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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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weiß ich das nich mehr, aba er war mit ’nem ganzen Trupp zusammn, auf dem Weg zu die Zahlhäuser.« Ungerührt beobachtete sie, wie Kamante zusammenzuckte und sich auf die Unterlippe biss. Gleich hinter den Zahlhäusern, wo die Seeleute ihre Heuer einlösten, lagen die Hafenbordelle.
    Das Geschrei der Seeleute und Hafenarbeiter scholl von den Docks her, vermischt mit dem fröhlichen, schon leicht betrunkenen Grölen der Freigänger und dem melodischen Singsang der Muschelverkäuferinnen. Die übelriechende Brühe des Hafenbeckens klatschte gegen die Kaimauern und die schweren Rümpfe der großen Schiffe, die sich mit knarrendem Balkenwerk an ihren Anlegestellen wiegten. Ab und zu rasselte eine Ankerkette und über allem lag das misstönende Kreischen der räuberischen Seevögel, die auf reglosen, sichelschmalen Flügeln über dem Hafen schwebten.
    Aber um Kamante war es ganz still, sie hörte nichts mehr von dem lärmenden Treiben, nur die Worte der Hafendirne dröhnten wie dumpfe Trommelschläge in ihren Ohren:
    Kwaheri war in Dea gewesen, aber er war nicht zu ihr gekommen. Er hatte nicht auf dem Markt nach ihr Ausschau gehalten und nicht an ihrem Treffplatz am Rande des Ruinenfeldes auf sie gewartet.
    Damals hatte es ihm nie Mühe gemacht, sie zu finden, so konnte das nur bedeuten, dass er sie diesmal nicht finden wollte. Sie hatte sich in ihm getäuscht und würde nicht als ehrbare Ehefrau in ihre Heimat zurückkehren. Der Jammer stieg so überwältigend in ihr hoch, dass sie die Zähne tief in die Lippe grub, um nicht aufzuschluchzen. Vor dieser Frau mit den verschlagenen Augen, die ihre Träume zerstört hatte, wollte sie nicht weinen! Nur weg wollte sie von ihr, weg vom Hafen, wo sie alles an Kwaheri erinnerte, der ein treuloser, wankelmütiger Schuft war, wie alle Männer, alle außer Wag ...
    Hastig drückte Kamante der Frau ihre Silbermünze in die ausgestreckte Hand und stemmte sich mühsam hoch. Das Kind in ihrem Leib schien ihr mit einem Mal schwer wie der Mahlstein vor ihrer elterlichen Hütte, die sie nie mehr wiedersehen würde.
    Ohne ein Wort und ohne sich noch einmal nach der Frau umzusehen, floh sie die Straße entlang. Im Laufen riss sie sich das Tuch herunter, dass sie sich am Morgen so stolz und hoffnungsvoll umgebunden hatte und warf es sich über den Kopf, damit niemand ihr tränenüberströmtes Gesicht sehen konnte.
    Sie bemerkte den Weitseher nicht, der ihr entgegenkam und ihr verblüfft nachsah.
    Tiresias ging kopfschüttelnd weiter und blieb bei der Dirne stehen.
    »Wieso läuft sie denn weg? Heut hätt ich ihr was sagen können, wenn’s auch traurig is, armes Mädchen, aber so hätt sie wenigstens Gewissheit.«
    »Is das so? Hat Stavros Geld die Sicht geklärt?”, fragte die Frau spöttisch und der Seher warf ihr einen strafenden Blick zu.
    »Mach dich nich lustig, Füchsin, manchmal seh ich, manchmal nich. Aber heut war es deutlich, der arme Kerl fährt nirgendwo mehr hin, der liegt mit Stavros’ Galeere auf dem Meesresgrund. Schade, ich hätt das Silber brauchen können, Stavros is geizig.«
    Er schlurfte grummelnd weiter, die Frau aber, die er Füchsin genannt hatte, lächelte. Mit einem angenehmen kleinen Schauder spürte sie das kalte Metall zwischen ihren Brüsten. Es bedeutete ein paar Kunden weniger und sicherte ihr Abendessen und genügend Schnaps, um das Elend für eine Weile zu vergessen. Dafür lohnte sich doch die kleine Posse ...
     
    Kamante eilte blindlings den Weg zurück, den sie gekommen war, ohne darauf zu achten, wohin sie lief. Wie die kleine, stetige Flamme des Leuchtturms in der Nacht brannte in ihrem verstörten, aufgewühlten Gemüt der Gedanke an Wag. Er gab ihr die Kraft, ihre strauchelnden Füße zu setzen, er war ihr Retter, ihr Beschützer. Er würde sie trösten, sie musste zu ihm, nur schnell, schnell, ehe das Elend sie übermannte.
    Sie geriet in einen Pulk Seeleute. Sie hatten eben die Dhau verlassen, deren Anblick Kamante mit so großer Hoffnung erfüllt hatte - Närrin, die sie war! Rücksichtslos drängte sie sich zwischen den Männern durch, rempelte sie an und empörte Ausrufe folgten ihr. Eine Hand packte das Tuch und zerrte es ihr vom Kopf.
    »He, warum so hastig, mein Schatz, lass dich mal anschaun ...«
    Kamante spürte eine grobe Hand an ihrem Arm, lähmende Panik stieg in ihr hoch. Mit der Kraft der Verzweiflung schlug sie ihre Zähne in die Finger des Mannes und mit einem Fluch gab er sie frei. Sie riss ihr Tuch aus seiner Hand und

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