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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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sollte sie Artus nicht sagen, daß er einen Sohn hat?
Eine Ahnung durchzuckte Gwenhwyfar, und es nahm ihr den Atem.
    Morgaine dachte:
Eine Priesterin von Avalon lügt nicht. Und doch, ich bin aus Avalon verstoßen, deshalb muß ich lügen, wenn nicht alles umsonst gewesen sein soll. Ich muß schnell und überzeugend lügen…
    »Wer war es denn?« fragte Gwenhwyfar herausfordernd. »Eine dieser Hurenpriesterinnen aus Avalon, die sich an ihren heidnischen Festen in Sünde und Wollust zu den Männern legen?«
    »Du weißt nichts von Avalon«, antwortete Morgaine und kämpfte darum, ihrer Stimme Festigkeit zu geben. »Deine Worte sind leer wie der Wind…«
    Doch Artus ergriff sie am Arm und sagte: »Morgaine… meine Schwester…«, und sie glaubte, im nächsten Augenblick weinen zu
    müssen… wie Artus an jenem Morgen in ihren Armen geweint hatte, als er erkannte, daß Viviane sie beide zusammengebracht hatte…
    Ihr Mund war trocken, und ihre Augen brannten. Sie antwortete: »Ich sprach… von deinem Sohn… nur um Gwenhwyfar zu trösten, Artus. Sie fürchtete, sie könne von dir kein Kind bekommen…«
    »Hättest du das doch gesagt, um
mich
zu trösten«, sagte Artus mit verzerrtem Lächeln. »All die Jahre habe ich geglaubt, keinen Sohn zeugen zu können, selbst nicht zum Wohl meines Reiches… Morgaine, du mußt mir die Wahrheit sagen.«
    Morgaine holte tief Luft. Im tödlichen Schweigen des Gemachs hörte sie irgendwo draußen einen Hund bellen und das Zirpen einer Grille. Schließlich antwortete sie: »Im Namen der Göttin, Artus, da du darauf bestehst, es zu hören… Ich habe dem Hirschkönig einen Sohn geboren, zehn Monate nachdem du auf der Dracheninsel zum König gemacht wurdest. Er wuchs bei Morgause auf, und sie mußte mir schwören, daß niemand dieses Geheimnis aus ihrem Mund erfährt. Nun hörst du es aus meinem Mund. Und damit laß es gut sein.«
    Artus wurde totenbleich. Er umarmte sie, und sie spürte, wie er zitterte. Tränen rannen über sein Gesicht, und er wischte sie nicht weg. »Oh, Morgaine, Morgaine, meine arme Schwester… Ich wußte, was ich dir angetan habe. Aber ich hätte mir nie träumen lassen, daß das Unrecht so groß war…«
    »Es ist also wahr?« schrie Gwenhwyfar. »Diese Hure, die deine Schwester ist, hat ihre Hexenkünste an ihrem eigenen Bruder versucht…!«
    Artus fuhr herum, ließ Morgaine aber nicht los. Mit einer Stimme, die sie noch nie bei ihm gehört hatte, sagte er zu Gwenhwyfar: »Schweig! Kein Wort mehr gegen meine Schwester… es war weder ihre Absicht noch ihre Schuld!«
    Erschüttert atmete er schwer und tief, und Gwenhwyfar blieb Zeit, das Echo ihrer häßlichen Worte selbst zu hören.
    »Meine arme Schwester«, sagte Artus schließlich. »Du hast diese Bürde ganz allein getragen, und nie, wie es richtig gewesen wäre, mich dafür verantwortlich gemacht… Nein, Gwenhwyfar«, er wandte sich
    nach der Königin um und fuhr ernst und gesammelt fort: »Es war nicht, was du glaubst. Es geschah bei meiner Krönung, und keiner von uns kannte den anderen… Es war dunkel, und wir hatten uns lange nicht mehr gesehen. Als man uns trennte, war ich noch so klein, daß Morgaine mich auf den Armen tragen konnte. Sie war für mich nicht mehr als die Priesterin der Großen Mutter, und ich war für sie nur der Gehörnte. Als wir uns erkannten, war es zu spät, und das Unheil war geschehen.« Der König kämpfte mit den Tränen. Er drückte Morgaine an sich und schluchzte: »Morgaine, Morgaine, du hättest mir es sagen müssen!«
    »Und wieder denkst du nur an sie«, kreischte Gwenhwyfar. »Du denkst nicht an deine schwerste Sünde… Sie ist deine Schwester, das Kind deiner Mutter, und für eine solche Sünde wird Gott dich bestrafen…«
    »Er hat mich schon gestraft«, sagte Artus und drückte Morgaine eng an sich. »Aber die Sünde geschah unwissentlich und ohne die Absicht, etwas Böses zu tun.«
    »Vielleicht straft dich Gott deshalb und schenkt dir keine Kinder. Aber selbst jetzt, wenn du Buße tust und bereust…« Gwenhwyfar versagte die Stimme.
    Behutsam befreite sich Morgaine aus Artus' Armen. Gwenhwyfar sah mit ohnmächtigem Zorn, wie Morgaine beinahe geistesabwesend des Königs Tränen mit ihrem Taschentuch trocknete – mit der Geste einer Mutter oder einer älteren Schwester, die nichts mit der Verruchtheit zu tun hatte, die Gwenhwyfar darin sehen wollte.
    Morgaine sagte: »Gwenhwyfar, du denkst zuviel an Sünde. Artus und ich haben nicht gefehlt. Sünde ist

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