Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
Lancelot und Kevin, den Merlin Britanniens, verführt hatte. Morgaine war eine zu große Hure, um sich auch nur einen Mann entgehen zu lassen.
Als Artus schließlich langsam und mit schweren Schritten zu ihr kam, überwältigte sie der Kummer. Nur damals, als er mit der lebensgefährlichen Wunde aus der Schlacht zu ihr zurückkehrte, hatte er ähnlich ausgesehen. Plötzlich spürte sie, seine Seele mußte schwer verwundet sein, schwerer als sie sich das vorstellen konnte. Sie überlegte flüchtig, ob Morgaine nicht richtig gehandelt hatte, ihm das Wissen zu ersparen. Nein, als seine treue Ehefrau hatte sie gehandelt, um die Reinheit seiner Seele und ihrer Rettung willen. Was bedeutete dagegen eine kleine Demütigung? Der König hatte sein Festgewand abgelegt und trug eine einfache schmucklose Tunika. Gwenhwyfar vermißte die Krone, die er bei solchen Gelegenheiten trug. Seine goldblonden Haare wirkten stumpf und grau. Die Ritter begrüßten seinen Eintritt mit stürmischen Hochrufen und fröhlichen Worten.
Artus nahm ihre Freude ernst entgegen, dann lächelte er und hob die Hand. »Ich bedauere, daß ich euch alle habe warten lassen«, sagte er. »Ich bitte euch, vergebt mir. Das Mahl möge beginnen.«
Seufzend setzte er sich auf seinen Platz. Knappen und Diener gingen mit dampfenden Schüsseln und Tellern herum; und die Vorschneider machten sich ans Werk. Gwenhwyfar ließ sich ein paar Scheiben gebratener Ente auf den Teller legen. Aber sie spielte nur mit dem Fleisch. Nach einiger Zeit wagte sie den Blick zu heben und Artus anzusehen. Er saß vor seinem leeren Teller. Sie sah nur einen Kanten Brot daneben, noch nicht einmal Butter und in seinem Becher nur Wasser. Vorwurfsvoll fragte sie ihn: »Warum ißt du denn nichts?«
Der König lächelte dünn: »Nicht aus Mißachtung der Speisen. Alles ist sicher so gut wie immer, meine Liebe.«
»Es ist aber nicht richtig, an einem Festtag zu fasten…« Artus verzog das Gesicht. »Nun, wenn du es genau wissen mußt«, sagte er unwirsch, »der Bischof fand, daß meine Sünde so schwer ist, daß er mich nicht mit einer üblichen Buße lossprechen kann. Da du es so gewollt hast, Gwenhwyfar, nun bitte…« Er wies ergeben auf sich und dann auf den Teller: »Deshalb komme ich zum Pfingstfest in meiner Tunika anstatt in meinem Festgewand. Ich werde auch noch oft fasten müssen und viel beten, ehe ich meine Buße geleistet habe… aber dein Wunsch ist in Erfüllung gegangen, Gwenhwyfar.«
Er griff nach dem Becher und trank entschlossen. Gwenhwyfar wußte, er wollte nichts weiter darüber hören. Aber
so
schrecklich hatte sie es sich nicht vorgestellt… Die Königin biß die Zähne aufeinander, um nicht zu weinen. Aller Augen waren auf sie gerichtet, sie wollte das Aufsehen nicht noch vergrößern. Es war schon sonderbar genug, daß der König an seinem höchsten Fest an seiner eigenen Tafel fastete. Der Regen trommelte auf das Dach. In der Halle herrschte eine seltsame Stille. Endlich hob Artus den Kopf und rief nach Musik.
»Morgaine soll für uns singen… sie ist besser als alle Spielleute!«
Morgaine! Morgaine! Immer nur Morgaine!
Aber was konnte sie dagegen tun? Gwenhwyfar stellte fest, daß Morgaine das rote Gewand vom Morgen abgelegt hatte und ein dunkles, strenges Kleid wie eine Nonne trug. Ohne ihre bunten Bänder sah sie weniger wie eine Dirne aus. Artus' Schwester griff nach ihrer Harfe und setzte sich in die Nähe des Königs.
Da es sein Wunsch zu sein schien, herrschte bald wieder Lachen und Fröhlichkeit. Und als Morgaine zu singen aufhörte, nahm einer der Männer die Harfe und dann noch einer. Es herrschte ein fröhliches Hin und Her zwischen den Tischen. Man sang, redete und trank.
Lancelot näherte sich ihnen. Artus bat ihn mit einem freundlichen Wink, sich wie in alten Tagen zu ihnen auf die Bank zu setzen. Die Diener brachten große Platten mit Süßigkeiten und Früchten, Bratäpfel in Sahne und Wein und alle Arten von feinem Gebäck und Kuchen. Man sprach über alles mögliche. Einen Augenblick lang fühlte sich Gwenhwyfar glücklich. Es war wie in alten Zeiten, als sie alle noch Freunde waren und sich liebten… warum nur hatte es nicht so bleiben können? Nach einiger Zeit erhob sich Artus und sagte: »Entschuldigt mich. Ich werde jetzt zu meinen älteren Rittern hinübergehen und mich mit ihnen unterhalten. Ich habe junge Beine. Manche meiner Gefährten sind inzwischen alt und grau geworden. Pellinore… es sieht nicht so aus, als könne er es
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