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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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Stummen war allerdings manchmal mühsam und neulich hatte er ihm einen rechten Bärendienst erwiesen.
    Violetes runzelte finster die Stirn, als er an den Auftrag dachte, den Vitalonga ihm beschert hatte.
    Er war im Laufe der Jahre so bekannt geworden, dass er sich seine Aufträge aussuchen konnte, und manche lehnte er einfach ab. Verblümt oder unverblümt, je nachdem wie mächtig und gefährlich der Auftraggeber war. Faustus Messala, der Bordellbesitzer, der ohne mit der Wimper zu zucken auch den doppelten Preis für die Verschönerung der Fassaden seiner Freudenhäuser im alten Stil gezahlt hätte, ebenso wie die Familie d’Aquinas, die das wundervolle Ebenmaß ihres alten Stadtpalastes durch einige Türmchen »verbessern« wollte. Das war heikel gewesen, Guy d’Aquinas nahm nicht gerne ein Nein entgegen.
    Manchmal war Violetes allerdings auch ins Schwanken geraten.
    So hatte er vor etwa zehn Jahren den Auftrag einer Badehausbetreiberin, eines schwarzen, furchterregenden Weibes, angenommen. Als er die unterirdischen Badekammern gesehen hatte, die wie durch ein Wunder fast vollständig erhalten geblieben waren, hatte er nicht widerstehen können, obwohl er die Frau mit ihrem bizarren Aussehen und ihren derben Reden herzlich missbilligte. Aber sie hatte prompt bezahlt und ihm nicht in seine Arbeit hineingeredet, das musste er ihr lassen.
    Nun sollte er wieder einen Baderaum im Stil der Alten bauen, aber die Auftraggeber waren äußerst zwielichtige Gestalten. Ein junges Gaunerpärchen, das sich - man staune über diese Unverschämtheit - im Palast der Kaiserinnen auf dem Ruinenfeld eingenistet hatte. Trotz Vitalongas warmer Empfehlung hatten die beiden Violetes gar nicht gefallen: Der junge Mann hatte ein richtiges Galgengesicht unter seiner herausfordernden Frisur und einen frechen, beunruhigenden Blick, und die junge Frau war so unziemlich gekleidet gewesen, dass Violetes nicht gewusst hatte, wohin er seine Augen wenden sollte. In ihrer Nase hatte ein Diamant gefunkelt, das dünne weiße Hemd und das enge Wams hatten nicht viel verborgen und sie hatte ihre Beine zur Schau gestellt! Dabei hatten sie so unverschämt selbstsicher gewirkt, so felsenfest davon überzeugt, dass er eilen würde, um ihren Wünschen nachzukommen - aber sie sollten schon sehen, dass auch er sich nicht drängen ließ!
    Von anderen Handwerkern, die für die beiden arbeiteten, hatte er gehört, dass es wesentlich gefährlicher war, diesem jungen Mann etwas abzuschlagen als Guy d’Aquinas. Auch Vitalonga hatte bedenklich den Kopf gewiegt, als Violetes ihm seine Ablehnung mitgeteilt hatte. Und Violetes musste zugeben, dass ihm unter dem Blick des Burschen so unbehaglich geworden war, dass er sich immerhin bequemt hatte, die beiden in ihrem Palast aufzusuchen. Seitdem hielt er sie hin, in bester Handwerkermanier, und mit der Arbeit an der großen Baustelle hatte er ja auch eine wundervolle Ausrede. Und weil ihn der Hochmut der beiden Grünschnäbel so ärgerte, hatte er auch die anderen Handwerker überredet, ihre Arbeiten in dem alten Palast einzustellen. Violetes war ein mächtiger Mann in ihrer Zunft und sie gehorchten, wenn auch etwas bänglich. Was aber bedeutete diese kleine Genugtuung gegenüber den Sorgen, die ihm der Zirkus machte?
    Meister Violetes seufzte. Es schien, als sei der alte, kranke Mann auf dem Thron der Patriarchen mit seinem gichtigen Bein und seiner Kurzatmigkeit immer noch ein mächtigerer Tyrann als jähzornige Adelige und verbrecherische Gedankenlenker, denn es gelang dem Baumeister nicht, sich mit seinen Vorschlägen und Warnungen zu behaupten. Dabei ging es hier nicht darum, seinen eigenen Dickschädel durchzusetzen, sondern um seine Verantwortung als oberster Leiter des Wiederaufbaus. Er musste für die Sicherheit all der Menschen sorgen, die den Zirkus betreten würden, und was er gesehen hatte, als er mit Fackeln und Spiegeln in den riesigen unterirdischen Räumen des Zirkus umhergewandert war, hatte ihn recht bedenklich gestimmt.
    Da lag eine Menge Arbeit vor ihm und allen Bauleuten der Stadt, eine Eröffnung in diesem Jahr, ja selbst im nächsten oder übernächsten, erschien seinem fachmännischen Verstand beinahe verbrecherischer Leichtsinn.
    Der Meister griff nach einem Stück farbiger Kreide und färbte einige Partien auf den Aufrissen rot, mit mehr Druck, als nötig gewesen wäre. Den losen Staub blies er ab, legte ein Stück Nesseltuch auf die beiden Zeichnungen und rollte sie zusammen. Dann reinigte er

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