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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Vielleicht ist es ehrenhafter, als hier an Artus' Hof zu bleiben und mit seiner Frau zu schlafen…«
    Er liebt mich also,
dachte Gwenhwyfar,
er will mich. Dies ist der ehrenhafte Weg…
aber die Angst überfiel sie: Sie sollte allein weggehen, so weit, selbst mit Lancelot… Dann dachte sie daran, was alle über die Königin sagen würden; sie wäre entehrt… Lancelot drückte ihre Hand und sagte: »Wir könnten nie mehr zurückkehren… nie mehr. Und wahrscheinlich würden wir beide von den Heiligen Sakramenten ausgeschlossen und aus der Gemeinschaft der Gläubigen ausgestoßen… mir würde es wenig bedeuten, ich bin kein großer Christ. Aber du, meine Gwenhwyfar…« Sie zog den Schleier über das Gesicht und weinte, wohl wissend, wie feige sie war.
    »Gwenhwyfar«, sagte er, »ich möchte dich nicht zur Sünde verleiten…«
    Sie antwortete voll Bitterkeit: »Wir haben bereits gesündigt… du und auch ich…«
    »Und wenn die Kirche recht hat, werden wir beide dafür verdammt«, sagte Lancelot hart, »und doch hatte ich nie etwas anderes von dir als diese Küsse… Wir haben alle Schuld und Sünde auf uns geladen, ohne die Freuden zu genießen, die, wie man sagt, aus der Sünde entstehen. Ich weiß nicht, ob ich den Kirchenmännern glauben kann… Was für eine Art Gott soll das sein, der Nacht für Nacht wie ein Wächter hierhin und dorthin späht, um wie ein altes Klatschweib herauszufinden, welcher Mann mit der Frau seines Nachbarn im Bett liegt…«
    »Etwas Ähnliches hat der Merlin auch gesagt«, entgegnete Gwenhwyfar leise, »und manchmal erscheint es mir ganz vernünftig. Dann denke ich wieder, es ist das Werk des Teufels, der mich so auf den Weg der Sünde locken will…«
    »Oh, sprich zu mir nicht vom Teufel«, sagte Lancelot und zog sie wieder an sich. »Mein Herz, mein Alles, ich werde gehen, wenn du willst, oder bleiben. Aber ich kann nicht ertragen, dich unglücklich zu sehen…«
    »Ich weiß selbst nicht, was ich will«, schluchzte sie an seiner Schulter.
    Schließlich murmelte er: »Wir haben bereits für die Sünde bezahlt…«, und er bedeckte ihre Lippen mit Küssen. Zitternd überließ sich Gwenhwyfar seinen Zärtlichkeiten; seine Hand tastete nach ihrer Brust, und sie hoffte beinahe, daß er sich dieses Mal nicht damit zufriedengeben würde. Aber ein Geräusch vor der Tür ließ sie entsetzt auffahren. Sie saß auf dem Bettrand, als Lancelots Knappe ins Zimmer trat. Er hüstelte und sagte: »Mein Herr? Die Herzogin Morgaine sagte mir, Ihr wolltet schlafen. Mit Eurer Erlaubnis, meine Herrin…?«
    Schon wieder Morgaine! Verdammt!
Lachend ließ Lancelot Gwenhwyfars Hand los. »Gewiß, und ich zweifle nicht, meine Gebieterin ist ebenfalls müde. Versprecht Ihr, mich morgen wieder zu besuchen, meine Königin?«
    Gwenhwyfar war dankbar und wütend zugleich, daß er so gelassen sprechen konnte. Sie wich dem Lichtschein aus, den die Fackel des Knappen warf. Sie wußte, ihr Kleid und der Schleier waren zerknittert, ihre Augen vom Weinen gerötet und ihre Haare in Unordnung. Wie mochte sie wohl aussehen?… Was der Jüngling wohl dachte?
    Sie zog den Schleier über das Gesicht und erhob sich: »Gute Nacht, edler Lancelot. Kerval, sorge gut für den lieben Freund meines Königs.«
    Mit diesen Worten verließ sie eilig das Zimmer und hoffte verzweifelt und niedergeschlagen, ihr Gemach zu erreichen, ehe sie wieder in Tränen ausbrach… O
Gott… Wie kann ich wagen, Gott darum zu bitten, weiterhin sündigen zu dürfen? Ich sollte beten, daß Er mich von der Versuchung befreit. Aber ich kann es nicht!

14
    Ein oder zwei Tage vor der Nacht der Feldfeuer kam Kevin an Artus' Hof zurück. Morgaine freute sich, ihn wiederzusehen. Es war ein langer und anstrengender Frühling gewesen. Nachdem Lancelot sich vom Fieber erholt hatte, war er in den Norden nach Lothian geritten; Morgaine spielte mit dem Gedanken, ebenfalls dorthin zu gehen, um ihren Sohn zu sehen. Aber sie wollte nicht in seiner Gesellschaft reisen und glaubte, er wäre über ihre Gesellschaft nicht erfreut gewesen.
Meinem Sohn geht es gut, dort wo er ist. Ich werde ihn ein andermal besuchen.
    Gwenhwyfar war bedrückt und schweigsam; in den Jahren von Morgaines Abwesenheit hatte sich die unbeschwerte, kindliche Frau zu einer stillen, nachdenklichen Königin gewandelt, die viel zu fromm war. Morgaine vermutete, daß sie sich nach Lancelot verzehrte; und da sie den Ritter kannte, dachte sie mit einem Anflug von Verachtung:
Er raubt einer Frau

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