Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
ihre kupferroten Haare reichten ihr fast bis zu den Knien. Es trug ein grünes Gewand, das sehr alt wirkte. Wußte eine von ihnen, daß der König und seine Königin hier oben standen und zusahen? Fiel einem der Mädchen auf, wie fehl am Platz der Priester wirkte, der ihnen, zwei schwarz gekleidete Knaben mit Kerzen und Kreuzen zur Seite, folgte und in schlechtem Latein Gebete sang? Morgaine sprach besser Latein als er!
    Die Priester hassen die Fruchtbarkeit und das Leben so sehr, daß es ein wahres Wunder ist, wenn unter ihrem sogenannten Segen die Felder nicht verdorren…
    Wie als Antwort auf ihre Gedanken fragte hinter ihr eine sanfte Stimme: »Ich möchte wissen, Herrin, ob außer uns jemand weiß, was hier wirklich geschieht!« Accolon reichte Morgaine seinen Arm, um ihr über eine große Scholle hinwegzuhelfen. Wieder sah sie die leuchtend blauen Schlangen auf seinen Handgelenken.
    »König Uriens weiß es und versucht, es zu vergessen. Für mich ist das eine größere Gotteslästerung als schlichte Unwissenheit.« Sie erwartete, Accolon würde zornig werden – sie hatte es sogar darauf angelegt. Des Ritters Hand auf ihrem Arm weckte den heftigen Hunger, das innere Aufbegehren… er war jung und schön. Und sie… sie war die alternde Frau seines alten Vaters… die Dorfbewohner ließen sie ebenso wenig aus den Augen wie die Familie und der Hauspriester!
    Sie konnte nicht einmal frei sprechen und mußte ihn mit kühler Förmlichkeit behandeln… als ihren Stiefsohn. Wenn Accolon jetzt ein freundliches oder gar mitleidiges Wort für sie hatte, würde sie laut aufschreien, sich die Haare raufen und das Gesicht zerkratzen…
    Aber Accolon entgegnete so leise, daß sicher keiner der anderen es hörte: »Vielleicht gibt sich die Göttin damit zufrieden, daß
wir
es wissen, Morgaine. Sie wird uns nicht im Stich lassen, solange auch nur ein Mensch sie verehrt.«
    Morgaine blickte ihn an. Accolon hatte die Augen auf sie gerichtet, hielt die Königin höflich, zurückhaltend und ritterlich an der Hand. Aber sie glaubte zu spüren, wie der Strom seiner heißen Leidenschaft durch ihren ganzen Körper floß. Doch plötzlich überkam sie Angst und wollte sich von ihm lösen.
    Ich bin die Frau seines Vaters. Mich darf er am allerwenigsten begehren. In diesem Christenland darf er mich noch weniger begehren, als Artus, mein Bruder, es durfte.
    Eine alte Erinnerung aus Avalon drängte sich ihr auf. Ein Druide, der die jungen Priesterinnen in der geheimen Weisheit unterrichtete, hatte einst – vor mindestens zehn Jahren – gesagt:
Wenn die Botschaft der Götter dir den Weg deines Lebens weisen soll, dann achte auf das, was sich wiederholt… immer und immer wiederholt. Denn es ist die karmische Lektion über das Wissen um die Wiedergeburt nach dem Tode, die dir die Götter erteilen, und du mußt sie in diesem Leben lernen. Sie wird dir wieder und wieder vor Augen geführt, bis du sie zu einem Teil deiner Seele und deines unsterblichen Geistes gemacht hast. Was wurde mir immer und immer wieder vor Augen geführt?
Jeder Mann, den sie begehrte, stand ihr verwandtschaftlich zu nahe… Lancelot war der Sohn ihrer Pflegemutter, Artus der Sohn ihrer eigenen Mutter und Accolon der Sohn ihres Gemahls…
Aber nur nach den Gesetzen der Christen, die über dieses Land herrschen wollen, sind wir zu nahe verwandt… die Christen wollen eine neue Tyrannei errichten. Sie wollen nicht nur die Gesetze machen, sondern auch Geist, Herz und Seele bezwingen. Erlebe ich in meinem Leben die ganze Tyrannei dieses Gesetzes, damit ich als Priesterin lerne, warum sie abgeschüttelt werden muß?
Morgaine bemerkte, daß ihre Hand in der seinen zitterte. Sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen und sagte zu Accolon: »Glaubt Ihr wirklich, die Göttin würde der Erde kein Leben schenken, wenn die Menschen ihr nicht mehr dienen?«
    Diese Frage hätte eine Priesterin in Avalon einem Priester stellen können. Wie jeder in Avalon kannte Morgaine auch die Antwort darauf: Die Götter waren wie sie waren. Ihr Wille geschah auf Erden, ob die Menschen ihr Tun nun ablehnten oder billigten. Der Ritter antwortete mit einem merkwürdigen Lächeln, bei dem seine weißen Zähne aufblitzten. »Dann, Herrin, müssen wir dafür sorgen, daß die Große Göttin immer erhält, was ihr zusteht, damit das Leben auf der Welt nicht versiegt.« Und dann gab er ihr den Namen, mit dem nur der Priester eine Priesterin im Ritual benennen durfte. Morgaines Herz klopfte so heftig, daß ihr

Weitere Kostenlose Bücher