Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
Nordwales war unter ihnen. Er wirkte behäbig, und sein Haar war grau geworden. Aber er hatte noch alle Zähne, und wenn notwendig führte er noch immer seine Männer in die Schlacht.
Der alte Recke sagte: »Ich bin gekommen, um Euch um eine Gunst zu bitten, König Artus. Ich möchte wieder heiraten und mich gerne mit Eurem Haus verbinden. Wie ich gehört habe, lebt Lot von Lothian nicht mehr. Ich bitte um Erlaubnis, Morgause, seine Witwe, heiraten zu dürfen.«
Artus mußte mit Mühe ein Lachen unterdrücken. »Ah, lieber Freund, diese Bitte solltet Ihr an den edlen Gawain richten. Er herrscht jetzt in Lothian. Ich bin sicher, er wäre glücklich, seine Mutter wieder zu verheiraten… Aber die Dame ist bestimmt alt genug, um eigene Vorstellungen zu haben. Ich kann ihr nicht befehlen zu heiraten… es wäre das gleiche, als wolle ich es meiner Mutter befehlen!«
Gwenhwyfar durchzuckte eine plötzliche Eingebung. Es war eine ausgezeichnete Lösung! Artus hatte selbst gesagt, man würde Morgaine am Hof verachten oder verdammen, wenn es bekannt würde.
Sie zupfte den Gemahl am Ärmel und sagte leise: »Artus, Uriens ist ein wertvoller Verbündeter. Du hast mir gesagt, die Bergwerke von Wales mit ihrem Eisen und ihrem Blei sind für dich ebenso wichtig, wie sie es für die Römer waren… und eines Tages mußt du deine Schwester verheiraten.«
Er sah sie verblüfft an. »Uriens ist alt!«
»Morgaine ist älter als du«, erwiderte sie. »Und Uriens hat erwachsene Söhne und Enkelkinder. Es wird ihm bestimmt nichts ausmachen, wenn Morgaine ihm keine Kinder schenkt.«
»Das ist wahr«, sagte Artus nachdenklich. »Es scheint mir eine gute Verbindung zu sein.« Er hob den Kopf und sagte zu Uriens: »Königin Morgause kann ich nicht befehlen, sich wieder zu vermählen. Aber meine Schwester, die Herzogin von Cornwall, ist noch nicht verheiratet.«
Uriens erwiderte mit einer Verbeugung: »Es steht mir nicht zu, soviel zu verlangen, mein König. Aber wenn Eure Schwester einwilligt, Königin an meinem Hof zu werden…«
»Ich werde keine Frau gegen ihren Willen zu einer Heirat zwingen. Aber ich werde sie fragen«, sagte Artus. Er winkte einem Knappen. »Bitte Lady Morgaine zu mir zu kommen, wenn sie ihr Singen beendet hat.«
König Uriens' Augen hingen an Morgaine, deren dunkles Gewand ihre Haut heller wirken ließ. »Eure Schwester ist sehr schön. Jeder Mann würde sich glücklich schätzen, eine solche Gemahlin zu haben.«
Uriens kehrte an seinen Platz zurück. Artus beobachtete Morgaine, die nun auf ihn zukam, und sagte: »Sie ist schon zu lange unvermählt… sie muß sich nach einem eigenen Hausstand sehnen, wo sie die Herrin ist und nicht immer einer anderen Frau dient. Für viele der jungen Männer ist sie zu gelehrt. Uriens wird glücklich und dankbar sein, wenn sie ihm die Ehre erweist… ich wünschte nur, er wäre nicht so alt…«
»Ich glaube, mit einem älteren Mann wird sie glücklicher sein«, erklärte Gwenhwyfar. »Sie ist kein flatterhaftes junges Ding.«
Morgaine verneigte sich vor ihnen. Hier, vor allen Leuten, zeigte sie sich lächelnd und gefaßt. Diesmal war Gwenhwyfar froh darüber.
»Schwester«, begann Artus. »Jemand hält um deine Hand an. Und nach diesem Morgen…«, er senkte die Stimme, »ich hielte es für gut, wenn du den Hof für eine Weile verlassen würdest.«
»Ich würde mit Freuden gehen, Bruder.«
»Ja, dann…«, fuhr Artus fort. »Wie würde es dir gefallen, in Nordwales zu leben? Wie ich höre, ist es sehr einsam dort, aber sicher nicht einsamer als Tintagel…«
Zu Gwenhwyfars Überraschung errötete Morgaine wie ein fünfzehnjähriges Mädchen. »Ich will nicht so tun, als überrasche mich das allzusehr, Bruder.«
Artus lachte leise. »Oh, der schlaue Fuchs hat mir nicht verraten, daß er mit dir bereits gesprochen hat.«
Morgaine spielte mit hochrotem Kopf an ihrem Zopf. Gwenhwyfar dachte:
Sie sieht bei weitem nicht so alt aus, wie sie ist.
»Du kannst ihm sagen, ich wäre glücklich, in Nordwales zu leben.«
Artus erkundigte sich freundlich: »Stört dich sein Alter nicht?« Morgaines Gesicht war rosig angehaucht. »Wenn es ihn nicht stört, ich bin es zufrieden.«
»So sei es denn«, Artus bedeutete Uriens mit einem Wink zu kommen. Der alte Ritter trat strahlend zu ihnen. »Meine Schwester hat erklärt, sie wäre mit Freuden Königin von Nordwales, mein Freund. Ich sehe keinen Anlaß, die Vermählung nicht in aller Kürze zu feiern… vielleicht am Sonntag.«
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