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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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Widersachers. Als geübter Selbstdarsteller wusste er die Darbietung der beiden Gören zu würdigen, was ihn nicht hinderte, sie aus tiefstem Herzen zu hassen. Aber er hatte im Morgengrauen einen Brief geschrieben, der auch das Schicksal dieser beiden besiegeln würde, und so konnte er sie getrost ihre kleinen Spielchen spielen lassen. Er würde die Feier genießen und dann - der Darsteller der Demaris war eine kapriziöse kleine Schönheit, sehr spröde, wie es hieß. Nun, man würde sehen, gleich würde er durch dieses Tor kommen ...
    Paola d’Este beugte sich zu ihrem ältesten Sohn, einem kecken Elfjährigen, den die zwanzigste Androhung einer Ohrfeige nicht im mindesten beeindruckte, während sie versuchte, die kleine Paolina auf ihrem Schoß daran zu hindern, die Reste eines Zuckerkrapfens auf ihrer Seidenrobe zu verteilen.
    »Schau«, sagte sie verzweifelt, »das Tor ist schon offen, Lauro, gleich fängt das Spiel an und wenn du nicht aufhörst, deinen Bruder in die Ohren zu kneifen, bringt Vater dich noch vor dem Auftritt des Bullen nach Hause.«
    Diese furchtbare Drohung, die auch dem Vater des Missetäters in die Glieder fuhr, zeitigte immerhin soviel Wirkung, dass beide Jungen folgsam zum Tor hinübersahen und sogar die Augen des kleinen Mädchens dem Arm der Mutter folgten.
    Auf der obersten Reihe der Galerie waren alle aufgestanden, reckten sich weit über die Köpfe ihrer Vordermänner und stellten lautstarke Vermutungen darüber an, wie lange es noch dauern würde. Die Pärchen, die während der langen Rede ihres Stadtherrn geschmust hatten, ließen von einander ab, und selbst die Wachen, die mit dem Rücken zur Arena stehen mussten, um das Publikum im Auge zu behalten, verrenkten sich die Hälse. Ein erwartungsvolles Rauschen lag über dem riesigen Rund des Zirkus, hier und da schon von Klatschen und gellenden Pfiffen unterbrochen, wo Zuschauer ihre Ungeduld nicht mehr länger zügeln konnten. Ein kleines Trüppchen auf der Galerie begann probeweise einen Sprechchor: »An...fan...gen, hoi, hoi, an...fan...gen, hoi, hoi, wir...wol...len an...fan...gen ...«
    Duquesne und Donovan waren neben den Patriarchen getreten. Duquesne sah mit gerunzelter Stirn zur Loge des Bullen hinüber. Jermyns lächerlicher Gefolgsmann und die kleine Schwarze waren verschwunden. Jermyns dunkle Gestalt verdeckte die helle des Mädchens, wie sie dicht hintereinander an der Rückwand der Loge standen. Sobald sie Anstalten machten, die Loge zu verlassen, würde Duquesne hinter ihnen herstürzen und wenn sie ihn wieder zum Gespött machen wollten ...
    Das unaufhörliche Rauschen der Menge verstummte wie abgeschnitten, tiefe Stille senkte sich über die Arena. Nur das heisere Brüllen der wilden Tiere drang schwach aus den unterirdischen Gewölben und im Himmelsblau kreischten die Seevögel.
    Die Fürstin Isabeau, die sich erhoben hatte, um sich zu vergewissern, dass es ihrem Gatten gut ging, erstarrte und rührte sich nicht mehr. Duquesne spürte eine kurzen, heftigen Druck an den Sperren seines Geistes, Donovan und der Patriarch griffen sich stöhnend an die Schläfen. Dann war es vorbei, so schnell wie es gekommen war, und Leben kam in die reglose Menge.
    Ungläubig sah Duquesne, wie die Zuschauer, die so angespannt zum Eingangstor geblickt hatten, plötzlich jegliches Interesse daran verloren. Sie dehnten und streckten sich, scharrten mit den Füßen und rieben sich die Augen, wie Leute, die sich lange nicht gerührt und auf einen Fleck gestarrt hatten. Auch der Lärm erhob sich wieder, aber kein erwartungsvolles Rauschen, sondern der tiefe, heisere Ton einer Menge müder Menschen, die eben aus der angenehmen Verzauberung eines erbaulichen Schauspiels und spannender Gladiatorenkämpfe erwacht war und sich in der nüchternen Wirklichkeit fand. Hier und da klatschten einige Leute träge, die Unentwegten, die nicht wahrhaben wollten, dass die Vorstellung zu Ende war. Alle erhoben sich langsam und suchten ihre Siebensachen zusammen. Duquesne sah, dass manche mit stumpfsinniger Verwunderung die immer noch vollen Korbflaschen hochhoben, sich aber gehorsam in die lange Schlange einreihten und auf die Aufgänge zuschlurften. Seine Männer ließen, wie er es ihnen eingeprägt hatte, immer nur zwei gleichzeitig hinunter und kreuzten ihre Lanzen, wenn die Treppe voll war. Es ging langsam auf diese Weise, aber plötzlich hatte Duquesne eine Vision schreiender, stoßender Menschen vor sich, die sich mit Gewalt in die engen Treppenhäuser

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