AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
Haare raufen!
Dabei sah er nicht übel aus. Sein Haar war von dem begehrten Blond, das angeblich all jene schmückte, deren Vorfahren mit dem großen Ulissos über das Meer gekommen waren, ein Zeichen großer Vornehmheit. Aber bei ihm war es fade und langweilig, seinen Gesichtszügen fehlte das kecke, unverschämt gute Aussehen des jungen Cosmo, er war das langnasige, pausbackige Ebenbild seiner adeligen Mutter.
Er wuchs zwar seinem Vater, der stets nur von mittlerer Größe gewesen war, über den Kopf, doch hielt er sich schlecht und mit seinen gerundeten Schultern schien er kleiner, als er war. Nachdem er über das Heranreifen dieses einzigen rechtmäßigen Sprösslings beinahe verzweifelt war, hatte der Patriarch den neunzehnjährigen Prinzen zu den Guten Vätern geschickt und es ihnen überlassen, einen Funken von Willensstärke und Herrscherkunst in ihm zu wecken. Zu seiner Überraschung waren die Nachrichten, die ihn von den Vätern erreichten, nicht ungünstig gewesen.
Donovan selbst schrieb ihm kurze, nichtssagende Episteln, doch die Briefe, die Isabeau ihm zeigte, troffen von weinerlichen Klagen über die Härte des Unterrichts und die Unverschämtheit der Mitschüler. Und von alberner Schwärmerei, wie nicht anders zu erwarten gewesen war.
Bei näherem Hinsehen aber hatte sich die kleine Bergprinzessin, in die Donovan sich verguckt hatte, als durchaus angemessen erwiesen. Von der mütterlichen Seite war sie von hoher Geburt, sehr jung noch, ein Provinzgänschen und leicht lenkbar. Auf jenem Ball im Haus der Weisen hatte Donovan in seiner Verliebtheit männlicher als je zuvor gewirkt und das Mädchen war wirklich reizend gewesen. Nun, es war nichts daraus geworden und statt sich die Kleine aus dem Kopf zu schlagen, machte Donovan Schafsaugen und Gedichte.
Allerdings - seit den Wilden Nächten hatte er sich verändert. Er schien wacher, aufmerksamer und zeigte bei den Ratssitzungen, an denen teilzunehmen der Patriarch ihn gezwungen hatte, tatsächlich Interesse an dem, was besprochen wurde. Konnte es sein, dass der Junge endlich aus seinen Träumen erwachte und ein Mann wurde, der seine große Aufgabe ernst nahm?
Das wäre freilich ein Trost, denn wenn er seine Hoffnungen in Donovan begraben musste, wem sollte er dann die Sorge für die Stadt übertragen, wer sollte seinen Stamm fortsetzen? Duquesne?
Der alte Mann bewegte sich unbehaglich in seinem Stuhl. Dieser Sohn war immer ein Stachel in seinem Fleische gewesen, er hatte alles, was Donovan fehlte, Tatkraft und Mut, Geschick und die nötige Rücksichtslosigkeit, die man brauchte, um einen Staat zu führen. Und im Gegensatz zu Donovan hatte er von beiden Eltern das gute Aussehen geerbt. Zu schade, dass es vor allem die dunkle Schönheit seiner Mutter war, die auf ihn gekommen war, und sich der Patriarch nur in den scharfgeschnittenen Zügen und den eisblauen Augen wiederfand. Und seine Mutter war eine Mätresse gewesen, eine seiner zahlreichen Geliebten, wenn sie auch seine Sinne am längsten gefesselt hatte.
Arme Ahrwa - die Augen des Patriarchen trübten sich in gefühlsseliger Erinnerung, wie immer, wenn er an Duquesnes Mutter dachte. Wie stolz und frei war sie gewesen, als er ihr begegnet war. Als Liebling ihres Vaters, dem Herrscher eines wandernden Wüstenvolkes, hatte sie sich keinem der Zwänge beugen müssen, die den Frauen der südlichen Reiche auferlegt waren. Auf einem wilden, weißen Hengst war sie dahergesprengt und hatte das Tier so hart vor dem jungen Patriarchen zum Stehen gebracht, dass er Mühe gehabt hatte, sein eigenes, aufgebrachtes Tier zu zügeln. Stolz und herausfordernd hatte sie ihn angesehen, die Augen unter dem blauen Stirntuch wie schwarz glühende Sterne. Mit denen hatte sie ihn festgehalten, über viele Jahre.
Gegen den Willen und zum großen Verdruss des Emirs Jephta war sie Cosmo Politanus nach Dea gefolgt. Es hatte lange gedauert, bis sie begriff, dass er sie niemals zu seiner rechtmäßigen Gemahlin erheben würde. Dabei hatte er alles Mögliche getan, um sie zu besänftigen. Er hatte ihr einen seiner Gefolgsleute zum Ehemann gegeben, damit ihr Sohn einen ehrlichen Namen bekäme, den jungen, unbekümmerten Henri Duquesne, der nur wenige Mondenläufe nach der Hochzeit von einer merkwürdigen Krankheit dahingerafft worden war. Ein schönes Anwesen außerhalb der Stadt hatte er ihr geschenkt und ihr unbegrenzten Zugriff auf seine Privatschatulle gewährt. Und er hatte sie besucht, sie und den kleinen Jungen, dessen
Weitere Kostenlose Bücher