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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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zu der toten Viviane. Er legte Morgaine sanft die Hand auf die Schulter. Morgaine spürte sie trotz ihrer Trauer und Betäubung. Sie hörte, wie die Gäste nacheinander schweigend die Halle verließen. Durch die gedämpften Geräusche drangen zarte Harfenklänge. Nur die Hände eines Mannes konnten so die Harfe spielen. Endlich löste sich die Starre, Tränen strömten Morgaine über die Wangen, während Kevin die Totenklage für die Herrin vom See spielte. Unter diesen Klängen wurde Viviane, die Hohepriesterin von Avalon, langsam aus der Großen Halle von Camelot getragen. Morgaine ging neben der Bahre einher und blickte zurück in die Halle und sah die Runde Tafel. Dort stand die einsame, gebeugte Gestalt des Großkönigs dicht neben dem Barden. Trotz all ihrer Trauer und Verzweiflung dachte sie:
Viviane überbrachte Artus die Botschaft aus Avalon nicht. Dies ist die Halle eines christlichen Königs. Nun gibt es niemanden mehr, der etwas anderes sagt. Gwenhwyfar könnte
jubilieren, wenn sie es wüßte…
Artus hatte die Hände ausgestreckt. Vielleicht betete er. Sie wußte es nicht. Sie sah die eingeritzten Schlangen an seinen Handgelenken. Sie dachte an den jungen Hirsch und neuen König, der mit dem Blut des Königshirsches an seinen Händen und im Gesicht zu ihr gekommen war. Einen Augenblick lang glaubte sie die spöttische Stimme der Feenkönigin zu hören. Dann war alles still. Nur Kevins Harfe klagte schmerzerfüllt, und Lancelot weinte an ihrer Seite, während man Viviane davontrug.
    Morgaine erzählt…
    Ich folgte der Bahre hinaus aus der großen Halle mit der Runden Tafel. Ich weinte – soweit ich mich erinnern konnte, war es das zweite Mal in meinem Leben…
    Und doch stritt ich mich in dieser Nacht mit Kevin. Zusammen mit den Hofdamen der Königin bereitete ich Vivianes Leichnam auf das Begräbnis vor. Gwenhwyfar schickte ihre Frauen. Sie schickte Leinen, wohlriechende Salben und ein samtenes Bahrtuch. Aber sie selbst kam nicht. Das war auch gut so. Eine Priesterin von Avalon sollte von ihresgleichen zur Ruhe gebettet werden. Ich sehnte mich nach meinen Schwestern aus dem Haus der Jungfrauen. Aber zumindest sollte keine christliche Hand sie berühren. Als ich mein Werk beendet hatte, kam Kevin, um die Totenwache zu halten.
    »Ich habe Taliesin gebeten, heute nacht zu schlafen. Als Merlin von Britannien bin ich dazu befugt. Er ist sehr alt und schwach… ein Wunder, daß sein Herz heute nicht versagte. Ich fürchte, er wird Viviane nicht lange überleben. Balin hat sich beruhigt«, fügte er hinzu. »Vermutlich weiß er inzwischen, was er getan hat… sicher ist es in einem Anfall von Wahnsinn geschehen. Er ist bereit, mit dem Leichnam nach Glastonbury zu reiten und jede Buße anzunehmen, die der Erzbischof ihm auferlegt.«
    Ich starrte ihn wutentbrannt an. »Und das läßt du zu? Du läßt sie in die Hände der Kirche fallen? Was mit dem Mörder geschieht, ist mir gleichgültig. Aber Viviane muß nach Avalon gebracht werden!« Mühsam unterdrückte ich die aufsteigenden Tränen. »Wir wollten zusammen nach Avalon gehen…«
    »Artus hat angeordnet«, erwiderte Kevin ruhig, »sie soll vor der Kirche in Glastonbury bestattet werden, wo alle ihr Grab sehen.«
    Ich schüttelte fassungslos den Kopf. Waren alle Männer an diesem Tag wahnsinnig? »Viviane muß in Avalon ruhen, wo seit Anbeginn der Zeiten alle Priesterinnen der Großen Mutter begraben wurden. Und sie war die Herrin vom See!«
    »Sie war auch Artus
'
Freundin und Wohltäterin«, erwiderte Kevin. »Er will, daß ihr Grab zu einer Pilgerstätte wird.« Er hob die Hand, um mich am Sprechen zu hindern. »Nein, höre mir zu, Morgaine… Es liegt etwas Vernünftiges in dem, was Artus sagt. Unter seiner Herrschaft ist noch nie ein so schreckliches Verbrechen begangen worden. Er kann ihr Grab nicht den Augen und Gedanken der Menschen entziehen. Sie muß dort begraben werden, damit alle Menschen die Gerechtigkeit des Königs und die Gerechtigkeit der Kirche erkennen können.«
    »Und du läßt das geschehen?«
    »Morgaine«, antwortete er sanft, »es ist nicht an mir, etwas zu erlauben oder zu verweigern. Artus ist Großkönig, und sein Wille gilt in diesem Reich.«
    »Und Taliesin erhebt keinen Einspruch? Oder hast du ihn deshalb schlafen geschickt, damit er aus dem Weg ist, und du mit Einwilligung des Königs diese lästerliche Tat vollbringen kannst? Willst du, daß Viviane ein Begräbnis mit christlichen Zeremonien erhält…? Sie, die Herrin vom

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