AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
Patriarch dem Hohepriester aus dem Tempel Aller Götter aufgeschwatzt, der als einer der wenigen dem Wiederaufbau des Großen Zirkus ablehnend gegenüberstand. Aber als der alte Herrscher listig angedeutet hatte, welch ungünstigen Eindruck es auf die Gläubigen machen würde, wenn die Götter nicht Anteil nahmen und dass auch der Tempel gewiss den einen oder anderen Groschen brauchen könnte, hatte der Hohepriester widerwillig zugestimmt. So wurde eine Loge den Göttern geweiht und er würde darin zusammen mit den anderen Priestern zumindest an der Eröffnung teilnehmen.
So blieb noch eine Loge übrig. Hoch und niedrig rätselte, wem sie zufallen würde, denn der Patriarch hüllte sich in Schweigen.
Einige schwindelerregend hohe Gebote aus den Kreisen der Unterwelt wurden abgelehnt - soweit ging selbst die Geldgier des Patriarchen nicht, und außer Fortunagra hatte kein Patron das Geschick, sich eine Loge zu ergaunern.
Eine Zeitlang ging das Gerücht herum, die Loge würde unter den Vornehmen verlost werden, und der glückliche Gewinner dürfe sie dann bezahlen, wie auch jedes Los bezahlt werden müsse, aber es blieb bei dem Gerücht und das Rätselraten dauerte an.
Der Patriarch lebte sichtlich auf und amüsierte sich täglich aufs Neue über die Erzählungen, die ihm über die Rangeleien der Vornehmen um die besten Plätze zugetragen wurden.
»Bist du nicht dankbar, dass du dich nicht um deinen Sitzplatz sorgen musst, Täubchen?«
Gut gelaunt kniff er seine Gemahlin in die Wange und Isabeau lächelte schwach.
»Du darfst dir auch ein paar Freundinnen einladen«, fuhr er großzügig fort, »zwei oder drei, da du ja die gute Margeau entbehren musst. Wo sie nur hingekommen ist?«
Isabeau erblasste und der Patriarch tätschelte mitfühlend ihr Knie.
»Wenn du mich fragst, Isa, sie war immer zu waghalsig, die Kleine. Hat einmal zuviel mit dem Feuer gespielt und ist an den Falschen geraten. Das kommt davon, dass sie keinen Herrn und Meister hatte! Es ist nicht gut, wenn Frauen zuviel Freiheit haben. Ich frage mich, ob ich das Weibervolk nicht von den Zirkusspielen ausschließe - sollen sie spinnen und weben wie ihre Vorgängerinnen.«
Das Gerücht machte die Runde und ein solcher Sturm der Entrüstung erhob sich unter den Frauen von Dea, dass alle Ehemänner den Patriarchen herzlich baten, das Verbot doch zurückzunehmen. Cosmo Politanus lachte, dass ihn beinahe der Schlag traf, und kam ihrer Bitte nach.
Eine allgemeine, freudige Aufregung hüllte Dea ein, gerade wie die kühlen Herbstnebel, die jeden Morgen über der Stadt hingen. Aber die Götter meinten es gut und noch war das Wetter schön. Wenn alles lief, wie der Patriarch es wünschte, würde man vor den Herbststürmen die große Einweihung feiern und mit den Spielen und den Kornspenden würde der Friede in der Stadt über die kargen Wintermonate hinweg erhalten bleiben. Aber die Zeit wurde knapp und so drängte der Patriarch und jedes Mal, wenn der oberste Baumeister Ducas Violetes kam, um von der Baustelle zu berichten, wurde die Unterredung stürmischer.
1. Kapitel
2. Tag des Rebenmondes 1465 p.DC
Meister Violetes teilte die allgemeine freudige Aufregung nicht. Er saß in seiner Bauhütte, einem kleinen hölzernen Verschlag unter den großen Rundbögen des inneren Ringganges. Eine Seite der Zeltbahn, die das Dach bildete, war zurückgerollt und in dem Sonnenstrahl, der durch die Bögen auf seine Zeichnungen fiel, tanzten Myriaden winziger Staubkörnchen. Es war noch früh, aber von draußen drangen die Stimmen der Arbeiter und der Lärm der großen Baustelle herein. Die Tage wurden kürzer und die Arbeiter mussten sich tummeln. Und er nicht weniger, deshalb saß er auch jetzt schon über seine Pläne gebeugt, von denen einige Kopien uralter kostbarer Zeichnungen waren, die er teils selbst besaß, teils von Sammlern geliehen hatte.
Viele hatte er jedoch eigenhändig angefertigt, in jahrzehntelanger, mühevoller Arbeit. Sie waren sein Lebenswerk, so wie die Arbeit, die er hier unternommen hatte, die Krönung seines Lebens sein sollte. Das hatte er zumindest gehofft, als der Patriarch ihm den Auftrag erteilt hatte. Ja, er hatte wirklich geglaubt, dem Stadtherrn wäre daran gelegen, dieses gewaltigste und erhabenste Bauwerk der Alten in neuem Glanze erstehen zu lassen, aus Hochachtung vor den großen Ahnen und zur Erbauung der Nachgeborenen.
Der Meister erlaubte sich ein bitteres Lächeln, während er zwei Bögen, die den Aufriss des
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