Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
einen Bauernhof gehört. Mein Vater war freundlich genug, ihm einen Platz in seinem Haus einzuräumen!«
»Du gehst uns jetzt am besten aus dem Weg«, befahl Lancelot und musterte Meleagrant verächtlich. Es war offensichtlich, daß Meleagrant wußte, wer Lancelot war und daß er sich nicht ohne Schaden mit ihm messen konnte.
Er wich langsam zurück und sagte drohend: »Das wird dir eines Tages noch leid tun, Schwester Gwenhwyfar.« Seine wütenden Blicke folgten ihnen, als sie weiterritten.
Wie immer war Lancelot mit größter Sorgfalt gekleidet. Er trug die rote Tunika und den Mantel; das Haar war sorgfältig geschnitten und gekämmt, und er war glatt rasiert. Seine Hände wirkten weich und weiß wie Gwenhwyfars, obwohl sie wußte, daß sie hart und stark wie Eisen waren. Er sah besser aus als je zuvor. Und er war gerade rechtzeitig aufgetaucht, um sie von diesem häßlichen Meleagrant zu befreien. Sie lächelte – sie konnte sich nicht dagegen wehren. Tief in ihrem Inneren schien sich etwas verändert zu haben.
Nein, jetzt darf ich ihn nicht mehr so ansehen. Ich soll Mutter von Artus
'
Erben sein …
Lancelot erklärte fürsorglich: »Sicher wollt Ihr nicht in der schmutzigen Reitkleidung durch die große Halle gehen… Es hat wohl auf der ganzen Reise geregnet. Darf ich Euch und Eure Kammerfrau zum Seiteneingang bringen? Von dort aus gelangt Ihr direkt in Euer Gemach und könnt Euch erfrischen. Wenn Ihr warm und trocken seid und Euch umgekleidet habt, könnt Ihr Artus, meinen Herrn und Gebieter, in der
Halle begrüßen… Ihr zittert ja! Hat Euch der Wind so zugesetzt, Gwenhwyfar?«
Er hatte seit langem das Vorrecht, sie beim Namen zu nennen – ohne das förmliche ›meine Königin‹ oder ›meine Herrin‹. Aber noch nie klang das
Gwenhwyfar
aus seinem Mund so liebenswürdig.
»Wie immer seid Ihr um mich höchst besorgt«, antwortete Gwenhwyfar. Er nahm ihr Pferd am Zügel und führte es.
Lancelot sagte: »Griflet, geht jetzt zum König und berichtet ihm, daß unsere Herrin sicher und wohlbehalten in ihren Gemächern ist. Auch Ihr, Gaheris, sehnt Euch sicher danach, zu den anderen Rittern zurückzukehren. Ich werde unsere Königin geleiten.«
An der Tür half er ihr vom Pferd, und Gwenhwyfar spürte nur die Berührung seiner Hände. Sie senkte den Kopf und wagte nicht, ihn anzusehen.
»In der Großen Halle drängen sich Artus' Gefährten«, erklärte er, »alles ist ein einziges Durcheinander… Die runde Tafel ist schon vor drei Tagen auf drei Wagen nach Camelot geschafft worden, und Cai läßt sie in der neuen Halle aufstellen; jetzt ist ihnen ein Bote nachgeritten, um ihn und alle Männer, die sich im Sattel halten können, zurückzurufen…«
Sie sah ihn ängstlich an: »Gawain berichtete uns von der Landung der Sachsen… Ist dies wirklich der Krieg, den Artus fürchtete?«
»Wir alle wußten seit Jahren, daß er kommen muß, Gwen«, antwortete Lancelot ruhig. »Für diese Schlacht hat König Artus seine Legion geschaffen, und dafür habe ich seine Reiter ausgebildet. Wenn es vorüber ist, zieht vielleicht bei uns der Friede ein, nach dem wir uns alle unser ganzes Leben lang sehnen.«
Plötzlich umarmte sie ihn: »Du könntest getötet werden«, flüsterte sie. Es war das erste Mal, daß sie den Mut dazu aufbrachte. Sie drückte sich an ihn, legte das Gesicht an seine Schulter, und seine Arme umschlossen sie. Trotz ihrer Furcht spürte sie die Zärtlichkeit, mit der er sie hielt. Lancelot erwiderte mit bebender Stimme: »Wir alle wußten, daß dieser Tag bald kommen würde, meine Liebe. Aber wir hatten das Glück, uns Jahr um Jahr darauf vorbereiten zu können, und wir haben Artus als großen Führer… weißt du überhaupt, wie gut er es versteht, die Männer mitzureißen und wie sehr ihn alle verehren? Er ist noch nicht alt, aber der größte König seit langer, langer Zeit. Mit Artus an der Spitze werden wir die Sachsen bestimmt vertreiben… Und alles andere geschehe, wie Gott will, Gwenhwyfar.« Er schlug ihr sanft auf die Schulter und sagte: »Arme Maid. Du bist ja völlig erschöpft. Ich bringe dich jetzt zu deinen Damen.«
Aber Gwenhwyfar fühlte, wie seine Hände zitterten, und plötzlich schämte sie sich. Sie hatte sich wie eine Lagerdirne in Lancelots Arme geworfen!
In ihren Gemächern herrschte eine heillose Unordnung. Meleas packte Kleider in Kästen; Elaine überwachte die Kammerfrauen bei der Arbeit. Elaine kam ihr mit ausgebreiteten Armen entgegen und rief: »Base, wir
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