Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
entgegenschleudern:
Du hast ein Dutzend Leibdiener. Ich bin deine Königin, nicht deine Magd,
aber dann besann sie sich, lächelte und antwortete: »Gerne.« Sie befahl einem Edelknaben, ihre Kräuteröle zu bringen. Sollte er ruhig denken, daß sie sich in allem fügte. Krankenpflege gehörte zu den Aufgaben einer Priesterin. Es war das kleinste Übel, und sie erfuhr dadurch von seinen Plänen und Gedanken. Sie walkte ihm den Rücken, salbte ihm die wunden Füße und lauschte geduldig den ausführlichen Geschichten über die Streitigkeiten, die er am Vortag geschlichtet hatte.
Jede Frau wäre Uriens als Königin recht, solange sie ihm ein freundliches Gesicht zeigt und ihn mit liebevoller Hand streichelt. Nun, er soll seinen Willen haben, solange es meinen Zwecken dient.
»Wie es aussieht, bekommen wir einen schönen Tag. Es regnet nie, wenn die Felder im Sommer gesegnet werden«, erklärte Uriens. »Die Göttin blickt freundlich auf die Felder herab, die ihr geweiht werden… so sagte man früher, als ich noch jung und ein Heide war… die Große
Ehe kann nicht im Regen vollzogen werden.« Er lachte. »Und doch erinnere ich mich an einen Sommer… ich war damals noch sehr jung, und es hatte zehn Tage geregnet… da wälzten wir, die Priesterin und ich, uns wie Schweine im Schlamm! Oh, Morgaine, was waren das für Zeiten.« Uriens wurde wieder ernst. »Natürlich ist das lange her… jetzt wollen die Menschen einen würdevollen König.
Die
Zeiten sind für immer vorbei.«
Sind sie das? Ich weiß nicht.
Aber Morgaine schwieg. Sie stellte sich vor, daß der junge Uriens als König vermutlich stark genug gewesen wäre, sich der Woge des Christentums entgegenzustellen, die das Land überschwemmt hatte. Wenn Viviane sich doch besser darum bemüht hätte, einen König auf den Thron zu setzen, der sich nicht in die Hände der Priester begab… Aber natürlich, wer konnte voraussehen, daß Gwenhwyfar so lammfromm werden würde. Warum hatte der Merlin nicht eingegriffen?
Und wenn der Merlin von Britannien und die weisen Priesterinnen von Avalon untätig zusahen, wie diese Welle das Land überflutete und die alten Sitten und Götter mit sich riß und verschlang, wie konnte sie dann Uriens anklagen? Schließlich war er nur ein alter Mann und wollte seinen Frieden. Es wäre unvernünftig, ihn sich zum Feind zu machen. Solange er zufrieden war, würde er sich nicht darum kümmern, was sie tat… Sie wußte selbst noch nicht, was sie vorhatte, wußte aber, daß die Tage der stummen Gefügigkeit vorüber waren.
Morgaine sagte: »Hätte ich dich doch schon damals gekannt.« Der König küßte sie liebevoll auf die Stirn.
Hätte ich ihn genommen, als ich heiratsfähig wurde, wäre Nordwales nie ein christliches Land geworden. Aber noch ist es nicht zu spät. Es gibt noch genug Menschen, die nicht vergessen haben, daß der König die Schlangen von Avalon um die Handgelenke hat – mögen sie auch verblaßt sein – und mit einer Frau vermählt ist, die einmal Priesterin der Herrin von Avalon war. Hier hätte ich ihr in all den Jahren besser dienen können als in Gwenhwyfars Schatten auf Camelot, an Artus
'
Hof.
Morgaine dachte daran, daß Gwenhwyfar mit einem Mann wie Uriens zufrieden gewesen wäre. Ihn hätte sie besser in ihrer Welt halten können, als Artus, der sich einer Aufgabe verschrieb, an der sie keinen Anteil hatte.
Es hatte auch eine Zeit gegeben, in der Morgaine Einfluß auf ihren Bruder besaß… den Einfluß der Frau, die ihn zum Mann gemacht hatte, die für ihn das Gesicht der Göttin trug. In ihrer Torheit und ihrem Stolz hatte sie Artus in Gwenhwyfars Hände und in die Hände der Kirchenmänner gegeben. Heute begriff sie Vivianes Absicht. Aber jetzt war es zu spät.
Wir beide hätten über dieses Land herrschen können. Man hätte Gwenhwyfar als Großkönigin geehrt. Aber ihr hätte nur Artus
'
Körper gehört. Sein Herz, seine Seele und seine Gedanken wären mein gewesen. Was war ich doch für eine Närrin… Er und ich hätten regieren können – für Avalon. Jetzt ist mein Bruder ein Werkzeug der Christenpriester. Er trägt immer noch Excalibur, das Heilige Schwert der Druiden, und der Merlin von Britannien sieht untätig zu. Ich muß das Werk weiterführen, das Viviane begonnen hat… Oh, Göttin, wieviel habe ich vergessen…
Sie erschrak vor ihrem eigenen Mut. Uriens unterbrach sich gerade in seiner Geschichte. Morgaine hatte aufgehört, seine Füße zu kneten. Er sah sie fragend an, und Morgaine
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