Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
erst ihren Frieden, verleitet sie dann aber nicht einmal zur
Sünde –
und Gwenhwyfar paßte sehr gut zu ihm. Sie gab sich ihm weder hin noch gab sie ihn auf. Sie fragte sich, was Artus wohl dachte, aber es hätte einer mutigeren Frau bedurft, ihn danach zu fragen.
Morgaine begrüßte Kevin auf Camelot und hielt es nicht für unwahrscheinlich, daß sie die Nacht der Feldfeuer zusammen verbringen würden – die Ströme der Sonne rannen heiß durch ihre Adern. Und wenn sie den Mann, den sie wollte, nicht haben konnte (sie wußte, sie fühlte sich immer noch zu Lancelot hingezogen), dann würde sie sich eben einem Liebhaber hingeben, der
sie
liebte. Es tat gut, geschätzt und begehrt zu werden. Und im Gegensatz zu Artus und Lancelot sprach Kevin offen mit ihr über Staatsangelegenheiten. Mit bitterem Bedauern dachte Morgaine daran, daß man sie inzwischen bei allen wichtigen Fragen der Zeit um Rat bitten würde, wenn sie in Avalon geblieben wäre…
Dazu war es nun zu spät. Was geschehen war, konnte nicht ungeschehen gemacht werden. Sie begrüßte Kevin in der Großen Halle und sorgte dafür, daß man ihm ein Mahl und Wein auftrug – eine Aufgabe, die Gwenwyfar ihr nur zu gern überließ. Die Königin liebte zwar Kevins Musik, aber seinen Anblick konnte sie nicht ertragen. Deshalb setzte sich Morgaine zu ihm, und sie sprachen über Avalon. »Geht es Viviane gut?«
»Ja, und sie ist immer noch entschlossen, zu Pfingsten nach Camelot zu kommen«, erwiderte Kevin, »und das ist gut, denn Artus wollte nicht auf mich hören. Immerhin hat er versprochen, die Feldfeuer nicht zu verbieten… zumindest nicht in diesem Jahr.«
»Es würde ihm wenig helfen, sie zu verbieten«, erwiderte Morgaine. »Denn Artus hat Sorgen, die ihm näherliegen.« Sie deutete aus dem Fenster: »Von der Burg aus kann man das Inselreich von Leodegranz beinahe sehen… Hast du es schon gehört?«
»Ein Reisender berichtete mir, daß er gestorben ist«, antwortete Kevin. »Und Leodegranz hat keinen Sohn. Alienor starb wenige Tage nach ihm zusammen mit ihrem letzten Kind. Das Fieber hat dort schlimm gewütet.«
»Gwenhwyfar wollte noch nicht einmal zu seinem Begräbnis reisen«, fuhr Morgaine fort, »sie weint ihm kaum eine Träne nach… Er war nicht gerade ein liebevoller Vater. Sicher hat Artus mit ihr darüber gesprochen, einen Regenten einzusetzen… Er sagt, das Reich gehört jetzt ihr, und wenn sie einen zweiten Sohn bekommen, soll er es einmal erben. Aber wie es aussieht, wird Gwenhwyfar nicht einmal
einen
Sohn haben.«
Kevin nickte nachdenklich: »Vor der Schlacht am Berg Badon hatte sie eine Fehlgeburt und war sehr krank. Seither habe ich noch nicht einmal Gerüchte darüber gehört, daß sie schwanger gewesen sei. Wie alt ist die Königin jetzt?«
»Ich glaube, zumindest fünfundzwanzig«, antwortete Morgaine. Aber sie war nicht sicher; sie hatte zu lange im Feenland gelebt. »Zu alt für ein erstes Kind«, erklärte Kevin, »aber zweifellos betet sie wie alle unfruchtbaren Frauen um ein Wunder. Was fehlt der Königin, daß sie nicht empfängt?«
»Ich bin keine Amme«, erwiderte Morgaine. »Sie scheint gesund zu sein. Aber ihre Knie sind schon wund vom Beten, und es gibt bei ihr nicht das geringste Anzeichen.«
»Die Götter handeln nach ihrem Willen«, sagte Kevin, »aber wir müssen sie um Gnade für dieses Land anflehen, wenn der Großkönig sterben sollte, ohne einen Sohn zu hinterlassen! Denn nun bedrohen keine Sachsen mehr das Land, die verhindern, daß die rivalisierenden Könige Britanniens übereinander herfallen und das Land in Stücke zerreißen. Ich habe Lot nie getraut, aber er ist tot, und Gawain ist Artus treu ergeben. Also ist von Lothian nichts mehr zu befürchten, es sei denn, Morgause nimmt sich einen Liebhaber, der den Ehrgeiz hat, Großkönig zu werden.«
»Lancelot ist dorthin geritten. Aber er wird bald zurückkehren«, sagte Morgaine, und Kevin bemerkte: »Auch Viviane wollte aus irgendeinem Grund nach Lothian, obwohl wir alle glauben, sie ist für eine solche Reise viel zu alt.«
Oh, dann wird sie meinen Sohn sehen…
Morgaine spürte, wie ihr Herz schneller schlug; ihre Kehle war wie zugeschnürt, und Tränen stiegen in ihr auf. Aber Kevin schien nichts zu bemerken. »Ich bin Lancelot unterwegs nicht begegnet«, sagte er. »Er ist bestimmt einen anderen Weg geritten. Vielleicht hat er auch seine Mutter besucht, oder…«, er lachte vergnügt, »… er möchte für die Feldfeuer in Avalon bleiben. Jede
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