Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
versuchten, Meleagrant wegzubringen. Aber der Hüne schüttelte sie ab und sagte: »Zum Teufel mit Eurem Fest! Und zum Teufel mit Eurer Gerechtigkeit, zum Teufel mit Eurer Tafelrunde und all Euren Gefährten!« Ohne seine Axt mitzunehmen, stapfte er wütend durch die Halle zum Ausgang. Cai wollte ihm folgen, und Gawain machte Anstalten, sich zu erheben. Aber Artus hinderte ihn mit einer Geste daran.
»Laßt ihn ziehen!« sagte er. »Wir werden uns zu gegebener Zeit mit ihm beschäftigen. Lancelot, Ihr seid der Ritter meiner Königin. Es kann sehr wohl sein, daß Ihr diesen anmaßenden Kerl zur Vernunft bringen müßt.«
»Mit größtem Vergnügen«, erwiderte Lancelot und schreckte wie aus einem Halbschlaf auf. Morgaine dachte, vermutlich weiß er gar nicht, wozu er sich gerade verpflichtet hat. Die Herolde am Eingang verkündeten immer noch, jeder, der Gerechtigkeit suche, möge vor den König treten. Wenig später kam es zu einem kurzen lustigen Zwischenfall, als ein Bauer seinen Fall vortrug. Er und sein Nachbar stritten sich um eine kleine Windmühle, die genau auf der Grenze zwischen ihren Höfen stand.
»Wir können uns nicht einigen, mein Herr und Gebieter«, sagte er und drehte verlegen seine dicke, grobe Wollmütze in den Händen, »er und ich, wir sind der Meinung, der König hat dem Land Frieden gebracht, damit da überhaupt eine Windmühle stehen kann. Also habe ich gesagt, ich gehe zum König und will hören, was er dazu sagt. Und wir wollen uns dann daran halten.«
Die Angelegenheit wurde unter allgemeinem gutmütigem Gelächter geregelt. Aber Morgaine fiel auf, daß Artus als einziger nicht lachte. Er hörte ernsthaft zu, traf seine Entscheidung, und erst nachdem der Mann ihm gedankt hatte und nach vielen Verbeugungen gegangen war, verzog er belustigt das Gesicht.
»Cai, sorgt dafür, daß man dem Mann in der Küche etwas zu essen gibt, ehe er nach Hause zurückkehrt. Er hat einen langen Weg.« Artus seufzte: »Wer sucht als nächstes meinen Schiedsspruch? Gebe Gott, es ist eine Sache, die einen König als Richter verlangt… demnächst kommen sie noch und bitten mich um Rat, wie sie Pferde züchten sollen oder etwas Ähnliches!«
»Das zeigt nur, wieviel die Leute von ihrem König halten, Artus«, sagte Taliesin. »Aber Ihr solltet bekanntgeben, daß sie sich an ihre Herren wenden und dafür sorgen, daß Eure Lehnsmänner in Eurem Namen Recht sprechen.« Er hob den Kopf, um den nächsten Bittsteller ins Auge zu fassen. »Aber der nächste Fall mag der Aufmerksamkeit eines Königs würdiger sein. Es ist eine Frau, und ich bin sicher, sie ist in Schwierigkeiten.«
Artus bedeutete ihr durch eine Geste näherzutreten. Es war eine junge, selbstsichere stolze Frau mit höfischem Benehmen. Sie hatte keine Bediensteten bei sich außer einem kleinen häßlichen Zwerg, der nicht größer als drei Fuß sein mochte. Aber er hatte breite Schultern, kräftige Muskeln und trug eine kurze, schwere Axt. Sie verneigte sich vor dem König und trug ihren Fall vor. Sie diente einer Edelfrau, die wie so viele nach dem Krieg allein in der Welt stand. Ihr Besitz lag im Norden nahe der Römischen Mauer, die sich mit ihren zerfallenen Wachtürmen und Festungen Meile um Meile durch das Land zog. Ein Haufe, von fünf gewalttätigen Brüdern angeführt, hatte fünf Burgen neu befestigt. Jetzt raubten und plünderten sie das Land aus. Einer von ihnen, der sich der Rote Ritter vom Roten Land nannte, belagerte die Burg ihrer Herrin. Aber seine Brüder waren noch schlimmer als er.
»Der Rote Ritter, ha!« sagte Gawain. »Ich kenne diesen Herrn. Auf meiner letzten Reise an Lots Hof habe ich auf dem Rückweg mit ihm gekämpft und kam kaum mit dem Leben davon. Ich glaube, es wäre gut, Truppen dorthin zu senden und mit den Burschen Schluß zu machen… in dieser Gegend regiert nicht das Gesetz.«
Artus runzelte die Stirn und nickte. Doch plötzlich erhob sich der junge Gareth. »Mein König, das Gebiet grenzt an das Land meines Vaters. Ihr habt mir eine Aufgabe versprochen… haltet Euer Versprechen, mein Gebieter. Schickt mich, damit ich der Dame helfe, ihr Land gegen diese Bösewichte zu verteidigen!«
Die junge Frau warf einen Blick auf Gareth, sein strahlendes, bartloses Gesicht und das weiße Leinengewand, in dem er zum Ritter geschlagen worden war, und brach in helles Gelächter aus.
»Ihr? Ihr seid ja noch ein Kind! Ich wußte nicht, daß der große König sich von zu groß geratenen Kindern an der Tafel bedienen
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