AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
irre, hast du sie auf diese Idee gebracht, mein Lieber«, ließ sich Ninian vernehmen, die mit Kamante hereinkam.
Sie waren bei LaPrixa gewesen, weil Kamante ein unerträglicher Juckreiz quälte, der schwangere Frauen offenbar heimsuchte. Zum Glück hatte LaPrixa weise genickt, ein paar hämische Bemerkungen gemacht und Kamante eine Dose mit kühlender Salbe und ein halbes Dutzend gute Ratschläge gegeben.
Der Leib des Mädchens hatte sich schon sehr gerundet, aber sie trug ihre Last mit Würde und hatte es sich angewöhnt, eine Hand beschützend auf ihrem Leib ruhenzulassen. Das kindliche, bewegliche Mädchen war verschwunden, Kamante nahm ihre neue Rolle ernst, sie bereitete sich darauf vor, Kwaheri, mit dessen Rückkehr sie fest rechnete, eine gute Ehefrau zu sein. Gewissenhaft besorgte sie die Hausarbeit, obwohl Wag sie immer drängte, sich zu schonen. Wenn Ninian wie ein Junge im Schneidersitz auf einem Mauerstück hockte oder über die halbfertige Treppe turnte, betrachtete Kamante sie mit nachsichtiger Herablassung.
»Sie behandelt mich wie ein unartiges Gör, als sei sie doppelt so alt wie ich«, beklagte Ninian sich bei Jermyn. Aber er tat ihr nicht den Gefallen, sie zu bemitleiden, sondern fiel vor Lachen beinahe aus dem Bett.
Auch jetzt warf Kamante einen missbilligenden Blick auf den mit Zetteln, Bechern und Tässchen überladenen Tisch und verschwand mit ihrer Salbe in der Küche.
»Mach Kahwe!«, schrie Jermyn ihr nach. Ninian nahm mit spitzen Fingern einen Zettel, der mit braunen Ringen verziert war.
»Hast du nicht mal genug von dem schwarzen Gesöff?«
»Nein, hab ich nicht«, knurrte er und nahm ihr das Papier aus der Hand. »Schau dir das an, zehn Goldstücke für Zement, ich bitte dich, ich wollte nicht den ganzen Zirkusbau bezahlen!«
»Wenn sie es ordentlich machen wollen, muss es wohl so sein, denk mal, wie alt der Zirkus ist, da gibt’s bestimmt einiges auszubessern. Puh«, sie verzog das Gesicht und wedelte mit der Hand vor ihrer Nase, »diese Sickergrube ist ein Unglück. Hat Wag niemanden gefunden, der ihm helfen kann? Dann musst du ...«
»Oh, nein, meine Teure, ich wühle ganz bestimmt nicht in der Scheiße! Mule will ihm helfen.«
»Na, hoffentlich kommt er bald.« Sie warf einen sehnsüchtigen Blick auf die Bretterstapel und Mörtelsäcke.
»Wäre es nicht schön, wenn wir eine richtige Latrine hätten, mit Anschluss an den Kanal? Und eine richtige Badekammer? Morgens ist es so kalt in der Waschhütte.«
»Eine hervorragende Abhärtung«, er grinste, als er ihren ungläubigen Blick sah, »du hast ja recht. Aber weißt du was? Vielleicht geht’s ja jetzt weiter damit. Violetes hat die Leitung des Zirkusaufbaus abgegeben. Dann müsste er ja jetzt Zeit für uns haben, oder? Ich würde es ihm jedenfalls raten!«
Ninian strahlte.
»Wunderbar, dann wird es noch vor dem Winter fertig und wir müssen nicht bei Wind und Regen zu LaPrixa wandern, um uns etwas aufzuwärmen. Perfekt. Ich werd’ sie fragen, ob ich einige der Wandmalereien abmalen darf und dann sammle ich Steinbilder hier aus den Palästen und setze sie zusammen und Vitalonga hat zwei silberne Muschelschalen, die wunderbar für eine Badekammer passen und eine Liege brauchen wir auch und Fischköpfe, aus denen das Wasser kommt und ...«
Jermyn starrte sie an.
»Holla«, unterbrach er ihre begeisterte Aufzählung, »vielleicht lassen wir ja erst mal die Wände mauern und den Abfluss anschließen oder wie das heißt.«
Ninian errötete.
»Spielverderber,« zischte sie, »aber ich bin trotzdem froh, dass es endlich weitergeht.«
16. Tag des Rebenmondes 1465 p.DC.
Zwei Wochen später standen die Bretterstapel und Mörtelsäcke immer noch unberührt im Innenhof und Ninians Vorfreude hatte sich wieder gelegt. Sie hockte in einem von Vitalongas Lagerräumen und blätterte in Büchern über das Leben in der Alten Zeit, auf der Suche nach einer Abbildung der Wasserschlachten, die im Alten Zirkus abgehalten wurden.
Der Bulle und Witok weigerten sich hartnäckig, ihr zu glauben, dass es solche phantastischen Spektakel wirklich gegeben hatte. Und sie hatte den Verdacht, dass auch Jermyn ihr nur glaubte, weil er sie nicht kränken wollte. Aber vielleicht konnte sie ja ein alter Stich oder wenigstens eine alte Beschreibung überzeugen.
Vitalonga hatte zu Recht erzählt, dass seine Gewölbe uralt waren. Ninian hatte sich zuerst gewundert, dass er seine wertvollen Kunstwerke, empfindlichen Teppiche, Bücher, Pergamente und
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