mal in ihrem Leben, beneidete sie Artus und
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