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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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ohnmächtige Trauer.
    »Mein König!« heulte Balin auf. »Ich bitte Euch, laßt zu, daß ich alle Zauberer und Hexen im Namen Christi erschlage, der sie haßt…«
    Lancelot schlug mit aller Kraft ins Gesicht. Balin keuchte und schwieg, während ihm das Blut aus der gespaltenen Lippe strömte.
    Artus atmete schwer. »Gott helfe uns! Und das am heiligen Pfingstfest, das ist Gotteslästerung…« Schweigend und voll Entsetzen starrte er auf die Erschlagene.
    »Erlaubt, mein Gebieter«, Lancelot nahm seinen reichbestickten Mantel ab und bedeckte liebevoll den blutüberströmten Körper seiner Mutter. Artus schien aufzuatmen. Nur Morgaine starrte noch immer mit weit aufgerissenen Augen auf die Leiche unter Lancelots scharlachrotem Mantel.
Blut. Blut vor dem Thron des Königs. Blut auf dem Herd…
Morgaine glaubte, Ravens Aufschrei zu vernehmen.
    Artus sagte gefaßt: »Helft Lady Morgaine, sie wird ohnmächtig.« Morgaine spürte, wie Hände ihr sanft in einen Sessel halfen und ihr jemand einen Becher an die Lippen hielt. Sie wollte ihn beiseite schieben, aber dann schien sie Vivianes Stimme zu hören.
Trinke! Eine Priesterin darf ihre Stärke und ihren Willen nicht verlieren…
Gehorsam trank sie und hörte Artus streng und feierlich sagen: »Balin, aus welchem Grund auch immer… nein, kein Wort mehr! Ich habe gehört, was du gesagt hast… Schweige… entweder bist du wahnsinnig oder ein kaltblütiger Mörder. Was immer du vorbringen magst, du hast meine Verwandte hinterrücks erschlagen, und am heiligen Pfingstfest vor deinem König zur Waffe gegriffen. Trotzdem werde ich nicht zulassen, daß du vor meinem Thron den Tod findest… Lancelot, steckt Euer Schwert wieder in die Scheide.« Lancelot gehorchte.
    »Ich erfülle Euren Willen, mein König. Aber wenn Ihr diesen Mord nicht bestraft, bitte ich um Erlaubnis, Euren Hof verlassen zu dürfen.«
    »Oh, ich werde ihn bestrafen!« erklärte Artus grimmig. »Balin, bist du bei Sinnen, kannst du mich hören? Dies sei dein Los: Für immer verbanne ich dich von meinem Hof. Man lege den Leichnam auf eine Bahre. Ich befehle dir, ihn nach Glastonbury zu bringen, dem Erzbischof Bericht zu erstatten und die Buße zu tun, die er dir auferlegt. Noch eben hast du von Gott und Christus gesprochen; und kein christlicher König kann gestatten, daß vor seinem Angesicht persönliche Rache mit dem Schwert geübt wird. Hörst du, was ich sage, Balin, der früher mein Ritter und Gefährte war?« Balin senkte den Kopf.
    Lancelots Schlag hatte ihm auch die Nase gebrochen. Aus seinem Mund rann Blut, und er konnte nur mühsam sprechen. »Ich höre Euch, mein König und Gebieter. Ich werde gehen«, antwortete er und hielt den Kopf gesenkt.
    Artus winkte den Bediensteten. »Bringt jemanden, der sich um ihren armen Körper kümmert…«
    Morgaine befreite sich aus den Händen, die sie hielten, und kniete neben Viviane nieder. »Ich bitte Euch, mein König, erlaubt mir, sie für das Begräbnis vorzubereiten…«
    Sie kämpfte gegen die Tränenflut, die sie nicht zu vergießen wagte. Dieses gebrochene, tote Geschöpf vor ihr war nicht mehr Viviane. Das Sichelmesser von Avalon lag noch immer in der Hand, die sich wie eine Klaue darum krallte. Sie nahm das Messer, küßte es und steckte es in ihren Gürtel. Das, und nur das würde sie behalten.
    Große barmherzige Mutter. Ich wußte, wir würden nie mehr zusammen nach Avalon zurückkehren
… Sie würde
nicht
weinen. Sie spürte Lancelot dicht neben sich. Er murmelte: »Es ist eine Gnade, daß Balan nicht hier ist… Mutter und Ziehbruder in einem Augenblick des Wahns zu verlieren… aber vielleicht wäre es nicht geschehen, wenn Balan hiergewesen wäre! Gibt es überhaupt einen Gott oder eine Barmherzigkeit?«
    Lancelots Qual schnitt ihr tief ins Herz. Er hatte seine Mutter gefürchtet und gehaßt. Aber er hatte sie auch angebetet, denn für ihn trug sie das Antlitz der Göttin. Sie wollte den Ritter in die Arme nehmen, ihn trösten und ihn weinen lassen. Aber sie zürnte ihm auch. Er hatte sich seiner Mutter widersetzt. Wie konnte er nur wagen, jetzt um sie zu trauern?
    Taliesin kniete neben Morgaine nieder und sagte mit gebrochener alter Stimme: »Ich will euch helfen, Kinder. Es ist mein Recht…«, und sie machten ihm Platz, als er den Kopf beugte und ein altes Totengebet sprach.
    Artus erhob sich. »Das Fest ist zu Ende. Es ist zuviel Schreckliches geschehen. Wer hungrig ist, beende sein Mahl und gehe dann still.« Langsam schritt er hinunter

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